60 Minuten die mein Leben veränderten


Alles läuft vollkommen normal. Doch dann legt jemand diese Platte auf - und plötzlich ist alles ganz anders. Michael Stipe, Wolfgang Niedecken und Liz Phair, Lenny Kravitz, Tori Arnos und Joey Ramone, Slash, Michael Cretu und John Mellencamp über Musik, die in einer Stunde ihr ganzes Leben veränderte.

TORI AMOS „Ich hörte ‚Led Zeppelin I, II und III“ ungefähr zur selben Zeit, so um ’73. Damals war ich acht Jahre alt, und ich dachte, na ja, das ist ja ganz nett. Heute weiß ich, warum es mit meinem klassischen Klavierspiel nicht weit her ist – weil Jimmy Page mich von der akustischen zur elektrischen Musik geführt hat. Er hat mir gezeigt, was man alles machen kann. Ich hatte immer das Gefühl, als würden Led Zep von dieser Leidenschaft zehren, die Maria Magdalena in sich trug, als einzige in der Bibel. In ihrer Musik war etwas von dieser weiblich-göttlichen Energie.“

MOSES P. Rödelheim Hartreim Proiekt „Zunächst müßte ich wohl die erste Rap-Platte nennen, die ich je gehört habe. Das geht aber leider nicht, da mir ihr Titel schon seit Jahren entfallen ist. Jedenfalls war es ein Song von der Sugar Hill Gang, aber nicht ‚Rapper’s Delight‘. An zweiter Stelle muß ich, ohne unbescheiden sein zu wollen, ‚Twilight Zone‘ von Moses P. nennen. In welcher Form diese, meine erste Veröffentlichung mein Leben verändert hat, liegt wohl auf der Hand. Die dritte Platte, die mein Leben verändert hat, war ‚Nichts ist für die Ewigkeit‘ von den ßoehsen Onkelz. Es war unter anderem diese Platte, die mich in meinem Glauben bestärkte, daß deutschsprachige Musik nicht witzig oder peinlich sein muß. Aus dieser Erkenntnis heraus enstand wohl auch die vierte Platte, die mein Leben verändert hat: ‚Direkt aus Rödelheim 1 vom Rödelheim Hartreim Projekte. Eine Platte, die ich erstens für eine der ganz wenigen guten deutschen Rap-Platten halte, und die es mir zweitens ermöglicht, meine Miete zu zahlen.“

NENEH CHERRY „Es gibt mehrere großartige Platten, die ich mir immer noch anhöre. ‚Songs in the Key of Life‘ von Stevie Wonder oder auch ‚What’s Going On‘ von Man/in Gaye. Aber es gibt noch eine, die überhaupt nicht in diese Kategorie paßt, und das ist ‚Germ-Free Adolescents‘ von X-Ray Spex. Poly Styrene, die Sängerin von X-Ray Spex, war das einzige schwarze Gesicht in der Punk-Szene, und sie hatte diese Stimme. Eine Stimme, die mir unheimlich gefiel. Sie hat mir geholfen, meine eigene Stimme zu finden. Ich fing an, zu ihren Stücken zu singen, und irgendwie funktionierte das sehr gut. Es war einfach richtig.“

PETER BÜCK R.E.M.

„Die erste Platte, auf die ich total abfuhr, war ‚Exile On Main Street‘. Das ist vielleicht nicht besonders originell, aber ich war schließlich erst 15 und ging mit einem Mädchen aus, das 17 war und schon Auto fahren durfte. Ich hatte das große Los gezogen, denn sie holte mich ab, und dann kauften wir das Stones-Album. Ich hörte mir sofort alle vier Seiten mit Kopfhörern an. Es hatte alles, was ich mir von einer Platte wünschte. Vor allem war es geheimnisvoll ¿ ich weiß immer noch nicht, worum es in den Songs eigentlich genau geht. Aber ich fand es toll, daß die Stones all diese verschiedenen Einflüsse verarbeiteten. Ich kannte mich ein bißchen mit Country und Blues aus, aber von Slim Harpo hatte ich zum Beispiel noch nie was gehört. Die Platte gab mir das Gefühl, daß eine Menge Zeug da draußen darauf wartete, entdeckt zu werden, und daß diese Entdeckungsreise eine ziemlich spannende Angelegenheit werden könnte.“

KLAUS MEINE SCORPIONS „Ganz am Anfang stand der King -Elvis und ‚Jailhouse Rock*. Als ich diesen Song zum ersten Mal hörte, hat’s mich regelrecht umgehauen. Elvis, so viel ist sicher, war der Auslöser, eben Rock’n’Roll pur. Und dann die Beatles: einfach geniale Songwriter. Da braucht man sich bloß ‚Sgt. Pepper‘ anzuhören. Ein absoluter Meilenstein. Danach waren Led Zeppelin an der Reihe. Und zwar mit ihrer ganzen Bandbreite, von ‚Whole Lotta Love‘ bis ‚Stairway To Heaven‘. Musik, die auch die Scorpions beeinflußte.“

HEINZ RUDOLF KUNZE „Im zarten Knabenalter von elf Jahren schenkte mir meine Oma ‚Sgt. Pepper‘. Bis dahin kannte ich nur Gitte und Rex Gildo. Das Beatles-Album aber war elektrisierend und aufregend. Die Platte weckte in mir das Bedürfnis, Worte und Töne miteinander zu verbinden. Ähnlich fasziniert wie von ‚Sgt. Pepper‘ war ich von den großen Platten und Bands der Artrock-Ära – von ‚Thick As A Brick‘ und ‚Close To The Edge‘, von King Crimson, Jethro Tüll, Yes und Gentle Giant. Über die LPs dieser Bands haben wir abends stundenlang diskutiert. Man kann wohl sagen, daß sie mein Leben stark beeinflußt haben. Ja, und was Platten betrifft, war mein letztes einschneidendes Erlebnis ‚Pink Flag‘ von Wire. Mit minimalistischer Brachialität hat diese Band bewiesen, daß weniger tatsächlich mehr sein kann.“

FRANK BLACK „Als ich ‚Flood‘ von They Might Be Giants das erste Mal hörte, gefiel mir die Cassette nicht besonders. Mittlerweile aber habe ich das Band bestimmt schon hundert-, wenn nicht gar tausendmal gehört. Besonders beim Autofahren. Ich schmeiße die Cassette ein und denke, jaaa. They Might Be Giants haben mir populäre Musik ganz allgemein nähergebracht. Vorher hatte ich eine eher puristische Einstellung zum Rock’n’Roll. Da wäre meine wichtigste Platte wahrscheinlich von Iggy Pop gewesen. Den mag ich natürlich immer noch, aber They Might Be Giants machten mir klar, daß Rock nur ein Teil der populären Musik ist. Sie verarbeiten eine Menge Sachen aus der Prä-Rock’n’Roll-Ära, und das machen sie sehr gut.“

DOLORES O’RIORDAN Cranserries „Momente, die mein Leben verändert haben? Nun, ganz sicher jene Minuten, in denen ich das erste Mal ein Demo von uns gehört habe. Vorher, im Übungsraum, hatten wir uns gegenseitig kaum gehört. Als ich meine Stimme dann zum ersten Mal in einem Aufnahmestudio hörte, war ich total überrascht. Ich hatte wirklich nicht gedacht, daß ich so cremig und sanft klingen kann.“

BONNIE RAITT „Die Platte, die mich völlig veränderte, war ‚Blues At Newport – ’63‘ auf dem Vanguard-Label. Sie hat dafür gesorgt, daß mich der modalere und rauhere Delta Blues auch heute noch mehr interessiert als der glatte, urbane Sound. Mississippi John Hurt singt auf der Platte ‚Candy Man‘, John Lee Hooker ist dabei, genauso wie Dave Van Ronk und John Hammond, also zwei weiße Bluesmusiker. Bis ich ‚Blues At Newport‘ hörte, hatte ich mir überhaupt nicht vorstellen können, daß Weiße den Blues authentisch singen können. Schon gar nicht weiße Frauen. Aber mit 14 saß ich so lange da, bis mir, ungelogen, die Finger bluteten, um hinter das Geheimnis dieser Lieder zu kommen.“

MELISSA ETHERIDGE „‚Tommy‘ war eine Platte, die ich mir oft anhörte – aber nicht das Original von den Who, sondern die Aufnahme von Pete Townshend mit dem London Symphony Orchestra, ein Doppelalbum. Jeden Tag, wenn ich aus der Schule kam, lag ich da mit meinen großen Kopfhörern und ließ mich verzaubern. Daß meine Musik heute so intensiv ist, hat viel mit dieser grandiosen klassischen Stimmung zu tun – die Stelle, an der bei ‚Pinball Wizard‘ die Bläser einsetzen, oder die Art, wie Ritchie Havens ‚Acid Queen‘ singt. Später war ich auch von Carol Kings ‚Tapestry‘ und Bruce Springsteens ‚Born To Run‘ begeistert. Aber ‚Tommy ‚ war die erste Platte, die mich völlig in ihren Bann zog.“

SVEN REGENER Element Of Crime „Ohne ‚The Velvet Underground & Nico‘ hätte ich mich nie getraut, mit dem Songschreiben und dem Singen anzufangen. Ich glaube, daß Andy Warhol, obwohl er keine Ahnung von Musik hatte, ein genialer Plattenproduzent war und ‚The Velvet Underground & Nico‘ die radikalste Platte ist, die je gemacht wurde. Alle Songs sind von klarer und einfacher Schönheit, und jeder für sich ist extrem: extrem kalt wie ‚Venus In Fürs‘, extrem warm wie ‚Sunday Morning‘, extrem zerbrechlich wie TU be Your Mirror‘, extrem zerrisen wie ‚Heroin‘. Dabei klingen die Songs völlig unproduziert. Kein Handwerk macht sich bemerkbar und schiebt sich als versöhnendes oder vermittelndes Element zwischen den Hörer und die Musik. Hoffnungsloses Gitarrengeschrammel, die wackligen, zerbrechlichen Stimmen von Nico und Lou Reed, der unsichere, ständig am Abgrund balancierende Rhythmus, die seltsame Art Mo Tuckers, das Schlagzeug zu spielen – all dies müßte wohl auch heute noch die immer präsenten Apologeten der ‚guten‘ Rockproduktion, des ‚richtigen‘ Spielens und Singens, die Freunde des guten Geschmacks, des ausgewogenen Sounds und die Fanatiker des gleichmäßigen Tempos in den Wahnsinn treiben. Geschieht ihnen recht.“

L.ENIXT KRAV1TZ „Stevie Wonders ‚Innervisions‘ hat mich förmlich umgehauen. Als ich diese Platte hörte, war ich noch klein. Ich kannte die lackson 5, und diese ganzen frühen Motown-Sachen faszinierten mich total. Aber ‚Innervisions‘ war das erste Album, die erste längere Geschichte, bei der ich völlig aus den Latschen kippte. Es wirkte so persönlich, so warm, so natürlich und spirituell. Und jeder Song, jede Melodie war ein Meisterwerk – jedes Instrument, jedes Lick, das Stevie spielte.“

ADAM TAUCH The Beastie Boys „Musik, die mein Leben veränderte? Ganz klar: ‚The Roir Cassette‘ von den Bad Brains. Wahrscheinlich eine der stärksten Platten, die je gemacht wurden. Ich würde sagen, die Brains waren wirklich die Urväter aller Speedmetal- und Hardcore-Bands. Sie fingen mit Jazz Fusion an, hörten dann Punk und spielten am Ende derart schnell und tight, daß andere Punkbands davon nur noch träumen konnten. Daryls Bass zum Beispiel hat mich mehr beeinflußt als jeder andere Tieftöner in diesem Geschäft.“

WOLFGANG NTEDECKEX „Wer in den 6oer Jahren seinen Urknall erlebt hat, kann wohl kaum von einem Album reden, wenn er nach Musik gefragt wird, die sein Leben verändert hat. Denn bei den 6oern handelte sich noch um ein Jahrzehnt der Singles. Man denke nur an epochale Statements wie ‚Satisfaction‘ oder „Like A Rolling Stone‘. Lasse ich diesen Grundgedanken mal beiseite, so gibt es mit Blick auf meine LP-Sammlung zwei ‚all time Favourites‘: ‚Beggar’s Banquet‘ von den Stones und ‚Blonde On Blonde‘ von Dylan. Wobei es die Stones LP ohne die des Meisters wohl kaum geben dürfte. Dylans Einfluß ist in diversen Interviews seitens der Stones zugegeben worden. Und wer Ohren hat zu hören, merkt’s auch ohne schriftliche Belege.“

PERRYFARRELL „‚Fun House‘ von den Stooges. Das ist eine Platte, der du nicht entkommen kannst. Man merkt, daß die Musiker trotz der ganzen Agonie spontan waren. Und dadurch wurde mir zum ersten Mal klar, daß Platten machen eine coole Sache ist. Ich konnte hören, daß Iggy beim Singen improvisierte und die Solisten auch. Und dann der Sound – einfach umwerfend. Du folgst der Gitarre, wie sie sich durch diesen ganzen Krach windet, und sie führt dich tatsächlich irgendwo hin. Gleichzeitig ist die Band romantisch – und definitiv so wild, wie man es nur sein kann, wenn man jung ist.“

CHUCK D.

Public Enemy „Mit ‚Raising Hell‘ von Run DMC hatte es der Rap endgültig geschafft. Diese Platte sorgte dafür, daß HipHop nicht länger als Kinderkram angesehen wurde. Außerdem zeigte sie mir, wie ich als Mittzwanziger in dieser Szene Erfolg haben konnte. Außerdem war ‚Raising Hell‘ das erste HipHop-Album, auf dem verschiedene Songs und Sounds zu einer Einheit verschmolzen. Run DMC sind die beständigste HipHop-Band im Rap. Sie sind sich immer treu geblieben. Wenn sie nicht gewesen wären, würde heute keiner von uns sprechen.“

MICHAEL CRETü Enigma „Mein Leben hat ganz sicher der Beatles-Song ‚Golden Siumbers‘ vom legendären ‚Abbey Road‘-Album verändert. Als das Lied erschien, war ich noch voll und ganz mit klassischer Musik beschäftigt. Doch als ich diesen Song das erste Mal hörte, wußte ich plötzlich ganz genau, daß auch ich eines Tages Popmusik machen würde.“

JOEY RAMONE Ramones ,,’Meet The Beatles‘. Mit dieser Scheibe wurde alles anders. Eines Tages kam ich von der Schule nach Hause, schaltete mein Transistorradio ein und hörte ‚I Wanna Hold Your Hand‘. Am nächsten Tag kaufte ich mir die Single und dann das Album. Es war wirklich aufregend, etwas ganz Neues. Die Beatles klangen wie niemand anders zuvor, obwohl sie doch so eindeutig von Buddy Holly, Little Richard und anderer Musik aus den 50er Jahren beeinflußt waren. Von Musik, die in vielerlei Hinsicht viel ursprünglicher war als ihre eigene. Aber die Beatles stachen aus der Menge heraus. Für mich gaben sie dem Ganzen eine völlig neue Perspektive. Es war fast wie eine Revolution, absolut radikal.“

DON WAS ‚Pet Sounds‘ war das erste Album, das mir die Räumlichkeit und die emotionale Bedeutung von Klangfarben und -schichten bewußt gemacht hat. Brian Wilson hatte keine Synthesizer oder Sampter, um bestimmte Sounds übereinanderzulegen. Er setzte einfach 20 Typen in diesen winzigen Raum und ließ zuerst das Klavier seinen Part spielen. Dann kam jemand dran, der diesen Part auf wassergefüllten Sodaflaschen noch mal spielte. Auf diese Weise schuf Wilson ein Universum voll impressionistischer Klänge. Phil Spectors Universum war schwarzweiß. Wilson färbte es in Technicolor, indem er Gelb- und Orangetöne darüber wie pinselte Cezanne.“

JOHN HIATT „Platten, die mein Leben veränderten? Ich denke, es steht wahrscheinlich unentschieden zwischen ‚Blonde On Bonde‘ von Dylan und ‚Axis: Bold As Love‘ von Hendrix. Da ist diese kleine Anfangssequenz auf ‚Axis‘, in der Mitch Mitchell seinen Spruch abläßt, und dann interviewen sie Paul Caruso, der sagt, es gebe keine außerirdischen Wesen und sich dann entschuldigt, weil er noch wo hin muß, und dann kommt Hendrix‘ Gitarre, und das absolute Chaos bricht aus? Irgendwie begleitete ich ihn dahinein. Ich hatte bis dahin noch nie so etwas gehört – keiner von uns hatte das. Was für eine Leistung. Die Bandbreite von Jimis musikalischen Ideen begann sich gerade erst abzuzeichnen. ‚Blonde On Blonde‘ kam raus, als ich 13 oder 14 war, und diese zwei Jahre verbrachte ich mehr oder weniger ausschließlich in meinem Zimmer. ‚Visions Of Johanna‘ hörte ich mir immer und immer wieder an. Wahrscheinlich, weil es meine Gefühle so gut widerspiegelte. Ich hatte keinen Schimmer, wovon Dylan da redete, aber ich schuf mir meine eigene Vorstellung von Johanna. Und ich war sicher, daß sie genau das war, was auch in meinem Leben fehlte.“

JOHN MELLENCAMP „‚Highway 61 Revisited* von Bob Dylan – das ist meiner Meinung nach immer noch die beste Platte, die je gemacht wurde. Sie verband Folk und Rock, man konnte dazu tanzen, aber die Texte waren trotzdem hörenswert und besaßen jene Intelligenz, die der Popmusik sonst fehlte. Zu einer Zeit, als Hits so um die 1:58 lang waren, lief ‚Like a Rolling Stone‘ sechs Minuten, brach sämtliche Regeln und überschritt alle Grenzen. Ich muß damals 14 gewesen sein. Ich erinnere mich, wie ich mit diesem Typ, der fünf Jahre älter war, in einem aufgemotzten ’65er Valiant herumfuhr. Er hatte ‚Highway‘ auf Band, und wir drehten immer bis zum Anschlag auf. Später, als mir klar wurde, wo ich musikalisch hin will, wurde das Album für mich zum Maßstab für das Außergewöhnliche. Jedesmal, wenn ich mit einer Platte fertig bin, denke ich, ’nee, das war’s wieder nicht‘. Man hofft immer, daß man auch mal so etwas wie ‚Highway‘ zustandebringt, obwohl man ganz tief drinnen weiß, daß das nie der Fall sein wird.“

UZ PHAIR „Im College hab ich mal bei einer Verlosung ‚Psychocandy‘ von The Jesus & Mary Chain gewonnen. Dieses Album war mein ein und alles. Denn als ich klein war, faszinierte mich die Idee, zusammen mit den Haushaltsgeräten zu singen. Ich versuchte zum Beispiel, genau die Tonhöhe des Ventilators oder des Kühlschranks zu treffen. Wenn mein Hund die Ohren aufstellte und anfing zu heulen, wußte ich, daß ich es geschafft hatte. Mit ‚Psychocandy‘ verhält es sich ähnlich – einfach schöner Krachpop. Dennoch, die Platte war ganz wichtig für meine alternative Erleuchtung.“

SLASH Guns N Roses „Ich war in der siebten Klasse und stand ziemlich auf ein Mädchen, das um einiges älter war als ich und außerdem ganz schön heiß. Ich hatte seit Monaten versucht, mit ihr auszugehen und sie dann irgendwann rumzukriegen, aber der Erfolg ließ auf sich warten. Schließlich schaffte ich es irgendwie, mich in ihre Wohnung zu mogeln. Wir machten’s uns gemütlich, und sie legte ‚Rocks‘ von Aerosmith auf. Ich war völlig von den Socken. Das war die ultimative, abgefahrene, supergute Hardrock-Platte meine Platte! Ich muß sie mindestens ein halbes Dutzend mal gedudelt haben. Das Mädel war mir plötzlich völlig egal. Ich setzte mich aufs Rad und fuhr nach Hause. Den Kuß und was sonst bei meinem Date noch hätte kommen können hatte ich verpaßt. Aber Aerosmith waren’s wert.“

MICHAEL STIPE R.E.M.

„Die ersten Platten, die meine Schwestern und ich kauften, waren ‚The Parent Trap‘ mit Hayley Mills und ‚Double Trouble‘, der Soundtrack zu einem Elvis-Film. Wir mußten sie zusammen kaufen, weil wir nur sieben Dollar hatten.

Aber meine echte Lieblingsplatte war ‚Horses‘ von Patti Smith. Die Stooges, die New York Dolls und Velvet Underground hatte ich nicht mehr erlebt. Ich hörte, was es so im Radio gab – Ted Nugent, Tommy Bolin und die Rolling Stones in ihrer schwachen Phase. Und auf einmal kam Patti Smith daher, und es war, als hätte mir jemand ein Klavier auf den Kopf fallen lassen. Ich konnte nicht mehr schlafen. Mir war ganz schlecht, so beeindruckt war ich. Es war unglaublich – mein Leben hatte sich durch eine Rock’n’Roll-Platte von Grund auf verändert.“

LARS ULRICH Metallica „1973, als ich neun Jahre alt war, ging ich mit meinem Vater zu einem Deep Purple-Konzert in Kopenhagen. Er und seine drei Hippie-Freunde hatten eine Karte übrig, und deshalb schleppten sie mich mit. Ich saß da und schaute Richie Blackmore zu, wie er seine schwarze Stratocaster rauf und runter sausen ließ. Am nächsten Tag ging ich in unseren Plattenladen, stellte mich auf die Zehenspitzen und piepste, ‚geben Sie mir irgendwas von Deep Purple‘. Sie gaben mir ‚Fireball‘, das erste Rockalbum, das mir gefiel.“

BUDDY GUY „Mit seinem ‚Three O’Clock Blues‘ hat mich B.B. King völlig vom Stuhl gehauen. Meine Eltern besaßen damals noch kein Radio. Aber als ich B.B.s Blues hörte, sagte ich mir, ‚du mußt arbeiten, Baumwolle pflücken oder sonst irgendwas‘. Denn ich brauchte ein Radio, damit ich hören konnte, wie B.B. sang und Gitarre spielte. Ähnliches galt für Guitar Slims ‚Things I Used To Do‘. Am Ende konnte ich nicht mehr schlafen. Auch Spaziergänge mit Mädchen gab’s nicht mehr. Ich wollte nur noch lernen, wie man so gut spielt.“