Sounds now!


It's The Beat! Sechsjahre nach dem Debüt der Strokes hat die Indieszene die Beats wieder entdeckt. ME stellt im Juli einige der innovativsten Indietronics- und Blog-House-Projekte der Gegenwart vor.

1 Dntel – Breakfast In Bed

Conor Oberst gastiert bei diesem Song des The-Postal-Seruice-Mitglieds Jimmy Tamborello.

Jimmy Tamborello ist einer der führenden Indietronics-Künstler der USA – er ist Mitglied von Figurine und (mit Death Cab For Cuties Ben Gibbard und Rilo Kileys Jenny Lewis) von The Postal Service. Dntel ist sein Solo-Projekt, für das er regelmäßig hochkaratige Gäste einlädt. Auf seinem neuen Album Dumb Luck gastieren u.a. Conor Oberst – der hier auf seine gewohnt intensive Art eine Geschichte von einer sonderbaren Nacht erzählt, in der mit einer sonderbaren Person Wein aus Kaffeetassen getrunken wurde-, Jenny Lewis sowie die Münchner Valerie Trebeljahr und Markus Acher von Lali Puna. Schöner kann man Elektronik und anspruchsvolles Indie-Songwriting nicht verbinden.

2 Handsome Furs – What We Had

Die andere Band des Wolf-Parade-Sängers. Oder ist Wolf Parade bald die andere Band des Handsome-Furs-Sängers?

Der Wolf-Parade-Sänger Dan Boeckner bezeichnet Handsome Furs noch immer als „mehr oder weniger Wolf Parade ohne den Typ, den alle mögen, und ohne ordentliche Instrumente“ offenbar ist es also noch immer offiziell Nebenprojekt. Tatsache aber ist. dass Boeckner mit seiner Partnerin, der Autorin Alexei Perry, als Handsome Furs eine höchst gelungene Platte aufgenommen hat. Was im Winter 2005 als Experiment mit Stimme, Gitarren und Drum-Computer begann, hat sich im Laufe derzeit zu einem eigenständigen und ausdrucksstarken Projekt entwickelt. „What We Had“ ist 0pener ihres wunderschönen und oft melancholischen Debüts Plague Park. Und ein neues Wolf-Parade-Album ist bereits in Arbeit.

3 Shout Out Louds – Tonight I Have To Leave It

Euphorisch und ein bisschen traurig zugleich: bester The-Cure-Pop aus Schweden.

Zwischen dem Debüt Howl Howl Gaff Gaff und dem neuen Album Our Ill Wills liegen zwei Jahre und ein großer Entwicklungsschritt. Die Shout Out Louds aus Stockholm haben mit dem Produzenten Björn Yttling (ein Drittel von Peter Björn & John) einfallsreichen und wunderbar melodischen Pop aufgenommen, der – wie auch die besten Songs von The Cure-Melancholie und Euphorie zugleich verbreitet. „Das ist das Gefühl, wenn du etwas Wichtiges verloren hast“, sagt Keyboarderin Bebban Stenborg. „Dann stehst du auch an der Schwelle zu etwas aufregendem Neuen. Zum Beispiel am Ende einer Beziehung: Da ist Trauer, weil du etwas hinter dir lassen musst – all das Nachdenken, die Erinnerungen. Aber manchmal mischt sich dann auch so ein ‚Wie aufregend! Was wird passieren? Mit wem werde ich morgen befreundet sein? In welche Richtung wird mein Leben gehen?‘ dazu. Das ist das Thema unserer Platte.“

4 Justice – Let There Be Light

And Justice For All (das musste nochmal gesagt werden): SciFi-Blog-House aus dem Debüt-Album der einflussreichen Franzosen.

Der Sound und die Ästhetik von Justice haben entscheidend das sogenannte Blog-House-Genre (mehr oder minder House für Menschen, die eigentlich kein House mögen) mitgeprägt: Die Franzosen Caspard Augi (The Moustache) und Xavier de Rosnay (The China), die in den Außenbezirken von Paris aufgewachsen sind, haben mit ihren super-energetischen Elektro-Tracks (und den begehrten Remixen) erst die DJs hinter und dann das Clubpublikum vor den Plattentellern auf ihre Seite gebracht. Ihre Arbeit wurde bereits von Erol Alkan, Miss Kittin, Daft Punk, Steve Aoki, Hell, Tiefschwarz und anderen einflussreichen Figuren aus der internationalen Elektro- und Indieszene gelobt. Bald kommt das Debüt: Das von Simian Mobile Disco produzierte Album – das sowohl in Clubs als auch zu Hause funktioniert – erscheint in Deutschland am 20. Juli.

5 Simian Mobile Disco – It’s The Beat

Theme-Song zur aktuellen Elektrifizierung der Indieszene.

Wer hätte gedacht.dass ausgerechnet-der kreative Kern von Simian, die 2001 mit ihrem liebenswerten Frickel-Electro-Flohmarkt-Folkpop-Debüt Chemistry Is What We Are nicht eben den großen Durchbruch erlebt haben, heute so großen Einfluss auf die Clubkultur im Indiebereich haben würde? Ihr „We Are Your Friends“ (und der zugehörige großartige Remix von Justice) war bei Erscheinen seiner Zeit noch ein wenig voraus, inzwischen aber findet es sich in DJ-Sets wie selbstverständlich zwischen Mando Diao und den Klaxons. „It’s The Beat“ ist die erste Single aus dem neuen Album Attack Decay Sustain Release.

6 Bonde Do Role – DivineGosa

Aus den brasilianischen Ghettos in die Clubs auf der nördlichen Halbkugel: Baile-Funk ist im Kommen.

Es sind aufregende Zeiten, in denen sich die Musikszene so öffnet, dass sich Menschen in den Clubs zwischen L.A., New York. London, Berlin und Tokio zu brasilianischem Ghetto-Funk mit Breakbeats und Samples in einen Rausch tanzen. Marin,. Pedro und Corky von Bonde Do Role sind mit dem Baile-Funk aus den Slums von Rio aufgewachsen, der heute den futuristischen Sound von Künstlern wie M.I.A., CSS und Missy Elliott beeinflusst. „Alles hat bei uns genau wie bei CSS angefangen“, sagt DJ Gorky. „Das war erstmal ein Witz. Wir haben aus Spaß zwei Songs gemacht. Dann haben mich Leute gefragt, ob wir auf ihrer Party auftreten wollen. Wir hatten einen Monat Zeit, um Material für eine halbe Stunde Auftritt zu schreiben. Nach einer Woche war natürlich noch nichts passiert. Und am Schluss haben wir dann in zehn Tagen zehn Songs gemacht“ „Divine Goas“ stammt aus dem Debüt-Album Bonde Do Role With Lasers, das in Europa bei Domino Records, dem Label von Franz Ferdinand, Clinic und Arctic Monkeys, erscheint.

7 Lottergirls – Never Say Never

Progressive Beats von dem neuen Fetisch/Princess-Superstar-Projekt.

„Summer Nights aus Grease, mit dem – aufgemischt mit heftigen Breakbeats – Bonde Do Role bei ihren Konzerten 2007 die Clubs rocken, war zufällig auch das erste Projekt, das Fetisch (u.a. Terranova) und Concetta Kirschner aka Princess Superstar gemeinsam in Angriff nahmen. Zwar scheiterten die beiden an diesem Song zunächst, doch die Zusammenarbeit sollte trotzdem bald Früchte tragen: Die wuchtigen Beats von Fetisch-eine clevere Mischung von analog und digital klingenden Drums-, die dreckige Bassline und die herrlich ordinäre Stimme der New Yorker Elektropunk-DJane und Produzentin Princess Superstar ergaben einen progressiven Sound, der insync mit dem schnellen Puls der gerade aufkommenden Blog-House-Hysterie ist. „Never Say Never“ findet sich auf dem Lottergirls-Albumdebüt Right On, auf dem Manuel Göttsching, Amanda Lear, der Schlagzeuger von Iggy Pop und Rudi Moser von den Einstürzenden Neubauten gastieren.

8 Sage Francis – Got Up This Morning

Ein Mann kämpft wie ein Löwe gegen die Verdummung des amerikanischen HipHop.

Der studierte Journalist und Neil-Young und Bob-Dylan-Fan Sage Francis ist eine der wenigen erfreulichen Ausnahmen im amerikanischen HipHop-Zirkus: Seine Texte sind scharfsinnig, sein Reimfluss ist virtuos und seine Beats zeugen von einem wahrhaftigen Interesse an Musik. Bei „Got Up This Morning“, der Single aus seinem neuen und wieder beeindruckend vielschichtigen Album Human The Death Dance gastiert die Indiefolk/Alt.Country-Sängerin Jolie Holland.

9 Der Tante Renate – Computerspiele

Songorientierte Elektronik, und das fast ganz ohne Texte.

Seine Musik beschreibt er selbst als „High Tech Elektro Rock“, sie sei „warm, aber ohne Gefühle“, steht in der Biografie, und John von Portugal, The Man nannte sie – als er während eines Interviews unfreiwillig einem Der-Tante-Renate-Soundcheck beiwohnen musste – „the loudest music I’ue euer heard“. Vor allem aber ist die Musik auf dem neuen Album Simplex tiefgründig und vielschichtig-was bei elektronischer Musik nicht unbedingt selbstverständlich ist. „Ich hob mich nie in Techno-Laden rumgetrieben“, erklärt er. „Ich habe, glaub ich, jeden Scheiß gehört, den man sich vorstellen kann. Metal. Elektro, Breakbeats, ganz normalen Popkram, ich hab da nie so eine richtige Einschränkung gehabt. Klassische Musik hab ich auch gehört, fand ich auch gut“

10 Asobi Seksu – New Years

Ein Quartett aus Brooklyn macht experimentellen Indierock zwischen Shoegazing-Pop und Punk.

Asobi Seksu (Japanisch für „verspielter Sex“) verarbeiten auf ihrem zweiten Album Citrus vielfältige Einflüsse (Gitarrist James Hanna ist mit Punk und Sonic Youth aufgewachsen. Sängerin Yuki Chikudate mit den Ronettes. Jazz und der klassischen Musik, die sie im Klavierunterricht lernen musste) zu charmantem und oft verträumtem Indiepop, der in der aktuellen Musiklandschaft von Brooklyn relativ einzigartig ist. „Ich habe mich in New York immer allein gefühlt“. sagt James Hanna. „Wir haben natürlich Freunde, die in Bands spielen, und Bands, die wir kennen, aber ich hatte nie das Gefühl, dass wir in die Szene dort passen. In New York verfolgt sowieso jeder seine eigene Agenda.“ Nicht traurig sein. We are your friends. You’ll never be alone again.