Boom Box: Warum Future aus Atlanta mehr Zukunft als Outkast hat


Outkast haben sich mit ihrer faden Retro-Show endgültig selbst beerdigt. Ihre Heimatstadt Atlanta aber lebt.

Dem Stadium als politisch korrektes Wüstenweekend für privilegierte Kalifornier ist das Coachella-Festival deutlich entwachsen. Längst herrscht verschärfter Event-Alarm. Erstmals wurden in diesem Jahr beide Wochenenden live über YouTube und den Bezahlsender AXS TV übertragen. Twitter erledigte den Rest. Einfach nur eine gute Show will da niemand mehr abliefern.

So präsentierte Lana Del Rey ihre neue Single, Skrillex sein neues Raumschiff und die zahlreichen HipHop-Acts ihre Telefonbücher in echt: Nas holte Jay Z auf die Bühne, Chance The Rapper Justin Bieber, Pharrell alle anderen. Die eigentliche Sensation des Wochenendes, der erste gemeinsame Auftritt von Outkast seit ungefähr 50 Jahren, geriet bei so viel Spektakel fast zur Nebensache. Nicht mal zum Gossip wollte die Show des stillschweigend verkrachten Südstaaten-Duos gereichen. Andre 3000 und Big Boi schienen sich weder zu hassen noch an der Magie des Momentes zu erbauen. Sie spulten einfach nur ihr Programm ab und fragten sich am Ende offenbar selbst, ob es das jetzt schon war mit der vermeintlichen Sensation des Popjahres.

Die ewigen Futuristen Outkast wirkten als Oldie-Revue fehl am Platz. Der junge Kollege, mit dem Outkast den Moment ihrer endgültigen Rolling-Stonisierung teilten, nennt sich übrigens Future. Das ist eine feine Volte des Schicksals, denn genau das ist er auch: die Zukunft der stolzen Musikmetropole Atlanta. Ähnlich wie Drake kann Future sowohl rappen als auch auf sehr eigene Weise singen; Hits landet er dabei mit erstaunlicher Regelmäßigkeit. Der Flow auf „Shit!“ etwa, bei dem TAT-SÄCH-LICH JE-DE SIL-BE BE-TONT WIRD, ist schlicht unwiderstehlich und derzeit eine beliebte Blaupause in der Branche. Das Album HONEST schließt da nahtlos an: radikale, immanente Momentmusik, der man sich kaum entziehen kann. Die Koop mit Andre, „Benz Friendz (Whatchutola)“, klingt genauso gut, wie sie sich liest. Und damit besser als eine ganze Stunde Outkast.

Diese Kolumne ist in der Juni-Ausgabe 2014 des Musikexpress erschienen.