„Wir dürfen uns ab und zu wie Idioten benehmen““


Die Kings Of Leon haben Großbritannien erobert. Wer soll sie da noch außalten? Wir besuchen die vier wilden Followills in Barcelona, wo sie on tour an einem Wochenende im Februar gestrandet sind. Und kommen dort zu der Erkenntnis: Nur sie selbst können sich noch aufhalten.

Caleb Followill steht im Flur eines 5-Sterne-Hotelturms in Barcelona und flüstert mit gepresster Stimme Verfluchungen und Befehle in sein Handy: „Matthew, wo bist du, verdammt/ Schau, dass du deinen Hintern hierher bewegst! Wie, du bist müde? Wir sind alle müde! Zieh dir was an und… Sag mal, du bist betrunken, oder? Also pass auf: Hier unten gibt ’s noch mehr Alkohol für dich. Ich kann dir auch eine ganze Schüssel voll Xanax (Mittel gegen Angststörungen — Anm. d. Red.) besorgen, wenn du das lieber möchtest.“ Caleb hält inne, lauscht, hört den Cousin durchs Telefon offenkundig auf derGitarre klimpern. „Echt, du hast sie nicht mehr alle!“ Er legt auf. Und starrt uns an. „Er kommt nicht.“

Dayoff Rückblende: Eigentlich ist das Interview mit Kings Of Leon bereits für den Vortag, für Freitagnachmittag, vereinbart. Aber die vier sind müde von der Grammy-Verleihung (sie haben aus L.A. eines der goldenen Grammophone für ihren Hit „Sex On Fire“ mitgenommen) und der Anreise nach Spanien und brauchen erstmal einen day off. Wir werden ja morgen noch genug Zeit mit der Band verbringen. Und so ein day off in Barcelona tut uns auch mal gut… Das Hotel Arts liegt direkt am Strand des Port Olfmpic und ist das auffälligste Gebäude weit und breit. Dersilbern glitzernde Turm mit seiner Einfassung aus weißen Stahlstreben überragt den 1992 für die Olympischen Spiele errichteten Hafen und die Strandpromenade. An der sieht es aus wie in einem pleite gegangenen Monte Carlo: mondän, aber angegammelt. In verlassenen Strand-Lounges stehen verwelkte Pflanzen und ausgebleichte Ledersessel und warten auf die Saison. Eine Katze schmiegt sich in die Polster. Der Himmel ist blau, die gefühlte Temperatur liegt bei 15 Grad, am Strand wird gejoggt und geschlendert. Man könnte hier eine Party feiern. Oder, ja, morgen die Kings Of Leon fotografieren! Aus einem Lautsprecher macht sich James Blunt breit. Hinein in dieses ansonsten reizarme Idyll spaziert ein Paar, das aussieht, als hätte es jemand aus einer Schwarz-Weiß-Dokumentation über Velvet Underground in diese Tristesse gebeamt: Matthew Followill, Gitarrist der Kings Of Leon, und seine Freundin. Beide ganz in Schwarz. Spitze Stiefel, Jacketts, Sonnenbrillen, eine schon nicht mehr noble Blässe im Gesicht. Psst, lass die mal in Ruhe …!

Valentinstag zurück zum Samstag, 14 Uhr. Valentinstag. Im Foyer des Hotels Arts ist ein Büfett mit dulces aufgetischt – Pralinen, Miniaturtörtchen, alles in Herzchenform. Meterhohe Rosensträuße an jeder Ecke. Auf der Terrasse treffen wir wie vereinbart die britische Labelbeauftrage der Band. Handy und Blackberry als Bewaffnung. Das fürs Interview angemietete Apartment kostet 3000 Euro! Sagt sie. Dreimal so groß wie alles, was wir je gesehen haben. „Springsteens Stamm-Suite!“ Da die Kings Of Leon mit ONI.Y BY THE NICHT immer neue Rekorde in England brechen, sei das schon mal drin. Also auf in die Supersuite im 40. Stock. Mit einem Lift, der sich nicht rührt, bevor jemand den Spezialschlüssel umgedreht und einen Code eingegeben hat, fahren wir hinauf. Steigen aus. Weiter durch fensterlose, mit Leder bezogene Gänge. Neuer Lift, neue Codes, noch mehr Gänge. Endlich erreichen wir die Royal Suite. Der Blick durch die riesige Glasfront auf Barcelona ist überwältigend. Die 1,6-Millionen-Stadt samt Hügelhinterland erstreckt sich vor uns wie ein aufgestellter Stadtplan. Die Vertreter der Plattenfirma beglückwünschen sich gegenseitig zu dieser Location. Die 400 Quadratmeter des Apartments verteilen sich auf zwei Etagen, alles eingerichtet in modernem Art deco. Marmorböden, cremefarbene Ledersofalandschaften, ein, zwei, viele Schlafzimmer. Nun: In welchem der acht Wohnzimmer sollen die Interviews stattfinden? „Auf jeden Fall muss dieses Stativ hier weg!“

Sogar ein Teppich wird umverlegt, darunter auf dem Parkett taucht ein großer Fleck auf, der aussieht, als hätte hier jemand verzweifelt und mit aller Kraft sehr lange geschrubbt. „They ‚II love this place!“

Panorama V erdammt, ich brauch‘ was zu trinken!“ Heiseres Lachen, schwerer Südstaatenakzent. Caleb kommt mit einem Bier in der Hand hereingestolpert. Graue Jeans und Boots, schwarzes Jackett, schwarzer Hut. Er steuert am Spalier stehenden Labelteam vorbei zur Bar, nimmt sich ein frisches Bier, öffnet es an der Tischkante und macht einen dreckigen Spruch, über den er scheppernd lacht. Vielleicht möge er sich ja mal den tollen Ausblick ansehen, erwägt jemand zögerlich. „Toller Ausblick!“, sagt Caleb und zieht seinen Hut tiefer in die Stirn. Er zerrt seinen Bruder Nathan – Schlagzeuger, zuletzt angeblich im Fitness-Wahn – herein. Der ist komplett in Schwarz gekleidet, plus Sonnenbrille, und hat offenkundig Schwierigkeiten, gerade zu stehen. Nathan schlurft an der Fensterfront vorbei, lässt sich ins nächste Sofa fallen und zieht die Nase hoch. Als Nächstes trudelt Jared ein. Er lobt das Apartment und riecht sogar an den Valentinsrosen. “ Rosen sind wirklich fantastisch!“ Fehlt nur noch Cousin Matthew. Dass wir auf ihn wir umsonst warten werden, ist dem aufmerksamen Lesern bestimmt nicht verborgen geblieben. Dies und auch das harsche Telefongespräch unter Bandkollegen sei allerdings ganz und gar kein typisches Verhalten für die Kings, versichert man uns. Im Gegenteil, das ist alles ziemlich einzigartig und sehr überraschend! Komisch, dabei hat diese Band doch nicht nur einen längst legendären Ruf als ausdauernde, gelegentlich prügelfreudige Trinker. Auch von ihren Drogenproblemen hat sie zuletzt ausführlich erzählt.

Royal Suite, I, Stock A lso reden wir erst einmal mit Jared, der wirkt einigermaßen fit. Zuvor erfahren wir allerdings, dass unsere Fotosession auf den Abend verlegt werden muss. Musik sei ja so eine schöne Sache, aber am Ende eben auch nur Entertainment, sinniert die Frau vom Label aus London. Und während sie nach ihrem Blackberry greift, versteigt sie sich erst richtig: „Wir, in der Musikbranche, können die Welt nicht verändern. Wir können sie nur zu einem schöneren Ort machen.“

Für das Badezimmer nebenan gilt das leider nicht. Denn da liegen jetzt Bierflaschen herum. Caleb köpft gerade eine neue und tippt dem regungslosen Nathan mit der Fußspitze gegen das Schienbein. Wir wollen ihn etwas fragen, doch sofort spritzt irgendjemand dazwischen, als sollte verhindert werden, dass ein Staatsgeheimnis ausgeplaudert wird. Jared setzt sich zum Gespräch. Mit dem Bassisten dürfen wir jetzt reden. Sagt der Interviewplan.

Ihr spielt heute Abend hier in Barcelona ein ausverkauftes Konzert. Kannst du dich darauf freuen, oder würdest du lieber schlafen gehen?

Jared: Ich freue mich auf jedes Konzert. Ich finde nur das Touren schrecklich, ich hasse alles drum herum, (atmet tief durch) Ich wünschte mir so sehr, man könnte uns einfach von Nashville aus auf irgendeine Bühne beamen … Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass wir uns jemals daran gewöhnen werden.

Seid ihr euch alle darüber einig, wie ein Kings-Of-Leon-Konzert auszusehen hat?

Jared: (lacht) Oh nein, absolut nicht. Ich würde am liebsten viel länger spielen, knapp zwei Stunden fände ich angemessen. So hätte das Publikum mehr Zeit, mit uns zusammen betrunken zu werden. Ich komme mir blöd vor, wenn wir nach einer guten Stunde von der Bühne gehen, ohne Zugabe. Ich finde uns auch technisch immer noch nicht gut genug, um eine so tighte Sache durchzuziehen. Die anderen sehen das anders.

Ihr wirkt live nicht besonders nahbar. Wie wichtig ist dir die Distanz zum Publikum?

Jared: Ich habe immer eine kleine Gruppe Leute im Publikum, mit denen ich Augenkontakt halte. Daran kann ich ablesen, wie das Konzert läuft. Aber ich finde es wichtig, eine gewisse physische Distanz zu halten. Ich werde total nervös, wenn mir das Publikum zu nahe kommt. Mein Traum wäre es, dass die Leute nur die Quelle der Musik sehen und nicht mein Gesicht.

Dann muss die noch viel größere Aufmerksamkeit, die ihr neuerdings bekommt, auch ein Fluch für dich sein.

Jared: Oh ja, ein großes Thema. Aber ich will unbedingt lernen, das alles nicht so ernst zu nehmen. Wir kommen gerade von den Grammys: eine Woche lang nur berühmte Menschen, unbeschreibliche Partys, und jeder gibt dir das Gefühl, das Wichtigste auf der Welt zu sein. Dann kommen wir nach Hause, und keiner

kennt uns. Ich möchte gern beide Welten gleich ernst nehmen, dann wäre alles nicht so anstrengend. Wenn ich denke, ich bin berühmt, komme ich in Nashville nicht klar. Wenn ich denke, ich bin ein ganz normaler Typ, dann komme ich mit dem Ruhm nicht klar. Ich wäre so gern in beiden Welten ein sympathischer Mensch. Alle berühmten Leute, die ich kennengelernt habe, sind nett und bodenständig: U2, Robert Plant … ganz normale Leute.

Ihr habt eine sehr erfolgreiche Platte mit einem fetten, stadiontauglichen Sound gemacht, zuletzt habt ihr sogar den Madison Square Garden voll gekriegt. Müsst ihr eure Ziele neu definieren?

Jared: Was die Produktion unserer letzten Platte betrifft, haben wir alles erreicht, was wir je wollten. Klar, wir werden unsere Ziele verändern müssen. Wir wollen aber auch nicht rumkrampfen, nur um was Neues zu machen. Ich hoffe sehr, dass wir automatisch spüren, wo die Reise hingeht. Es geht auch darum, welches Risiko man eingehen will.

Wir könnten eine Platte mit Brian Eno machen oder noch eine Popplatte. Es könnte super werden oder schlecht. Ich mag viele Produzenten, und ich denke viel über dieses Thema nach, aber ich habe das Gefühl, wir sind noch nicht bereit für ein Risiko.

Du warst erst 14, als ihr die Band gegründet habt. Du musst mit guten Ratschlägen bombardiert worden sein. Konntest du irgendeinen davon gebrauchen?

Jared: Nein, keinen! (lacht) Die meisten haben gesagt: “ Egal, was passiert, du musst derselbe bleiben. “ Aber das ist so leicht gesagt. Wie willst du derselbe bleiben, wenn du so viele Dinge erlebst? Der einzig wichtige Rat, den wir bekommen haben, kam von Eddie Vedder: “ Tourt niemals länger als drei Wochen außerhalb eures Heimatlandes!“ Und es stimmt, nach zwei Monaten in einem anderen Land wirst du einfach verrückt. Deshalb sind wir jetzt nur zweieinhalb Wochen in Europa – und es wird alles glatt laufen.

Roval Suite, II. Stock E ine Wendeltreppe höher liegt Caleb auf der Couch, Hut auf dem Gesicht. Daneben hockt Nathan, den Kopf auf der Brust. Er zieht unentwegt die Nase hoch, röchelt und sieht bemitleidenswert fertig aus. Neben den beiden erstreckt sich die Stadt so gigantisch wieunwirklich. Aber selbst wenn sie hinsehen würden: Von der sympathischen Geschäftigkeit und Schmuddeligkeit Barcelonas kommt hier oben nichts an. Caleb streckt sich und kommt langsam in die Gänge. Neben seinem leblosen Bruder sieht er beinahe zu jung, jungenhaft aus. In einem kurzen, ersten, unbeobachteten Moment wirkt Caleb fast schüchtern und verschlossen, aber das weiß er als Bandchef gut zu überspielen:

„So, was machen wir jetzt? Ziehen wir uns alle aus? Das wäre doch mal was! Ich bin bereit!“ Er lacht heiser. Nathan tropft etwas aus der Nase auf den Marmorboden. Caleb übernimmt das Wort, es scheint nicht das erste Mal, dass sein älterer Bruder nicht so ganz bei der Sache ist. Ihr seid ziemlich kaputt … Caleb: Oh Mann, das ist noch untertrieben. Außerdem ist heute Valentinstag. Meine Freundin ist hier, und sie ist sauer, dass ich nicht mehr Zeit mit ihr verbringen kann. Ich weiß überhaupt nicht, was ich zuerst machen soll. Ich brauche dringend Schlaf, aber ich soll mich um sie kümmern und gleich auch noch Soundcheck machen, (hält inne) Ich mache heute keinen Soundcheck, habe ich gerade beschlossen. Ich brauche eine Pause, um einen klaren Kopf zu kriegen. Ich hab das Gefühl, ich weiß überhaupt nicht, wo ich bin. Nathan: All diese verschiedenen Sprachen machen mich eanz verrückt…

Merkt ihr, wie man sich hier anstrengt, um es euch recht zu machen?

Caleb: (schüttelt schweigend den Kopf)… Jared meinte schon, dass hier alle ziemlich angespannt und ängstlich schauen würden. Bizarr.

Was ist das Wichtigste, das ihr in den letzten Monaten gelernt habt?

Caleb: Dass ich ich selbst sein kann. Früher, als wir mit den Strokes auf Tour waren, dachte ich, sie wären die coolsten Leute der Welt. Ich habe mich verstellt und versucht, auch so cool zu sein, aber mich nur lächerlich gemacht. Wir dürfen uns sogar ab und zu wie Idioten benehmen. Wir waren so jung, als wir anfingen, wir können noch gar nicht total erwachsen und vernünftig sein. Aber andererseits muss es da auch Grenzen geben. Ich will nicht irgendwann total abgewrackt sein, mit der Musik aufhören müssen und dann bis ans Ende meines Lebens bedauern, em so tolles Leben aufgegeben zu haben.

Wer von euch Brüdern konnte am besten mit Aufmerksamkeit umgehen, als ihr Kinder wart?

Caleb: Alle eigentlich. Jeder hatte seine besondere Eigenschaft, für die er gelobt wurde. Ich für meinen Humor, Jared für sein Aussehen und Nathan für sein sportliches Talent. Aber heute sind wir alle ziemlich scheu und verschlossen. Es ist schon komisch, ich habe mein ganzes Leben versucht, das zu tun, was ich jetzt tue, aber ich würde mich im Moment am liebsten unter einem Felsen verkriechen. Nathan, der nicht aussieht, als könnte er je wieder eine Runde um den Block gehen, ist noch weiter nach vorn gekippt, vermutlich eingeschlafen. Caleb gibt ihm einen Stoß, wodurch er nur noch ein Stück tiefer sackt.

Habt ihr schon neue Songs geschrieben?

Caleb: Ja. ich habe vorhin noch an ein paar neuen Stücken herumgewerkelt. Ich versuche gerade herauszufinden, wie es musikalisch weitergehen soll. Matthew hat mir heute gezeigt, wie man Slide Guitar spielt. Er will heute Abend unbedingt einen kleinen Bluessong als Zugabe spielen. Puh. Na ja, warum nicht? Ich würde für die nächste Platte gern einen Country- oder Bluessong schreiben, der in einer großen Halle funktioniert.

Ihr werdet The Drifting Cowboys der großen Stadien.

Caleb: Genau. Hank Williams ist der Größte! Aber leider habe ich mir auch die Sauferei von ihm abgeguckt, (lacht und nimmt einen Schluck) Was würdet ihr nie in einem Song machen?

Nathan: (rappelt sich auf) Ich würde nie weinen. Caleb: Ach, das meint sie doch gar nicht! Musikalisch würden wir alles machen, was wir können … Ich überlege im Moment, wo ich einen Saxophonspieler für uns auftreiben kann, ich muss mal einen unserer 100 Cousins fragen.

(lacht) Ihr seid sehr ernst auf der Bühne. Löst sich das nach der Show in Heiterkeit auf?

Caleb: Nein, leider nicht. Das hat noch mit früher zu tun. Wir waren immer so nervös vor jeder Show, dass es zur festen Angewohnheit wurde, so straight jaced zu spielen. Aber wir büßen lieber etwas von unserer Bühnenpräsenz ein und konzentrieren uns dafür auf die Musik. Nate lacht eh nur, wenn er total besoffen ist. (Nathan nickt kaum merklich) Heute Abend werde ich lächeln, ich verspreche es.

Dann zieht Caleb seine Jeans über die Boots und beteuert noch, dass später alle vier für unser Fotoshooting zur Verfügung stehen werden. Er legt seinem älteren Bruder, der wie ein nasser Sack am Treppengeländer hängt, die Hand auf den Rücken, um ihm zum Abstieg zu ermutigen. Unten gibt es frisches Bier.

Rock’n’Roll Feel D as Razzmatazz ist eine alte 3000 Leute fassende Fabrikhalle im nahen, leicht heruntergekommenen alten Industrieviertel Poblenou. Vorm Backstageeingang warten ein paar Hundert Fans auf das Eintreffen ihrer Band, junge Menschen, davon bestimmt zwei Drittel Engländer. In der Halle ist die Vorband beim Soundcheck, hinter ihnen dräut die Backline der Kings Of Leon. Der Backstageraum ist winzig. Die Frau vom Label aus London findet, dass wir hier genau das richtige „rock’n’roll feel“ für die Fotos und unseren Artikel bekommen würden. Die Roadies hier nagen an Spare Ribsund kommen lautstark darin überein, dass Matthew Followill „es“ überhaupt nicht mehr im Griff hat. Interessant, warum denn nicht? Leider ist das unserer Anstandsdame gleich wieder zu viel „rock’n’roll feel“. Sie bugsiert uns in eine Punkrockkneipe gegenüber und erklärt uns, dass die Kings eine „real band“ seien, eine „band band“ sogar, für die nur die Musik zähle: Sie haben noch nie eine Show abgesagt! Na ja, vielleicht ja heute, scherzen wir mit den frischen bzw. weniger frischen Eindrücken vom Nachmittag. Sie tut gespielt empört.

Blackberry Zurück an der Halle, lässt uns die Frau nicht mehr hinein. „Die Tür ist bestimmt zu.“ Wie bitte, wieso das denn? Sie holt ihren Blackberry raus. Dann starrt sie uns an und sagt, wir hätten das gerade eben nicht sagen dürfen. Jetzt sei es wahr geworden: Das Konzert ist abgesagt. Unser Fototermin: auch. Es ist kurz vor acht. Wir fühlen uns so leer wie das große Razzmatazz. Zwei Minuten später hängen Zettel an der Fassade: „Due to a Caleb Followill sudden illness the Kings of Leon shotu is postponed.“ Caleb? Hat er als Chef der Famihenbande die Gebrechen der anderen auf sich genommen? Oder feiert er Valentinstat;? Müssen die

Followills schon bald wieder nach Hause nach Nashville zum Entgiften? Pärchen liegen sich gegenseitig tröstend in den Armen. Viele der Fans hier draußen sind von weit her gekommen. Aus Slowenien, Bosnien, Irland, aus England, wo die Ki ngs Of Leon aktuell als größte lebende Rockband gelten.

„Fucking Valentine’s Day!“, brüllt jemand von hinten. „My poor Caleb“, sagt ein Mädchen mit leicht weinerlicher Stimme. Einer grölt: „The Sex Is On Fire“, der kriegt natürlich sofort Ärger. Auch das Konzert in Madrid am Tag darauf wird abgesagt werden. Auf ihrer Homepage beteuern auch die Kings Of Leon noch einmal: “ This is the first time the band have ever cancelled shoivs.“

www.kingsofleon.com

Story & Albumkritik 10/08

Konzertkritik U/08