Travis

Everything At Once

Caroline/Universal

Fehlerlos und trotzdem nicht gut: Der Wohlfühl-Britpop lässt Standfestigkeit vermissen.

Im kommenden Jahr wird das Travis-­Debüt, GOOD FEELING, 20 Jahre alt, dann werden auch bei dieser Band die permanenten Jubiläumsfeierlichkeiten starten. Schon jetzt noch einmal die Erinnerung: Travis waren von Beginn an rückwärtsgewandt, das Millennium stand ins Haus – und die Schotten sangen „Tied To The 90’s“. Ein paar Jahre lang galten Travis als eine der besten Bands der Welt, Fran Healy wurde als Songwriter in einem Atemzug mit den ganz Großen genannt. Wer die alten Platten mit viel Abstand heute noch einmal hört, stellt fest: Alle Fehler, die Coldplay begangen haben, haben Travis vermieden. Das macht jene damals sehr erfolgreichen Platten aber aus heutiger Sicht nicht spannender.

Nachdem spätestens mit THE BOY WITH NO NAME (2007) die Zeit, da die Leute auf neue Travis-Platten warteten, vorbei war, verlangsamte die Band ihre Produk­tion. Alle paar Jahre ein neues Album, das muss reichen. Gespielt wird noch immer in der Originalbesetzung, kaum ein Stück dauert länger als drei Minuten. Besonders Healy glaubt an den alten Satz von Louis Armstrong: „Wenn du es nicht in drei Minuten sagen kannst, lohnt es sich nicht, es überhaupt zu sagen.“ Dass die drei anderen gern auch mal länger Krach machen würden, spielt keine Rolle – Travis bleiben bei dem, was sie können.

Viele Songs sind hübsch, so wie Puste­blumen auf einer Wiese. Aber kaum weht einmal ein etwas kräftigerer Frühlingswind, ist ihre Schönheit dahin. In „Paralysed“ übt Healy milde Kritik an der Egozentrik der Kardashians; in den Berliner Hansa Studios waren Streicher zu Gast, die „Animals“ etwas Drama verleihen; das Titelstück nutzt Elektronik – und Healy rappt sogar ein wenig. Der Refrain will eine Hymne sein. Im guten Radioprogramm tut das Stück nicht weh, ein Lieblingslied wird es aber nie werden.