Wetterwechsel im Netz


Was genau ist eigentlich ein Shitstorm, wie er Amanda Palmer erfasste? Wir haben Florian Zühlke von der Social-Media-Agentur TLGG gefragt.

Florian, kann man den Shitstorm in ein bis zwei Sätzen definieren?

Shitstorm ist ein Modebegriff für alle Situationen geworden, in denen sich massiert Kritik im Internet äußert. Die Nuancen der Kritik gehen bei der Bezeichnung Shitstorm leider verloren: Warum sind die Leute sauer? Was ist das Problem? Wie kann ich es lösen? Hier werden (berechtigte?) Kritik, schlechte Serviceleistung und pure Stänkerlust der Nutzer miteinander vermischt. Das Wort Shitstorm klingt so, als wäre das Ganze eine Naturgewalt, der man ausgeliefert ist. Man hatte den Eindruck, dass der Shitstorm auf Facebook-Firmenseiten dieses Jahr so richtig in Mode geraten ist.

Der Begriff kursiert schon eine ganze Weile und wird für die verschiedensten Situationen gebraucht. Die Diskussion ist jedoch im Sommer neu losgetreten worden, als innerhalb weniger Tage irre viele Leute auf vier Facebook-Seiten je einen willkürlichen Beschwerdebeitrag kommentiert und geteilt haben. Die Geschichte bekam damals große Aufmerksamkeit, besonders, weil sich niemand erklären konnte, wieso eine so große Nutzerschaft plötzlich auf diese Beiträge reagierte. Was man daran gut ablesen kann: Es gibt in der Regel zwei Peaks im Verlauf. Der erste ist der, wo das Ganze passiert. Jemand äußert Kritik, viele unterstützen das. Nach ein paar Tagen ist das in den Offline-Medien, was genügend Aufmerksamkeit für einen zweiten Peak schafft.

Wie kann man als Unternehmen oder Künstler Shitstorms vermeiden?

Zuerst muss man nach den Ursachen suchen: Was motiviert die Leute, sich plötzlich so zahlreich mit mir und meinen Online-Auftritten auseinanderzusetzen? Von dort ausgehend kann ich versuchen, die Probleme zu beheben. Wenn am Ende dabei rauskommt, dass das Ganze eine Eigendynamik entwickelt hat, im Zuge derer die Leute bloß meckern wollen – gut. In den meisten Fällen ist die Lösung komplexer. Viele suchen erst danach, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist. Nehmen wir als Beispiel ein Telekommunikationsunternehmen, bei dem sich zig Leute auf Facebook über ihren Vertrag beschweren. Dann muss ich akzeptieren, dass die Leute die Facebook-Seite als Servicekanal nutzen und dementsprechend meinen Kundensupport dorthin ausweiten.

Lernen die Unternehmen das?

Klar. Das Bewusstsein der Unternehmen wächst. Die wissen, dass der Kunde bei Problemen nicht mehr eine Postkarte schickt oder eine Hotline anruft, sondern eher auf die Wall postet.