The Kids are alright, sie sammeln Pfand: Der dritte Tag beim Oya-Festival


Der letzte Festival-Tag in Oslo entpuppt sich als der schönste.

Vorbei. Eigentlich schade. Weil es doch so schön war. Ungefragt erzähle ich dem Typen am Merch-Stand, bei dem ich meinen Oya-Sweater kaufe davon, wie gut mir das alles gefallen hat. Die Lage, die wirklich toll ist: der Toyenparken ist eine wunderbare innerstädtische Grünanlage mit sanften Hügeln, die sogenannte „Mixed Zone“, in der wir Journalisten und alle, die irgendwas mit der Musikindustrie zu tun haben, trinken dürfen, ein Freibad, man kann also Sondre Lerche beim gepflegten Köpfer beobachten und von Strandliegen aus in die Sonne blinzeln. Die ganze Organistation: keine langen Schlangen (okay, die am Kimchi-Stand!), freundliche Mitarbeiter. Kinder, die Prämien dafür kassieren, dass sie jeden Plastikbecher, aber auch jeden Fitzen Müll sofort einsammeln, während ihre Eltern auf der Wiese liegen und sich langsam einen ansaufen. Das Essen: hier schmeckt sogar der Kaffee. Third Wave natürlich, mit maximaler Liebe handgeröstet. Und vor allem das Programm: gut die Hälfte der Künstler stammt aus Norwegen, bei den internationalen Acts achtet man ein wenig darauf, dass die im restlichen Festivalsommer eben nicht an jeder Milchkanne spielen. Und dann ist Oslo einfach eine recht interessante Stadt. Nicht so leicht zu fassen wie Stockholm oder Kopenhagen, ein bisschen borstiger, aber gleichzeitig im Wandel: Das Gebiet zwischen Hauptbahnhof und dem neuen Opernhaus – das mit den schiefen Ebenen, vielleicht kennt ihr es von Instagram – ist eine große Baustelle. Ab 2019 wird es hier ziemlich großartig aussehen.

Ich lasse mich am letzten Tag einfach treiben. Von den beiden Hauptbühnen zu der Zeltbühne, die eigentlich eine Hallenbühne ist und von dort zu der kleinen Bühne läuft man drei, vier Minuten. Ich solle, so sagte morgens der Nachbar am Frühstückstisch, Krakow anschauen. „Best Metal Band from Norway, Man“. So „groundbreaking“, wie alle sagen, sind die jetzt nicht, aber die Mischung aus recht traditionalistischen 70er-Jahre-Patterns und Stoner Rock funktioniert ganz gut als Einstieg in den Nachmittag. Danach Benjamin Booker. Was als Platte super funktioniert, ersäuft live anfangs in einem Sumpf aus übersteuerter Verzerrung, erst in der zweiten Hälfte des Konzerts erkennt man: Dafür dass Booker nur mit Drummer und Bassist auf der Bühne steht, kommt da einiges an Druck rüber.

Nächster Programmpunkt: Vince Staples. Der Typ, über den seit dem South By Southwest alle reden. Interessanter Conscious-Rap, dessen Text sich leider live ein wenig verlieren, der aber auch so eine Menge Emotionen transportiert. Und dazu ist Staples auch noch ein Kerl mit ganz gutem Humor, der uns über die Eigenschaften des Publikums auf Rockfestivals aufklärt und es sich zur Aufgabe macht, nicht mit denen in der ersten Reihe, sondern vor allem mit denen, die hinten eigentlich in Ruhe ihr Bier trinken wollen, zu kommunizieren.

Und so geht es weiter. Der Festival-Tag, von dem ich mir vorab am wenigsten erwartete, ist der schönste. Emilie Nicolas mixt Soul mit Bassmusik mit kristallinen Flächen aus dem Synthie. Die norwegische Banks, sagt die Kollegin vom Radio, und hat damit recht. The Julie Ruin schrammeln gutgelaunt und machen Witze über ihr eigenes Alter. Sturgill Simpson erinnert an Merle Haggard. Und am Ende hat man die Wahl zwischen Susanne Sundførs ausbalancierten Komplettpop – in Deutschland gehört Herbert Grönemeyer zu ihren Fürsprechern – und Fat White Family, die erwartungsgemäß alles abreißen. Oya, das war was!