Alice Cooper


Alice ist nicht mehr ganz nüchtern. Kein Wunder, er trinkt – wie er selbst sagt – pro Tag etwa 25 Dosen Bier. Ein paar Fotografen tanzen um ihn herum, Alice wirft sich in Pose. Hemd zerrissen, Jeans leicht schmuddelig, die Haare wahrscheinlich zwei Wochen nicht mehr gekämmt.

ER IST UN-RASIERT UND TRÄGT, AUSNAHMSWEISE, KEIN MAKE UP. SEIT ALICE EIN ‚STAR 1 IST, KANN ER ES SICH LEISTEN, SICH AUCH IN DIESER ALLTÄGLI-CHEN AUFMACHUNG FOTOGRAFIEREN ZU LASSEN. WENN ER SPRICHT, MACHT ER EINEN BEINAHE NORMALEN EIN-DRUCK. DER KILLER 1 IST VORÜBERGEHEND VERGESSEN – WIR UNTERHALTEN UNS MIT DEM AMERIKA-NISCHEN COLLEGE-JUNGEN, DER, WENN ER WILL, SOGAR LÄCHELN KANN.

„Wir bereiten zur Zelt einen Film vor und ich bin gerade dabei, mir die unmöglichsten Sachen einfallen zu lassen. Das wird Satyre, schwarzer Humor von Anfang bis Ende. Wahrscheinlich wird kein Mensch durchblicken Mehr über dieses Projekt wird vorläufig nicht verraten. Alice versteht es, die Leute im Dunkeln tappen zu lassen. Würde er sie schonend vorbereiten, wäre ja auch die ganze schöne schockierende Wirkung dahin. Und um die geht es letzten Endes.

Alice Cooper, David Bowie, Lou Reed, Iggy Pop. Die transsexuellen Wesen sind der neue Trend. Doch Alice Cooper, ungekrönter König, sieht seinen Thron nicht in Gefahr. David Bowie hat er noch nie gesehen („Ich habe von ihm gehört. Ist er gut?“) und wenn Lou Reed sagt: „Alice ist so furchtbar hässllch“, so scheint ihn das nicht zu treffen. Er sieht sich trotz oder gerade wegen dieser Hässlichkeit als absolutes Sex-Symbol.

„Als wir anfingen, waren die Mädchen zurückhaltend, doch wir haben sehr schnell ihre Neugierde geweckt. Die Groupies hatten Angst vor uns, weil wir ihre Weiblichkeit In-frage stellten. Schliessllch trugen wir selbst Frauenkleider und waren auch geschminkt. Heute richtet sich unsere Show hauptsachlich an jüngere Girls, Mädchen um die 16 herum. Und deren Liebe zu uns geht so weit, dass sie BH’s mit Telefonnummern auf die Bühne werfen.

ES ZISCHT. EINE NEUE DOSE BIER WIRD GEÖFFNET UND DIE HÄLFTE DES INHALTS ERGIESST SICH ÜBER ALICES JEANS.

Seine Show ist aggressiv. Man könnte meinen, sie rege zu Gewalttätigkeiten an. Gelingt es ihm immer, die Kontrolle übers Publikum zu behalten?

„Die Leute haben uns immer gellebt Von Anfang an. Sie wissen, dass wir Ihnen mit ledern Konzert ein paar schöne Stunden geben und dass diese Stunden auch für uns schön sind. Niemand hat mich Jemals bedroht. Manchmal dachte ich: ‚du hast dich selbst zu einer Zielscheibe gemacht. Halt die Augen offen und pass auf was passiert.‘ Aber es passierte nie etwas.“ Es stimmt, so merkwürdig es klingen mag. Bei Alice Cooper Konzerten ist noch niemand verletzt worden, noch kein Madchen in Ohnmacht gefallen. Vielleicht liegt es daran, dass Alices Show die Kids von Anfang bis Ende in Atem hält. Man verfolgt die Vorgänge auf der Bühne und hat keine Lust, sich ablenken zu lassen. Auch nicht durch eigene Reaktionen. Vielleicht liegt es auch daran, dass sie Alice inzwischen begriffen haben. Sie wissen, dass das, was er auf der Bühne macht, Theater ist.

„Auf der Bühne bin ich ein ganz anderer Mensch, als zuhause. Die Leute kommen, um meine zweite Persönlichkeit zu sehen. Von mir aus kann Jeder wissen, dass Ich eine Freundin habe. Sie heisst Cindy und wir wohnen zusammen. Im Privatleben bin ich ganz anders, als im Konzertsaal“.

Trotzdem nennt sich Alice immer ‚Alice‘. Zuhaus wie auf die Bühne.

„Ja, Ich habe schon mal in Erwägung gezogen, meinen Namen zu ändern. Vielleicht sollte Ich mich ‚Mary‘ nennen. Ich bin sehr unreif. Nur was meine Musik und Texte betrifft, erlebe Ich einen gewissen Entwicklungsprozess. Ansonsten bin Ich überhaupt noch nicht erwachsen. Neulich habe Ich meinen Pass verloren und ein paar Tage später meine Geburtskunde und dann eine Menge Geld. Hätte ich ein Kind, würde Ich es vermutlich auch irgendwo liegenlassen.“ Alice streckt die Beine von sich, gähnt und sieht auf die Uhr. Für heute hat er genug geredet und auf die Frage, ob er nicht endlich seinen richtigen Namen preisgeben wolle, meint er freundlich lächelnd „Nein, lieber nicht. Weisst du, ich will den guten Ruf meines alten Herrn nicht In Gefahr bringen… „