Tool: Extreme Experimente


Ihre Eigenwilligkeit ist Programm. Millionen von Fans wissen es zu schätzen.

Auf den ersten Blick ist Tool-Sänger Maynard James Keenan ein unscheinbarer Bursche. Doch wenn der 37-Jährige den Mund aufmacht, kann er ganz schön giftig werden: „Die meisten Zeitgenossen haben vergessen, was wirklich wichtig ist. Sie haben die Beziehung zur Musik verloren, reden kaum noch miteinander und orientieren sich nur noch am Geld.“

Ein galliger Seltenhieb gegen die einst so mächtige amerikanische Alternative-Liga und ihre eher traurigen Überreste: Rage Against The Machine gehen nach langer Sänger-Suche erst jetzt wieder an den Start, Alice In Chains sind fast völlig abgetaucht, und von den Stone Temple Pilots vermutete man auch schon, sie würden ihren Egos erliegen. Der Rest ist ohnehin wie vom Erdboden verschluckt. Nur Tool sind noch da und genießen den Status einer Kultband mit Mission. Sie bilden den „Gegenpol zu dieser nervigen, aalglatten Musik, die man täglich im Radio hört“, sagt Drummer DannyCarey. „Wir sind nicht die Einzigen, die diesen Mist nicht mehr ertragen können. Deshalb machen wir etwas anderes.“ Und weil „Andersartigkeit“ im Falle von Tool auf wildem Experimentieren und endlosen Jams basiert, benötigten sie für ihre neue CD „Lateralus“ fast vier Jahre.

Doch Tool, so scheint’s, können machen, was sie wollen. „Das letzte Album hat sich gut verkauft, obwohl es noch experimenteller war als sein Vorgänger“, sagt Maynard, „also gestalteten wir das neue Material von vornherein so extrem wie nur möglich.“ Das ist gelungen: „Lateralus“ ist ein harter Brocken mit epischen Songs, die bis zu zwölf Minuten dauern. Laut Maynard handelt es sich dabei um eine unverhüllte Hommage an seine großen Helden, die Prog-Rocker der frühen 70er. „Ich bewundere ihre musikalischen Fähigkeiten“, schwärmt er zum Beispiel von Yes oder King Crimson. Eines vermisst er aber an ihnen: Emotionalität. „Sie agieren mehr mit dem Kopf als mit dem Herzen.“ Genau diesen Vorwurf macht Maynard auch Tool-Kritikern: „Nur weil unsere Musik ungewöhnlich ist und alles Unbekannte Misstrauen hervorruft, wird sie als düster bezeichnet und mit seltsamen Etiketten versehen. Die Menschen stecken voller Vorurteile.“

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