Richard Dorfmeister


Als DJ wurde er zum Großmeister des entspannenden Alltagsmusikmixes. Gemeinsam mit Peter Kruder verkaufte er Millionen K&D SESSIONS. Momentan ist er wieder mit Tosca unterwegs. Was hört Richard Dorfmeister eigentlich selbst so?

Was mich zur Zeit begleitet, ist …

Bill Withers – Menagerie

Ich war nie der Albumtyp. Schon als Kind habe ich mir für meine Kassetten die Perlen herausgefischt, auch von Bill Withers. Jedes seiner frühen Alben enthält ein paar Stücke, die mich immer noch umhauen. Withers hat vor 28 Jahren einfach aufgehört. Das war weise. Er wird nie wieder so funky sein wie auf seinen alten Tracks. Die meisten Menschen kennen ihn ja durch den einen Song, „Ain’t No Sunshine“. Warum nicht durch „It Ain’t Because Of Me, Baby“? Das ist der Wahsinn. Von MENAGERIE von 1977.

Ich fühle mich am wohlsten im Duo seit …

Simon & Garfunkel – Bookends

Als ich zwölf war, habe ich BOOKENDS bei einem Onkel entdeckt und sofort auf Kassette überspielt. Ich fand das ganze Album super. Das hatte auch mit dem Film zu tun, „Die Reifeprüfung“. Es war ja das erste echte Album von Simon & Garfunkel, und es ist eine dieser perfekten Platten. Wie MY LIFE IN THE BUSH OF GHOSTS von Brian Eno und David Byrne, EGE BAMYASI von Can oder L.A. WOMAN von den Doors. Da stimmt jeder Song, alles ist an seinem Platz. Aber es gibt eben auch großartige Musiker, die nur Songs können und keine Alben. Nicht nur Bill Withers. Hat Madonna je ein Album gemacht?

Ich wäre nie Musiker geworden ohne …

Milt Jackson – Sunflower

Ich wollte ja nie Musiker werden. In meiner Familie wurde was Gescheites gelernt. Ich war auch nie gut genug für ein Instrument und bin da so reingerutscht beim Abhängen und dann am Atari. Da habe ich gesehen, was geht. Erst 1993 durch G-STONED wurde mir klar, dass ich Musiker bin. Aber der Auslöser muss eine Jazzplatte gewesen sein. Hatten wir alles zu Hause. SUNFLOWER von Milt Jackson! Oder all der Fusion-Funk-Kram von Herbie Hancock und George Benson. Darüber bin ich bei der Black Music gelandet, im Groove, im Riddim und am Ende im Reggae.

Mein liebstes Reggae-Album heißt …

Rhythm & Sound – The Versions

Wir haben unsere Sachen gern bei Calyx in Berlin gemastert. Da waren Moritz von Oswald und Mark Ernestus nie weit, als Basic Channel oder als Rhythm & Sound. Ich mochte ihre Singles. Auf THE VERSIONS waren die schönsten zusammengefasst: Alles lief über einen Riddim, da gingen dann Burial oder Elephant Man drüber. Zehn Jahre alt und immer noch genial. Reggae-Dub ist für mich auch Gebrauchsmusik, für jeden Anlass. Am liebsten höre ich Compilations. Dabei kann man allerhand entdecken wie zuletzt Lord Echo aus Neuseeland. Findet man auch bei Facebook.

Als ich Gitarre und Flöte studiert habe, lief …

Santana – Abraxas

Bei Tosca spielen wir alles selbst ein, bis auf Schlagzeug und Gesang. Da ist eine gediegene Grundausbildung durchaus hilfreich. Beim Studium habe ich Santana entdeckt. Da saß ich dann und versuchte seine Sachen nachzuspielen, um ziemlich schnell zu merken: Keiner kann so spielen. Es geht ja nicht um das Spielen an sich, sondern um Nuancen und darum, was nicht gespielt wird. Darin war Santana ein Meister. Ich habe es dann aufgegeben. Seine ersten Alben waren wild, SANTANA und ABRAXAS. Hört euch „Evil Ways“ an! Als er dann abgedriftet ist, bin ich ausgestiegen.

Meine Frau hat mich dazu verführt, Musik zu mögen wie …

Sébastien Tellier – Sexuality

Frauen mögen andere Musik als Männer, sie mögen auch andere Weine. Meine Frau hat mich zu Singer-Songwritern bekehrt. Erst zu Phoenix, dann zu Sébastien Tellier. Den hätte ich nie auf dem Zettel gehabt. Aber SEXUALITY ist auch so ein perfektes Album. Frauenmusik hat immer irgendwie mit Sex zu tun. Ich habe ja auch Kinder, die sind acht, vier und eins. Von ihnen werde ich auf die obskurste Massenmusik gestoßen. Man hat als Musiker kein Ohr für Kommerz. Jeder um mich herum kennt die aktuellen Hits. Ich nicht. Über meinen Ältesten kam der „Gangnam Style“ ins Haus. Das geht seit dem Sommer so, es gefällt jeder Omi. Oder „Ai Se Eu Te Pego!“ von Michel Teló. Noch mag ich es nicht. Aber ich weiß, Geschmacksnerven sind anpassungsfähig. Davon lebt jeder Ohrwurm.

Richard Dorfmeister kommt 1968 in Wien zur Welt. Nach dem Musikstudium gründet er Anfang der Neunziger mit Peter Kruder das Label G-Stone, das Duo Kruder & Dorfmeister und mit Rupert Huber das Projekt Tosca. Weltweite Aufmerksamkeit erfährt er 1998 mit THE K&D SESSIONS voller Remixe für Depeche Mode, Rockers Hi-Fi, Roni Size. Er lebt mit seiner Familie in Zürich.