Björn Dixgard im Interview


Mando Diao-Frontmann Björn Dixgard über das neue Album NEVER SEEN THE LIGHT OF DAY, eine Pause von Mando Diao und seine Solo-Tour.

Wenn Ende Oktober das vierte Mando Diao-Album

NEVER SEEN THE LIGHT OF DAY

erscheint, sind vier seiner Protagonisten, Gustaf Norén, CJ Fogelklou, Samuel Giers und Mats Björke, erstmal von der Bildfläche verschwunden.

Mando Diao

schicken zum ersten Mal ein neues Album nicht sofort auf Tour, sondern gönnen sich eine Pause. Nicht so

Björn Dixgard

, seit acht Jahren neben Gustaf Norén Sänger und Gitarrist bei Mando Diao – er geht ab Mitte November auf Solotour „with special friends“.

Als wir uns vor gut einem Jahr zum ersten Mal getroffen haben, hattet ihr euch gerade in euer kleines Studio zurückgezogen, um fern von allen äußeren Einflüssen herauszufinden, wo es mit Mando Diao in Zukunft hingehen soll. Im Rückblick erscheint diese Zeit als wichtige Weggabelung eurer künstlerischen Entwicklung. Björn Dixgard:

Wir sehen das gar nicht als so besondere Zeit. Wir hatten diese Richtung schon lange zuvor eingeschlagen. Eine Vision für die Zukunft zu entwickeln ist ein fortlaufender Prozess. Wir nützen jeden Moment, den wir nicht auf der Bühne stehen, um über unsere Musik nachzudenken. Das haben wir zurück- gezogen gemacht, aber auch in einem überfüllten Tourbus.

Das neue Album NEVER SEEN THE LIGHT OF DAY entfernt sich ziemlich weit von eurem gewohnten Sound – man kann sich gar nicht vorstellen, dass so ein Wandel in einer kurzen Tourpause stattfindet. Björn Dixgard:

Die meisten Songs sind während des letzten Weihnachts- urlaubs entstanden. Ich und Gustaf haben vorab nicht viel diskutiert, wir wollten einfach Songs spielen, die sich für uns neu anfühlen. Dann hatten wir zwei Wochen im Studio mit Björn Olsson, bevor die Tour wieder losging. Wir haben nicht viel nachgedacht, wir haben die Songs einfach live mit der Band aufgenommen und dann mussten wir den Großteil der Nach- bearbeitung Björn überlassen – da kommen dann die Streicher- und Chorarrangements ins Spiel. Dass das Album so schnell entstanden ist, liegt zum einen daran, dass wir ständig neue Musik rausbringen wollen. Zum anderen ist es das letzte Album in unserem momentanen Plattenvertrag, und wir wollten dieses Kapitel beenden, lieber früher als später. Wir sind sehr neugierig, was uns jetzt erwartet.

Ihr habt immer viel davon gesprochen, welchen großen Einfluss die Beatles auf eure künstlerische Entwicklung hatten; bei ODE TO OCHRASY kam dann Dylan ins Spiel – wer war diesmal der größte Einfluss? Ich würde ja sagen Phil Spector und Lee Hazlewood… Björn Dixgard:

Nein, die nicht wirklich… Obwohl wir beide sehr viel gehört haben. Wenn es bei dieser Platte einen besonderen musikalischen Einfluss gab, dann ist es vor allem schwedische Folkmusik, ganz zurück zu den Wurzeln. Dieses Album handelt von Schweden im allgemeinen und von Dalarna im besonderen.

Ihr wolltet schon lange ein ganzes Album mit Björn Olsson machen – wie ist es jetzt so schnell dazu gekommen? Björn Dixgard:

Björn ist ein sehr spezieller Typ. Wir wollten wirklich, dass er ODE TO OCHRASY produziert, aber aus Gründen, die nur er kennt, hat das nicht hingehauen. Diesmal war er wirklich bei der Sache, und darüber waren wir sehr froh.

Wie weit ging Björns Einfluss auf NEVER SEEN THE LIGHT OF DAY? Björn Dixgard:

Er hat an zwei Songs mitgeschrieben und wie gesagt den Großteil der Nachbearbeitung übernommen. Björn ist ein sehr ruhiger Mensch, er hat sehr geholfen uns „runter- zuholen“, im positiven Sinne. Dort, wo wir normalerweise zu viel Gitarren verwenden und einen Haufen Geschrei, hat er uns dazu bewegt, das Klangbild zu reduzieren.

Vor einem Jahr habt ihr laut darüber nachgedacht, dass irgendwann – wenn ihr älter seid und Familien habt – Schluss ist mit dem pausenlosen Tourleben. Das klang damals sehr weit weg – jetzt ist Gustaf Vater geworden, und zum ersten Mal geht ihr mit einer neuen Platte nicht sofort auf Tour. Ist das der erste größere Break für Mando Diao? Björn Dixgard:

Das ist der erste Break seit wir angefangen haben, ja. Aber nicht nur wegen Gustafs Vaterschaftsurlaub. Wir brauchen alle eine Pause vom Touren. Wir haben jetzt sechs Jahre am Stück getourt und Platten rausgebracht. Wir wollen nicht das Gefühl kriegen, dass es nur noch Routine ist. Diese Pause gibt uns die Möglichkeit, unsere Batterien aufzuladen und uns einfach zu treffen und zu proben, was wir in den letzten fünf bis sechs Jahren nicht gemacht haben, weil wir keine Zeit dafür hatten. Das wird uns auch die Möglichkeit geben, mehr an unserem Songwriting-Prozess zu arbeiten und zur Abwechslung tatsächlich ein Privatleben zu haben. Vielleicht ist es auch für unser Publikum ganz gut, uns ein bisschen zu vermissen.

Du gehst jetzt erstmal solo auf Tour – was wird auf diesen Konzerten passieren? Björn Dixgard:

Ich werde meine eigenen Versionen all meiner Lieblings-Mando-Songs spielen. Ich bringe einen Percussionisten und einen Trompeter mit, singe und spiele Gitarre. Es wird viel ruhiger als Mando Diao, zeigt vielleicht eine andere Seite an mir. Ich habe die Idee, bei manchen der Shows einen Gast einzuladen, und ich bin ziemlich sicher, dass Gustaf einer davon sein wird. Das klingt vielleicht etwas widersprüchlich, zu sagen, dass wir eine Pause vom Touren brauchen, und dann meine eigene Tour zu starten, aber das ist eine Idee, die ich und Gustaf schon lange hatten, und jetzt schien die beste Zeit dafür zu sein. Das ist just for fun und soll keine Zeit abziehen von Mando Diao.

NEVER SEEN THE LIGHT OF DAY ist viel elaborierter als seine Vorgänger, sehr sophisticated. Am weitesten weg von eurem alten Sound geht „One Blood“, in dem Gustaf und du eher wie Schauspieler agiert, nicht wie Sänger. Wie kam es zu diesem sehr nach den 80ern klingenden Spoken-Word-Stück? Björn Dixgard:

He he, wahrscheinlich hast du recht. Die Idee war, einen Song wie „I Can’t Go To Sleep“ von Wu-Tang Clan zu machen. Es war uns egal, ob das zum restlichen Album passt. HipHop war immer eine wichtige Inspiration für uns, vor allem für Gustaf. Ich glaube, das hört man auch an Songs wie „Sheepdog“ oder „Paralyzed“.

Die große Mando Diao-Reportage gibt es im neuen MUSIKEXPRESS auf Seite 46 bis 49.

Michael Wopperer – 15.10.2007

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