Wanda

Amore meine Stadt

Vertigo/Universal

Vorläufiger (!) Höhepunkt der steilen Karriere der geilen Wiener: Dokument des bisher größten Headliner-Konzerts der Ganzkörper-Rocker.

Siegessicher verlässt Marco Michael Wanda, der wahre MMW, den Backstageraum der Wiener Stadthalle auf dem Weg zum bisher größten Headliner-Konzert seiner Karriere. Noch bevor er, wie so oft an diesem und jedem anderen Abend auch, seine ihm folgenden Bandkollegen abbusselt, gibt er erst mal artig dem Türsteher die Hand. In dieser Hand hält er kurz darauf 12.000 Besucher. Ihnen schreit er, nachdem diese ihn wiederum auf Händen getragen haben, entgegen: „Vielen Dank für die letzten zwei Jahre und Danke für die nächsten 20, Oida!“. Dann stimmt er den größten seiner schon frappierend vielen Klassiker an: „Bologna“.

Es sind diese Momente, die den größten Reiz an Wandas erstem Live-Album/-Video-Packerl ausmachen, wenn sich Ehrfurcht und Überwältigung mit absolut gerechtfertigtem Selbstvertrauen paaren. Die viertelstündige Bonus-Doku „…oder irgendwer anders tuts statt dir“ gewährt weitere Einsichten ins Innenleben dieser Band. Beginnend mit Archivmaterial, das gar nicht so alt ist wie der Name nahelegt, vom ersten Konzert am 15. November 2012 im Wiener Club „Werk“, bei dem sich Marco noch als Desperado in Schlapphut und Trenchcoat präsentiert, begleiten wir Wanda im Zeitraffer von den Kellern in die Arenen.

Man sieht Bassist Ray mit Kelly-Family-Frisur, hört eine frühe Version von „Sterne“, das erst 2015 auf dem Bestseller BUSSI veröffentlicht wurde und blickt immer wieder in die verdutzten Gesichter von fünf Burschen, für die Ruhm eigentlich nie eine Option war. Die nach zwei Alben, die jeweils seit Erscheinen die österreichischen Charts nie verlassen haben, jetzt die Exzess-Natur ihrer Shows unsterblich machen wollen. Keyboarder Christian Poppe fasst deren anarchischen Charakter zusammen: „Es kann eigentlich bei einem Konzert von uns immer alles passieren“. Was wie eine Phrase klingt, ist nichts als die Wahrheit: Sobald Wanda eine Bühne betreten, konnte man sich schon oft genug nicht sicher sein, ob damit nicht der letzte Vorhang auf diese Bühne gefallen ist, ja, ob nicht gleich das ganze Haus einstürzt oder das Festivalgelände in Flammen aufgeht und schon gar nicht, wo, wie und ob überhaupt man am nächsten Morgen aufwacht.

Im Vergleich zum befreienden Chaos der zurückliegenden Jahre wirkt die Professionalität der hier mitgeschnittenen Performance fast befremdlich. Zu keinem Zeitpunkt werden die Überlebenschancen der Halle in Zweifel gezogen. Und dann, ganz am Ende geschieht doch noch etwas Unberechenbares: Während der letzten Nummer, traditionell identisch mit dem Opener, „Luzia“, versagt Ray Webers Bass. Entnervt schmettert er ihn nach überstandenem Song zu Boden. Leicht hätte man die Klangpatzer im Nachhinein überschminken können. Hat man aber nicht, hat man natürlich nicht. Dass es diese Band im ersten Post-Rock’n’Roll-Jahrzehnt überhaupt gegeben hat! 2017 soll ihr neues Studioalbum erscheinen. More Amore!