Singles


So Freunde, jetzt sind mal wieder 144 Zeilen Spaß und gute Laune angesagt. Obwohl der Spaß ja schon ein bisschen getrübt wird durch eine mündliche Anordnung der Chefredaktion. Auf keinen Fall, hieß es da, dürfe in dieser Rubrik der Name einer bestimmten deutschen Musikgruppe (bestehend aus 13 Buchstaben, die sich auf drei Wörter verteilen) auftauchen. Auf keinen Fall. Gut, dass „Aurélie“, die neue Single dieser Band, hier noch nicht eingetroffen ist, sonst hätte das wohl den ein oder anderen Gewissenskonflikt beim Schreiber hervorgerufen. Wir schweifen ab.

Kommen wir zu Chronomad Saam Schlamminger, gebürtiger Türke, lebte lange Zeit im Iran, heute in München und macht auf „I“ (Alien Transistor/Hausmusik) wunderschöne, seltsame Musik, die zwischen Clicks & Cuts, Mikrobeatgefriemel und weltmusikalischen Einflüssen hin- und herpendelt. Und die Acher-Brüder machen auch ein bisschen mit. Ist ja auch auf ihrem Label erschienen.

Es könnte schon am Erfolg dieser bestimmten deutschen Musikgruppe (bestehend aus 13 Buchstaben, die sich auf drei Wörter verteilen) liegen, dass die Plattenfirmen jetzt verstärkt Bands aus dem Hut zaubern, die sich ihrer Muttersprache bedienen und Namen wie Etwas tragen. Etwas sind ein 16-jähriges Mädchen und ein 18-jähriger Bube, singen – haben wir das schon erwähnt? – auf Deutsch (freche Texte! freche Texte!) und veranstalten auf „Ich zieh mich vor dir aus“ (Motor/Universal) ein durchschnittliches Rockgebolze, was man halt so veranstaltet, wenn man es nicht besser weiß, weil man eben mit durchschnittlichem Rockgebolze aufgewachsen ist.

Kommen wir jetzt endlich zu Judith. Judith Lefeber. Die von „Deutschland sucht den Superstar“. Nicht, dass wir Eulen nach Athen tragen wollen mit dem abschließenden Urteil, aber es droht ja zurzeit die Gefahr, dass durch irgendeinen krankhaften popkulturellen Mechanismus (siehe Ferris MC) dieses Superstar-Zeugs mittels dissidenter Kräfte als der wahre Stoff geadelt wird – müsste vielleicht noch Jochen Distelmeyer was zum Thema sagen. Aber beruhigen Sie sich. „I Will Follow You“ (WSM/WEA) ist der Beweis dafür: „Deutschland sucht den Superstar“ und alles, was damit zu tun hat, bleibt ein rechter Scheißdreck.

Apropos. Neulich hat sich der Autor in einem Anfall musikalischer Selbstvergessenheit in den Plattentaden begeben und das MIA.-Album gekauft. Es muss doch was dran sein, hat er sich gedacht, wenn alle das so mögen. Angehört. Verarbeitet. Befunden: nix dran. Es nervt nur. „Was es ist“ (R.O.T. Records/Columbia/ Sony Music) ist mit James-Last-Trompeten angereicherte Mia.-Musik, die nach DDR-Rock klingt, circa 1976, nach Palast der Republik und nach blauen Sommeranzügen aus Trevira.

Eddie Vedder ist dafür verantwortlich. Nach Pearl Jam kamen ca. eine Million Bands mit gutturalen Grunge-Sängern und einer Musik, die noch schlechter war als die von Pearl Jam. Chad Kroeger ist auch so einer, der seinen Schmerz in der Tiefe seiner Gurgel sammelt und dann zu belangloser Post-Mucker-Mucke herausquetscht. Menschen, die Musik mögen, lassen die Finger von „Someday“ (Roadrunner/Universal), alle anderen werden es lieben. Wie alles von Nickelback.

The Ocean sind sieben Personen aus Berlin, die zusammen Musik machen. Instrumentalmusik. Und „Fogdiver“ (Make My Day/Zomba) ist von allem ein bisschen: Doom, Post-Rock, frickeliges Prog-Zeugs, Ambient, Godspeed You Black Emperor!, Mogwai, Gore, episch-symphonischer Kram. Sehr schön, auch wenn The Ocean stellenweise ein bisschen zu überambitioniert reagieren. „Poprock vom Feinsten“, verspricht die Plattenfirma im Zusammenhang mit der neuen Single von Reamonn, „der irisch-deutschen Erfolgsband.“ Ui, da sind wir aber mal gespannt, war doch die Musik der irisch-deutschen Erfolgsband bislang fast durchwegs (die eine Ausnahme wird hier aus Gründen der Coolness-Wahrung nicht genannt werden) Poprock vom Unfeinsten, was sich ja eigentlich schon in dem ekligen Ausdruck „Poprock“ manifestiert. „Alright“ (Virgin) eingelegt, angehört – und: Enttäuschung. Poprock ja, unfein sicher, aber noch viel schlimmer. Kuschelpoprock vom Unfeinsten.

Johnny Depp, da herrscht ja wohl überhaupt kein Zweifel, ist der beste Schauspieler seiner Generation. Nur ist er mit einem kleinen Makel behaftet. Der Nachname des besten Schauspielers seiner Generation, der in seiner Muttersprache, dem Amerikanischen, nichts bedeuten mag, hat sehr wohl eine Bedeutung in unserer Muttersprache, die den Lesegenuss des Nachnamens trüben könnte. Zumal Johnny sicherlich das Gegenteil von dem ist, was sein Nachname uns in der deutschen Bedeutung weiszumachen versucht. Mit einem ähnlichen Problem ist die kleine Schwester von Destiny’s Child Beyonce Knowles ausgestattet: Solange. Entschuldigung, wer will denn bitteschön Solange heißen? Oder Nurganzkurz? Egal, Solange ist 16 Jahre alt, hat ein Album, das in den USA bereits im Januar erschienen ist und bei uns später im Jahr veröffentlicht wird. Und „Feeling You “ (Columbia/Sony Music) – N.O.R.E. macht auch mit – ist halt so Destiny’s-Child-haftes R’n’B-Zeugs, das nicht richtig weh tut.