The Singles


Das neueste Pseudonym des großen Carl Craig. Unter dem Namen Carls Davis bringt die Detroit-Legende eine Serie von 12-Inches heraus mit Reworks und Re-Edits älterer Demoaufnahmen. Die Basistracks der sechs Stücke auf dieser über halbstündigen „Single“ stammen offensichtlich aus der „Last Decade“ (Planet E). Es ist 100 Prozent Carl Craig, zwischen Techno und Electro, alles hochgradig funky, streicherbeladen und synth-heavy. Nur die Track-Enden sind ein bisschen DJ-unfreundlich gestaltet.

Alex Willner hat für die Alben, die er unter dem Namen The Field veröffentlicht, das Adjektiv „hochgelobt“ gepachtet. So war das auch mit dem 2011er Looping State Of Mind. Die EP „Looping State Of Mind Remixe“ (Kompakt) kommt jetzt mit drei Reworks von Albentracks. In ihrem epischen Remix des Titeltracks lassen Junior Boys elastischen Elektro-Pop auf leichte Acid-Anwandlungen treffen. Die New Yorker Blondes verwandeln „It’s Up There“ in einen funkelnden House-Diamanten mit leicht psychedelischen Untertönen. Kompakt’s own Mohn schließlich behandeln „Then It’s White“ als Post-Ambient-chilly-trippy-Dingens.

Auch das hervorragende 2011er-Album Salon Des Amateurs des Klangkünstlers, Komponisten und Pianisten Hauschka aus Düsseldorf wird einer Neubehandlung unterzogen. Auf zwei EPs namens „Salon des Amateurs Remix“ (Fatcat/Rough Trade) gibt es vier Reworks von Hauschka-Tracks. Ricardo Villalobos & Max Loderbauer verwandeln „Cube“ in ein schön frizzelndes, ungerades Etwas, während Techno-Gott Michael Mayer „Radar“ unter Beibehaltung der Bestandteile des Originals in seinem Remix tanzbodenfreundlich gestaltet. EP 2 enthält Remixe des Londoners Steve Bicknell und des Berliners Vainqueur.

Über Red Night, das komisch-gute aktuelle Album der New Yorker The Hundred In The Hands, wurde in der letzten Ausgabe dieses formidablen Musikmagazins schon alles gesagt. „Keep It Low“/ Come With Me“ (Warp/Rough Trade) ist nun die erste Single aus dem Album, das quasi einer Neuerfindung des Duos gleichkommt. Diese spielt dem Mancunian DJ und Producer Andy Stott in die Hände. Mit seinem Remix von „Keep It Low“ unternimmt Stott einen düster-dräuenden, dubbigen Ausflug in die untersten Etagen der Echokammer. Trotzdem: hochgradig tanzbar.

Wie wir ja alle wissen, nennt der famose DJ Harvey seine Band Locussolus. Mit dabei: Sängerin Tara Selleck, die Nichte des Schauspielers Tom „Magnum“ Selleck. Die A-Seite auf „Berghain/Telephone“ (International Feel/Rough Trade), die über zehnminütige Hommage an den Berliner Club, ist für Harvey-Verhältnisse relativ düster ausgefallen, geht aber von einer discoiden, garage-housigen Basis aus, spooky und Weirdo-Effekte inklusive. Auf der B-Seite liefert Harvey mit „Telephone“ das erwartete (Italo-)Disco-Brett, funkelnd, funky und thekthy.

Der Schotte Arthur Cayzer alias Pariah wurde zwei Spielzeiten lang als Dubstep-Wunderkind gehandelt. Auf der EP „Rift“ (R&S/Alive) ist Pariah aber schon längst post-anything. Die drei Tracks basieren auf Samples von Kurzwellensignalen aus dem Radio. Der Titeltrack vermittelt eine beklemmend-düstere Atmosphäre auf der Grundlage von leicht angebrochenen Beats, „Signal Loss“ bewegt sich auf dem Terrain des organisch angehauchten Post-Dubstep und „Among Those Metal Trees“ wirkt wie eine Übung in Ambient der Kölner Kompakt-Schule.

Die erste Single aus dem mit Spannung erwarteten Debütalbum Psycho Boy Happy (erscheint Mitte September) von Sizarr kommt in einem wunderbaren Format. Als 10-Inch-Picture-Vinyl. Die drei Musiker aus Landau in der Pfalz legen mit „Boarding Time“ (Four Music/Columbia/Sony Music) einen ultramemorablen Song vor. Er verdankt seine ungewöhnliche Wirkung den starken polyrhythmischen Elementen, die allerdings die Hitqualität des Stückes in keiner Weise schmälern. Irgendwie klingen die gothischen, neu-romantischen 80er-Jahre aus dem Gesang heraus. Das Ganze gibt es noch in drei Remixen (Anenon, Exeter, Yoshi Horikawa), die alle um die vertrackte Rhythmik kreisen.

Als Stammgäste in dieser Rubrik dürfen sich langsam, aber sicher Still Going fühlen. Aber Oliver Spencer und Eric Duncan haben’s ja auch verdient. „Work That Shit Party“ (Still Going Records), die zweite Single des Duos auf ihrem eigenen Label, bedient sich wieder des Gesangs von Frau Fischerspooner, Lizzy Yoder. Der Track, dem fast zehn Minuten zur Entfaltung zur Verfügung stehen, kommt als oldschooliger, perkussionfreudiger Deep House mit einer elastischen Bassline, die ganz gut in die Magengrube fährt.