Blind Date – Marius Müller Westernhagen/Nick Woodland


So mußte es ja mal kommen. Obwohl unser Blind Date bei Herrn Westernhagen angekündigt war, gab es ein blasses Gesicht, als es zur Sache ging. So habe er sich diese Kiste nicht vorgestellt, wand sich MMW. Es sei einfach von ihm als Musiker zuviel verlangt, andere Musiker, also Berufs-Kollegen zu kritisieren. Das wäre ja schließlich Job der Kritiker. Marius war am Tag nach der Tour-Premiere immer noch unruhig vom Push des Vorabends und sah sich zunächst außerstande,, genau zu definieren, was ihm gefiel und was nicht. Durch Unterstützung des Gitarristen Nick Woodland, der spontan beim Blind Date mitmachte, gelang es uns schließlich doch noch, Marius zumindest etwas abzutauen und ihm die eine oder andere persönliche Bemerkung zur Musik seiner Kollegen zu entlocken. ..

Trio: „Bum Bum“

Nick: Hört sich an wie Trio. Also, das ist doch ein ziemlicher Trio-Verschnitt. Ist langweilig, banal. Was 9 Das sind Trio? Traurig, traurig, das ist an der Grenze zum Schwachsinn. Die gefielen mir früher viel, viel besser.

Marius: Kein Kommentar, Trio sind meine Freunde.

Geier Sturzflug: Bruttosozialprodukt

Nick: Oh, yeah, das hab ich schon oft gehört, das bringt’s. Irgendwas mit einem Vogel. Das find‘ ich zum Beispiel zehnmal besser wie die Trio-Kiste. Witziger Text, die Musik geht so grade.

Marius: Ja, guter Text. Gut, daß die Nummer jetzt hochgeht. Wird Zeit, daß sich Ironie und Witz durchsetzen.

Herbert Grönemeyer: „Kaufen“

Nick: Wer ist das?

Marius: Grönemeyer. Der ist ganz gut, der Junge. So gut wie hier war der noch nie.

Ich habe ihn mal getroffen, als er noch nicht so im Geschäft war. Damals kam er mit der deutschen Sprache noch nicht so klar. Er hat aber offensichtlich sehr hart an sich gearbeitet.

Nick: Ich glaube, wenn er nur so ’ne Musik macht, daß er wohl Zukunft hat. Bemüht sich ordentlich dieser…wie heißt der noch-… Grönländer.

Thomas Dolby: „She Blinded Me With Science“

Nick: Das ist doch, na, eben lag’s mir noch auf der Zunge.

Marius: O-na-nie!

Nick: Was, Thomas Dolby?

Marius: Thomas Dolby? Ist das ein Deutscher, oder was?

Nick: Nee, das gibts doch nicht. Das klingt wie eine typische Kopie. Anglo-amerikanischer Misch-Masch.

Marius: Elektronik-Pop hat sich doch schon längst erledigt jetzt. Alles was da noch neu kommt, klingt wie ’ne Kopie von was anderem.

Nick: Es sei denn die Typen haben durch den Text was zu sagen, aber bei Mister Dolby kann davon nicht die Rede sein.

Culture Club: „Church Of The Poisoned Mind“

Marius: Klingt wie die Supremes im Quartett mit Junior Walker. Motown-Sound ist wohl im Kommen, höre ich immer öfter. Wer ist das? – Oh, Culture Club.

Nick: Tolle Stimme hat der Boy.

Marius: Ja, da kann man nicht meckern. Aber der Typ sieht aus wie eine ansteckende Krankheit.

Nick: Die Weiber stehen aber auf ihn. Marius: Die Weiber stehen auf alles, was berühmt ist.

Georg Danzer: „Es ist so schön, ein Schwein zu sein“

Nick: Banal, das ist primitivste Disco-Musik.

Marius: Übler Text, die Ironie kommt nicht rüber. Da gibt’s ’ne Nummer von Ideal zu dem Thema, wo das wesentlich besser abfährt. Oh Mann, das ist der Danzer? Das versteh ich echt nicht, der hat doch sowas nicht nötig!

Nick: Das ist doch blöd, jetzt so einzusteigen, bei seinem Ruf. Musikalisch und textlich ist das einfach dumm.

Gabi Delgado: „History Of A Kiss“

Marius: Läuft da immer noch das Gleiche? – Delgado? Der von DAF?

Nick: Kann ich nichts mit anfangen.

Marius: Ich glaube, daß die Sachen auch extra so produziert worden sind, daß man nichts damit anfangen kann. Für meine Begriffe ist die Art von Musik rein für Discotheken produziert. Das geht auf der einen Seite rein und auf der anderen wieder raus. Totaler Konsum, das ist für den totalen Verbrauch hin produziert. Die ideale Musik für den Supermarkt.

Nick: Im Gegensatz zu DAF ist das für Gabi schon ein Fortschritt.

Icehouse: „Streetcafe“

Marius: Erinnert mich an Gerry Rafferty Glatte, professionelle Pop-Musik.

Nick: Das ist diese Gruppe aus Australien Schön in der Tradition gekonnter englischer Pop-Musik. Gutes Handwerk, läuft wie geschmiert.

ZZ-Top: „Gimme‘ All Your Lovin!“

Marius: ZZ-Top! Hör mal, wie der die Klampfe abfahren läßt. Total guter Live-Act Zu Hause würde ich mir das nicht unbedingt auflegen. Aber live dabeisein, das wär ma ein Ding.

Nick: Ne ganze LP kann ich mir auch nicht reintun.

Marius: Auf die Dauer zuviel Gedröhne Die ständige Power kann auch nerven.

David Bowie: „Let’s Dance“

Marius: Bowie, klar, läuft überall.

Nick: Der ist nach wie vor ein ganz Großer.

Marius: Der ist einer, der es schafft, Elektronik mit Rhythm’n’Blues zu verbinden. Engagiert und mit Seele, fasziniert mich.

Nick: Der bringt halt auch vom Kopf her, vom Bewußtsein was mit. Da stimmt alles auf den Punkt.