U2 – Pop :: Platte des Monats

Unser kommendes Album soll Rock’n’Roll pur werden, feuerrot, kein müdes Rumgemurkse.“ So ließ sich U2-Sprachrohr Bono im Oktober 1995 vernehmen, als er sich anschickte, die Seinen und sich selbst ins Studio zu bugsieren. Von da an wartete die Rockwelt auf Resultate. Nun endlich liegen sie vor. Zwölf neue Songs auf einer CD, die vom 3. März an unter dem schlichten Namen ‚Pop‘ in den Regalen der Plattenläden stehen wird. Pop also, kein Rock’n’Roll. Oder vielleicht sogar weder noch?

Der Sound schwillt an, die Rhythmussektion treibt ihn voran, Power-Chords schnarren unter einer dicken Schicht von Effekten, und Bono haucht verführerisch „Let’s go discotheque“ ins Studiomikrophon. Ob man diesen Sound nun Rock nennt oder Pop, Dance oder Trance, ist völlig egal. Entscheidend ist, daß man dafür gern sein Geld hinlegt. Denn mit ihrer neuen CD haben U2 sich wieder mal selbst übertroffen. „Wir wollten etwas Neues, etwas Frisches schaffen“, ließen die vier Iren im Interview verlauten. Das ist ihnen denn auch geglückt. Nicht nur, daß ‚Pop‘ die rhythmusbetonteste Platte ist, die U2 in ihrer langen Karriere jemals vorgelegt haben. Sie ist zudem auch noch voll von guten Ideen. Sicher, der musikalische Ansatz des Quartetts liegt zwar wie gewohnt im erdigen Rock. Mit Hilfe ihrer Soundtüftler Flood, Howie B und Nellee Hooper jedoch verpassen die Bono Brothers dem alten Genre eine ganze Reihe neuer Töne. Der Opener von ‚Pop‘, die Single ‚Discotheque‘, sowie mit ‚Do You Feel Loved‘ auch Track Nummer 2 der CD kommen als eingängige Uptempo-Titel mit hitverdächtigen Refrains daher. Doch zeigen spätestens Tracks wie ‚Mofo‘ oder ‚The Last Night On Earth‘ die neue Ausrichtung von U2. Oft orientiert sich der Vierer aus Dublin dabei am Werbeslogan eines bekannten deutschen Autoherstellers: Vorsprung durch Technik. Da schwirren pulsierende Percussions und wilde Scratches durchs Stereopanorama, und deftige Drum-Loops lassen die Bassmembranen beben. Es sind die ausgeprägten rhythmischen Elemente von ‚Pop‘, die erkennen lassen, daß der Einfluß ‚¿¿ von Drummer Larry Müllen und Bassist Adam Clayton auf den Sound von U2 größer geworden ist. Kein Wunder, wenn man bedenkt, daß die beiden mit ‚Mission: Impossible‘ unlängst einen weltweiten Hit vorzuweisen hatten. Trotzdem ist Rhythmus nicht alles auf ‚Pop‘. ‚The Playboy Mansion‘ zum Beispiel erinnert an den guten alten Motown-Ton. Bei ‚Miami‘ singt ein einsamer Bono zu einer kaum erkennbaren Melodie, und auf ‚If You Wear That Velvet Dress‘ mutiert der forsche Frontmann gar zum flüsternden Geschichtenerzähler. An anderer Stelle wieder werden TripHop-Elemente mit Rocksamples verwoben.

In gewisser Weise ähnelt ‚Pop‘ mit der ganzen Fülle seiner Klänge einem Eisberg. Erst unter der Oberfläche erkennt man, welch phänomenalen musikalischen Unterbau die vier von U2 ihrem neuen Album gegeben haben.