Blind Date – Elvis Costello


Der „Blind Date‘ -Kandidat tappte diesmal nicht im Dunkeln. Declan McManus, als Elvis Costello unser Mann unter den Kopfhörern, gewann das heitere Musik-Raten souverän mit 7:3 Punkten. Aber Elvis zeigte sich nicht nur gut informiert, er langte auch richtig hin, als es darum ging, taube Nüsse, Windbeutel und sonstiges Grobzeug unter den Kollegen auszusortieren.

Carmel: „Bad Day

(Macht nach den ersten Tönen den Recorder aus). „Viel zu einfach. Vielleicht habt ihr es nicht gewußt, aber mein Keyboarder Steve Nieve spielte auf diesem Stück die Orgel. Nun gut, ich finde Bad Day sehr, sehr gut. Ein wirklich exzellenter Song. Bei meinen Amerika-Trips hatte ich die EP immer dabei für die Radioprogramme, wo Musiker als Discjockeys fungieren. Alle waren begeistert, gaben „Carmel aber wenig Chancen, weil sie stellenweise ja richtig schwarz gospelt. Ich mag nicht alle Stücke ihres Debüts. ,Bad Day‘ jedoch ist ein Volltreffer.“

Tom Waits: „Swordfishtrombone

(Stirnrunzeln, die Miene heitert sich auf) „Mein Gott, das muß Tom Waits sein. Meinst du, ich kann die Cassette behalten? Dann könnte ich mir das Stück noch öfter anhören. Ist das ein Song von seinem neuen Album? Prima!

Großartig, wie er double bass und Marimba einsetzt. Ich bin ein Tom Waits-Fan. Viele werfen ihm vor, daß er den ’singenden Kerouac‘ nur mimt, aber er lebt dieses Leben ja wirklich.

Hast du ihn schon einmal live gesehen? Waits ist ein perfekter ‚mover‘. Man behauptet immer, Mick Jagger sei ein begnadeter Performer, aber Waits ist geradezu ein Ballettänzer. Mit wenigen Bewegungen illustriert er ganze Geschichten. Und er ist natürlich ein selten guter Texter.“

Willpowers: „Adventures In Success“

(Hört mehrere Minuten, spult zurück, verzieht das Gesicht) „Schrecklich, das sind diese alten Hippies, die wohl zu viele Drogen geschluckt haben. Mag ich absolut nicht. Kannst du mir sagen, was das eigentlich soll? Das ist kein Song, das ist Unsinn.“

PIL: „This Is Not A Love Song“

„Klare Sache, John Lydon und PIL. Mr. Lydon wußte ja immer schon, daß er weder ein Sänger noch ein Musiker ist – und er selbst hat daraus niemals einen Hehl gemacht. Die frühen PIL-Alben fand ich ganz gut, weil die Band damals noch versuchte, andere Wege zu gehen. Mittlerweile aber ist auch aus diesem Unternehmen die Luft raus. Wie können die sich entblöden, ein Live-Doppelalbum mit altem Material herauszubringen? Sind die so faul oder halten die den Plattenverkäufer für blöd?“

Troy Tate: „I’m Mad“

„Wer ist das? Paul Haig? Nein? Jedenfalls versucht da jemand, kolossal auf John Cale zu machen. Ein übler Text – nur Seifenblasen, aufgeblähter Unsinn. Außerdem frage ich mich, warum diese Pop-Nümmerchen alle gleich klingen. Der Sound ist veraltet. Die rennen irgendwelchen überholten Vorstellungen hinterher und verwaschen mit ihren Synthesizern die wenigen Reste eigener Ideen. Sag mir, wer das ist? Dann will ich es schnell vergessen.“

Sowie: „Modern Love

„4:2 für mich, das ist Bowie. Finde ich absolut langweilig. Das ganze LET’S DAN-CE-Album ist meiner Ansicht nach bloß eine exzellente Produktion – die Songs sind schlichtweg hohl, nichtssagend, ja, das sind überhaupt keine Songs! Irgendwann nach HEROES habe ich das Interesse an Bowie verloren. LODGER war noch eine LP, die besser wurde mit jedem Hören. LET’S DANCE langweilt mich mit jedem Ton mehr. Wenn ich .China Girl‘ in der Iggy Pop-Version mit Bowies Remake vergleiche, schneidet er schlecht ab. Das ist nur noch eine glatte Produktion ohne Gefühl und Kanten. Die diesjährige Bowie-Show habe ich nach einer Viertelstunde verlassen.“

XTC: „Love On A Farmboy’s Wages“

(Lächelt) „Wunderbar – XTC. Steh‘ auf die Band, weil sie immer das Gegenteil von dem macht, was man von ihnen erwartet. XTC ist ein Schulbeispiel wirklich englischer Clevemess. Die Jungs sind so clever und smart, daß sich die Presse mittlerweile schwertut mit ihnen. Ihre Alben gefallen mir nicht durchgehend, aber stets sind einige Juwelen darauf zu finden. ,Great Fire‘ und auch dieses Stück hier finde ich phantastisch. Zudem liebe ich den Sound der akustischen Gitarren.“

U2: „40 (How Long)“

„Wer ist das? Dauernd singt der Typ ,40 how long‘ und dann passiert nichts. Aufgeblasenes Bombast-Arrangement. Steckt da etwa Steve Lillywhite dahinter? Der kriegt mit seinen Monster-Produktionen alles kaputt. Ich habe bestimmt nichts gegen knallige Drum-Sounds. aber als Selbstzweck…? Ich komme wohl nicht dahinter, wer das ist? …Ach, U2! Hat mir nie gefallen. Keine Transparenz. Bullige Klangwände, Matsch.“

Gary Numan: „I’m Render“

„Das muß Gary Numan sein. Den kann man doch nicht ernst nehmen, oder? Hast du dieses Cover gesehen mit dem idiotischen Warrior-Outfit. Lächerlich! Ich habe den noch nie für voll genommen. Auch hier wieder diese textliche Pose: ,I’m Render, I’m Mad‘, Blahblahblah. Mit der Tubeway Army hat er ja immer nur rumgeschrubbelt. Hier versucht er wenigstens, rhythmisch Abwechslung in die Sache zu bringen. Trotzdem – Niete!“

Joachim Witt: „Märchenblau“

(Grinst) „Ist klar, daß ich diesen Namen nicht erraten kann. Aber ich gehe wohl recht in der Annahme, daß es sich um einen Deutschen handelt. Die Melodie erinnert mich an irgend etwas – das klingt wie ,Love Is A Drug‘. Deutsch als Gesangssprache klingt für mich immer noch sehr hart. Er könnte die zärtlichsten Liebes-Beteuerungen von sich geben, und trotzdem hätte ich den Eindruck, er schreit mich an.“