Adieu Telefonscheibe, adieu Tetris: das Museum der bedrohten Geräusche


Mit seinem „Museum Of Endangered Sounds“ will der Amerikaner Brendan Chilcutt antiquierte Geräusche vor dem Aussterben retten. Doch wen interessiert das glückliche Schmatzen eines VHS-Spielers wirklich?

Wie verweichlicht wir alle doch sind. Statt uns über die Moderne zu freuen, ruhelos auf neue Sounds zukünftiger Maschinen zu hoffen und zu glauben, das Leben wird besser, einfach weil es nie stillhält und sich weiter fortbewegt, beschwören wir die Vergangenheit so furios (und einseitig) wie keine Generation vor uns. Wir machen Lana Del Rey zum Superstar, häufen Schallplatten an, machen es uns in unseren Wohnungen im Mid-Century Stil des Eames Ehepaares oder in monströs großen Sesseln von Arne Jacobsen bequem. Und nun auch noch das: Der Amerikaner Brendan Chilcutt gründet ein „Museum der bedrohten Geräusche“.

Weil er befürchtet, irgendwann könnten manche Geräusche nur noch in der schwammigen Erinnerung einiger Weniger existieren, versammelt er auf seiner Website die Sounds antiquierter technischer Geräte. Zum Abspielen im Dauerloop. Zum Schwelgen in Erinnerung. Und weil er offenbar nicht loslassen will. Man kann da dem Geräusch eines 56k Modems lauschen, das sich quälend lange ins Internet einwählt. Dem zufriedenen Schlucken zuhören, wenn eine VHS-Kassette in einen Videorekorder geschoben wird. Springende CDs, den hyperaktiven Sound von Tetris-Erfolgen, das Schnorren einer alten Telefonscheibe oder das aufreibende Nichtgeräusch zwischen zwei Songs auf Kassette gibt es in Chilcutts Museum zu besichtigen. Und sein Archiv soll mit Hilfe von Vorschlägen wachsen und wachsen.

Für kurze Momente der Nostalgie ist das spannend, besonders wenn man den Sounds zuhört, um sie als Motor für Zeitreisen in die eigene Vergangenheit zu nutzen. Doch es ist halbherzig, manch Vergangenes konservieren zu wollen, über andere Entwicklungen aber himmelfroh zu sein. Denn wer will schon noch mit 56k im Internet surfen? Oder aber in Lana Del Reys musikalischen Beziehungsgeflechten aus starkem Mann und abhängiger Frau stecken?

Und ich verwette meinen kaputten VHS-Spieler, dass auch keines unserer Enkelkinder sich jemals für das Geräusch eines Kabelsalats interessieren wird.