Blicke hinter die Fassade: Prison Photography Blog


Entstanden als Notlösung und aus Empörung zugleich, ist Pete Brooks „Prison Photograph"“-Blog ein Beispiel dafür, wie Blogs persönliche Anliegen zu öffentlichen Debatten machen können

Der Engländer Pete Brook machte 2004 einen Master in Manchester, hatte eine Freundin in Kalifornien und suchte nach einem Weg, wie es ihn an die amerikanische Westküste verschlagen könnte. Als er von einem kleinen, ehrenamtlich geführten Museum im San-Quentin-Gefängnis erfuhr, beschloss er, dieses Thema zum Gegenstand seiner Masterarbeit zu machen. Doch je umfangreicher er recherchierte, desto empörter ließ ihn die Gefängnisrealität zurück: In den letzten 30 Jahren hatte sich die Insassenanzahl in amerikanischen Gefängnissen vervierfacht –  1 aus 100 US-Bürgern sitzt im Gefängnis –  doch in nicht wenigen Fällen muss man sich die Frage stellen, ob eine Gefängnisstrafe finanziell und moralisch sinnvoll ist. Statt auf Alternativen stieß Brooks auf stoische Akzeptanz. Und so beschloss er, die Fotografie zu nutzen, um wenn schon nicht Veränderung, dann zumindest eine erweiterte Sicht auf die Dinge herbeizuführen.

Seither präsentiert Pete Brook auf seinem Blog Prison Photography die Gefängnis-Projekte unterschiedlichster Fotografen, setzt sich mit Fragen der medialen Wahrnehmung und Manipulation auseinander, damit, wie unpopulär das Thema sowohl auf politischer als auch gesellschaftlicher Seite ist. Und sein Blog bietet den Raum für einen komplexen Einblick in ein zutiefst geschlossenes System. Brooks sieht sich weder als Aktivist, noch ist er der Illusion erlegen, mit seinem Blog tatsächlich Strukturen verändern zu können. Ihm geht es um Wahrnehmung. Die zu verändern oder zumindest zu sensibilisieren, daran ist ihm gelegen. Und so geht der Engländer nun auf eine 12-wöchige Reise durch die USA, um mehr als ein Dutzend Fotografen zu interviewen, die sich in unterschiedlichen Herangehensweisen mit dem Thema Gefängnis auseinander gesetzt haben. Unter ihnen werden legendäre wie Danny Lyon sein, kommerziell erfolgreiche wie der New Yorker Hip-Hop Fotograf Jamel Shabazz, Jenn Ackermann, die für ihre multimediale „Trapped“-Serie mit einem Emmy Award ausgezeichnet wurde oder auch Deborah Luster, die aus ihrer Trauer über den Mord an ihrer Mutter Kreativität schöpfte und mehrere Jahre Porträts in Gefängnissen in Louisana schoss.

Aus der Interview-Reihe soll ein frei verwendbares Audio-Archiv bei Creative Commons entstehen, eventuell ein Buch. Das Geld, das er für seine Reise benötigte, hatte Brooks dank der Crowdfunding-Plattform Kickstarter schon vor Ablauf seines Aufrufs zusammen. Ein Fakt, der seinem Anliegen Recht zu geben scheint.

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