Bin ich Prolo, bin ich König


Dicke Hose, Fäkalhumor, die Angst, nureiner unter vielen zu sein - alles wie immer bei Ferris MC. Neu ist, dass er Casting-Teil- nehmerinnen resozialisiert.

Warum gibst du auf deinem neuen Album auoiobiosiiaphie schon wieder so entsetzlich an ?

Das hängt damit zusammen, dass ich eine schwere Kindheit und Jugend hatte. Meine Mutter ging arbeiten, und wir hatten trotzdem nur Margarine von Aldi auf dem Brot, weil sie jeden Pfennig zweimal umdrehen musste. Und es gab wechselnde Stiefväter, von denen ein paar auch geschlagen haben. Mit meiner Musik wehr‘ ich mich heute gegen all das.

Alles nicht schön, aber auch kein Einzelfall. Findest du es nicht auf Dauer langweilig, die eigenen Befindlichkeiten zum Zentrum des Rap-Kosmos zu machen ?

Überhaupt nicht. Für mich ist HipHop die sozialverträgliche Aufarbeitung meiner Erlebnisse. Erst mit der Musik hab‘ ich gemerkt, wie wertvoll das Leben ist. Ich hab Panik davor, dass das Leben an mir vorbeizieht – auch weil ich immer druffbin. Ich setze einiges daran, mit Musik weiter mein Geld zu verdienen und nicht wieder auf Sozialhilfe zu kommen.

Nervt dich deine Sucht?

Ich beneide Leute, die nicht mehr kiffen. Bevor ich mir morgens nicht einen geknattert habe, steh ich erst gar nicht auf. Ins Bett gehen funktioniert auch nicht ohne, und wenn ich nachts aufwache, rauch ich mir zum Einschlafen wieder einen. Was ich in meinem Leben schon für Drogen ausgegeben habe, hätte ich heute gern für andere Sachen. Dann hätte ich den Führerschein (bei diesem komplexen Gedankengang rülpst Ferris ausgiebig), eine geil eingerichtete Wohnung und überhaupt…

Das klingt ziemlich geläutert, trotzdem gefällst du dir prima in der Rolle des kaputten Freaks. Kannst du zwischen Rapper und Privatperson trennen ?

Das vermischt sich manchmal, weil ich immer echt sein möchte. Hin und wieder grenzt das ans Schizophrene. Ich krieg die Trennung aber immerhin, wenn’s um Ämterkram und Rechnungen geht. Dann bin ich ganz Sascha Reimann, einer von vielen. Und ich wollte immer einer wie keiner sein.

Do helfen dir deine künstlerischen Alter Egos.

Genau! Ich bin der Mann mit den 1000 Gesichtern, das Reimemonster, Fertich MC, Marilyn Mongo, der Billy Idol des Rap … es macht Spaß, in diese Rollen zu schlüpfen. Bin ich Prolo, bin ich König! Ich stelle Menschen dar, die ich nicht bin. Dann wieder verkörpere ich Gestalten, in denen sich viel von mir findet. Ob die Leute sehen, was echt, Entertainment oder nichts als Show ist, ist deren Ding. So ist audiobiographie ein absolut unvergleichliches Album geworden, auf dem der Battle-Gedanke immer mit dabei ist.

Jetzt gibst du schon wieder so entsetzlich an. Bei mir ist höchstens der Haustürschlüssel immer dabei.

So ein Album ist für einen Musiker wie für einen Sportler die Goldmedaille. Ich will Erfolg haben mit meinem Scheiß, Kommerz ist okay! Mein Echtsein geht zusammen mit dem Willen, Platten zu verkaufen. Ich will rein in die Charts, ich will, dass meine Arbeit super bezahlt wird.

Damit es soweit kommt, verschlampst du schon mal diskret die eigenen Ideale. Einerseits disst du in „Popstarz“ den Casting-Wahn, andererseits duettierst du mit Vanessa „Igelschnäuzchen“ Strahler.

Ichseh da keinen Gegensatz.

Ich schon. Oder ging es nur darum, sie flachzulegen?

Hab ich bisher nicht; dafür war auch nicht die Zeit. Ihre Plattenfirma hat bei mir angefragt, ob ich mit ihr zusammen einen Song aufnehme. Keine Ahnung, wie die auf mich gekommen sind, aber mich hat die Neugier getrieben, was dabei wohl rumkommt.

Bisher für „Fiesta ‚ ein Platz in den Top30…

.. . und noch viel mehr. Ich komm von der Straße, ich hab das Produkt in der Hand, was ich anbiete. Da interessiert es mich, wie diese Casting-Kandidaten in eine Schiene reingepresst werden, in der sie funktionieren müssen. Ist doch ein schöner Gegensatz.

Siehst du dich als Resozialisierungshetfer für Sternchen, nach denen bald kein Hahn mehr krähen wird?

Warum nicht? Ich hab meine Strophe für „Fiesta selbst geschrieben, Vanessa ihre nicht – aber sie hätte immerhin nein sagen können zur Zusammenarbeit mit mir. Hat sie aber nicht. Sie hat bei mir so’n bisschen diesen Porzellanpüppchen-Bonus, aber es ist ja auch nicht so, dass ich von der Kollabo nicht profitiert hätte. Dass ich ihr einen Weg aus der Casting-Mühle aufzeigt habe, ist die eine Seite. Die andere: RTL hätte nie freiwillig über mich berichtet. So mussten sie.

Müssen wir damit rechnen, dass der gute Mensch in dir noch anderen DSDS-Gestalten auf die Sprünge hilft?

Nein, die anderen, die ich getroffen habe, fand ich alle unerträglich. Die anderen Tanten – Gracia, Juliette, Küblböck: alles furchtbare Nervensägen. Vanessa ist die Einzige, die nicht dauernd rumzickt und auch mal einen kifft. www.ferrismc.de