Compact Discs


Die sichersten Aktien waren in den letzten Wochen wohl doch Cds: Sie blieben ganz schön hoch im Kurs. Die Abgabepreise der Fabriken sanken, die Fertigungsqualität stieg. Nur der Preis, den man als Käufer berappen durfte, blieb erst einmal auf breiter Front stabil. Der „Silberling“ ist weiterhin eine Goldgrube. Ein Streifzug von Franz Schaler.

Verramscht wird mittlerweile so manches, etwa die Mono-CDs der frühen BEATLES. Preiswert erstehen kann man einiges von JOAN ARMATRA-NNGS Hit -Kompilation TRACK RECORD (A&M 394987-2) bis zum STONES-Meisterstück EXILE ON MAIN STREET (CDCBS 450196-2). Aber trotz zunehmender Midprice-Angebote kann von Billig-Flut keine Rede sein — erst recht nicht, wenn man berücksichtigt, daß es sich anders als bei vergleichbaren Klassik-CD-Serien weitestgehend nicht um hochrangige Archiv-Ausgrabungen handelt, sondern um Antiquitäten ohne sonderlichen künstlerischen, pophistorischen oder Raritäten-Wert für Sammler.

Kunoserweise ist manches bei uns schneller auf CD als Import zu haben, nach dem Bestseller GUITAR TOWN (MCAD-5713/USA) des neuen Counrry-Stors STEVE EARLE jetzt auch seine EARLY TRACKS (Epic EK 39226) oder interessante Neuheiten wie GHOST ON THE BEACH von den IN-SIDERS (Epic EK 40630) und HONOR AMONG THIEVES von den BRAN-DOS (Relativify Records 88561 -8192-2/US-lmport), die sicher zu den besseren neuen Guitar-Bands Amerikas zählen. Zu diesen Importen zählen auch Produktionen jüngsten Datums wie das mit viel begleitender Prominenz (RY COODER, JOHN FOGERTY, JEFF LYNNE, DAVID LINDLEY) eingespielte Comeback von DUANE EDDY (Capitol CDP 746897-2/Electrola ASD), MARSHAU CRENSHAWS MARY JEAN & 9 OTHERS (Warner Bros. 925 583-2/TIS), ALBERT LEES hervorragend aufgenommenes zweites Instrumental-Album GAGGED BUT NOT BOUND (MCA Master Series 255 075-2/TIS) oder LORD OF THE HIGHWAY von JOE ELY (Hightone HCD 8008, auch über TIS), das die erstaunliche Wandlung des Country-Neutöners von 1977 zum Rock’n’Roll erster Güte dokumentiert. Was im übrigen viele Veteranen und Superstars des Pop/Rock-Gewerbes in diesem Jahr — natürlich prompt auch auf CD — zu bieten hatten, gab kaum Anlaß zu Euphorie, egal ob man es mit SOWIE oder MICHAEL JACK-SON, MNK FLOYD oder NEIL YOUNG zu tun hatte. Eine Ausnahme war da doch BRUCE SPRINGSTEENS TUNNEL OF LOVE (CDCBS 460270-2) — trotz der Durchhänger und der Tatsache, daß sich NEBRASKA immer mehr als seine künstlerisch dichteste und überzeugendste Arbeit herauskristallisiert. Und VAN MORRISONS POETIC CHAMPIONS COMPOSE (Mercury 832 585-2), das sicher nicht denselben Rang einnimmt wie COM-MON ONE und wohl kaum Überraschungen bot, aber in der Substanz von so souveräner Könnerschaft zeugt, daß teuer produzierte Selbstplagiate wie BAD sich dagegen doch etwas dürftig ausnehmen. Überhaupt ist das mit teurer Produktion unter Superstar-Direktiven so eine Sache. Neues Beispiel dafür; WILLY DEVILLES MIRACLE (Polydor 833669-2), das sehr gute Momente hat und rein technisch sein bestaufgenommenes Album ist. Aber vergleicht man mal seine Version von VAN MORRISONS „Could You Would You“ mit dem aufnahmetechnisch miserablen und verzerrten Them-Original, dann rückt das die Dinge doch wieder zurecht. Da konnten sich Willy und sein Produzent Mark Knopfler noch so reichlich avancierter Studiogeräte bedienen, das Resultat bleibt sängerisch erstaunlicherweise zwei Klassen schlechter. Wo die Musiker oder Produzenten reichlich Kredit haben bei ihren Firmen, merkt man das den CDs natürlich an — siehe die letzten Veröffentlichungen von WHITNEY HOUSTON oder PINK FLOYD in Super-Duper-Techno-Perfektion. Was ansonsten 1987 an herausrogenden CDs erschien, hatte selten hunderttausende von Dollars an Produktionskosten verschlungen, Neues von John Hiatf oder EDDIE HINTON so wenig wie von WARREN ZEVON und ROBBIE ROBERTSON. Und schon gleich gar nicht die gut 70 Minuten des LIVE AT WINTERLAND-Mitschnitts, der die Jl-Ml HENDRIX EXPERIENCE des Jahres 5968 in überragender Form dokumentierte. Wo dann doch alles paßte, hatte BROTHERS IN ARMS-Produzent Neil Dorfsman seine Hände im Spiel — nicht zuletzt wohl auch an den Mischpult-Knöpfen: STINGS. . NOTHING LIKE THE SUN (AÄM 393 912-2) qualifizierte sich mit exzeptioneller Aufnahmequalität als „Grammy“-Anwärter für „best engineering“. Um von dieser Qualität nichts zu verschenken, wurden die gut 50 Minuten Musik auf vier LP-Seiten überspielt. Was mühelos auf eine CD paßt, wollte Sting den Plattenkäufern nicht in „K-Tel-Qualität“ zumuten. Genau das hatte sich vor zehn Jahren auch schon JONI MITCHELL überlegt. Jetzt ist das Doppelalbum DON JUAN’S RECKLESS DAUGHTER mit knapp 60 Minuten Spielzeit auf einer CD erhältlich (Asylum 701 -2/US-lmport durch L&P Berlin, Disco Center München u.a.) und bietet originale

Aufnohmequaliröt unverfälscht auch dort, wo Jaco Pastorius am Baß abgrundtiefe Klänge produzierte, die vorher manchen Tonabnehmer überfordert haben dürften.

Auch diverse andere Joni Mitchell-Aufnahmen wie CLOUDS oder HEJIRA gehören in die Liste der besten Backkatalog-Veröffentlichungen des Jahres auf CD. Was auf Laserplatte 1987 erstmals zugänglich gemacht wurde an älteren Aufnahmen, ist so armselig wirklich nicht. Meine persönlichen Top Ten, die jeder besseren CD-Sammlung zur Zierde gereichen würden, wären am Ende wohl die folgenden:

DUANE ALLMANS AN ANTHOLO-GYVOL. l(Polydor831 444-2) THi BEATLES mit HELP (Parlophone CDP 746439-2), das neben BEAT-LES FOR SÄLE wohl doch aufnahmetechnisch Beste, was George Martin mit den Fab Four gelang.

JACKSON BROWNES RUNNING ON EMPTY (Asylum 253070) THE BYRDS YOUNGER THAN YE-STERDAY (Edsel EDCD 227/TIS) JOHN COLTRANES A LOVE SUPRE-ME (Impulse 254 557-2) RY COODERS PARADISE AND LUNCH (Reprise 244 260) UTUE FIATS SAILIN‘ SHOES (Warner Bros. 2600-2/US-lmport) JOHN MARTYNS GRACE AND DANGER (Island/ARIS 880538) THE VELVET UNDERGROUND mit LOADED (Warner Special Products 927613-2, bislang nur US-Import) Was da auch sonst noch an hochkarätigen „Oldies“ in oft besserem Klang als zuvor auf schwarzer Scheibe als CD erschien, läßt viele aktuelle Veröffentlichungen nicht besonders gut aussehen. Und noch ist nur ein Bruchteil dessen auf Laserplatte publiziert, was zu den kleineren oder auch ganz großen Meisterwerken der Blues- und Jazz-, Klassik- und Pop-Historie zählt.

Komplett liegen mittlerweile die „regulären“ BEATLES-LPs auf CD vor. Nach MAGICAL MYSTERY TOUR (Parlophone CDP 748062-2) veröffentlichte die EMI auch ABBEY ROAD (CDP 746446-2) und LET IT BE (CDP 746447-2) — olle angeblich in digital neu gemasterter Überspielung. Woran man starke Zweifel haben darf. Der Soundtrack zu MAGICAL MYSTERY TOUR wurde ohne Korrekturen übernommen, „Penny Lane“ und „Baby You’re A Rieh Man“ von den Stereo-Originalen und „All You Need Is Love“ vom Studio-Stereo-Mix überspielt. Um eine bislang nicht auf Platte veröffentlichte Abmischung handelt es sich beim Band von „Strawberry Fields Forever“. Sammler von Beattes-Raritäten werden es zweifellos zu danken wissen.

Bis auf die arg ausgeblichenen Farbwerte des Covers, den deutlich lauteren Überspielpegel und ganz geringfügige klangliche Nuancen ist die offiziell vorgelegte ABBEY ROAD-CD mit der Japan-Rarität von EMI/Toshiba identisch. Von LET IT BE wußte man ohnehin, daß das, was Phil Spector aus den Kilometern von Magnetband ausgewählt und abgemischt hatte, dem Anspruch zum Trotz (“ This is a new phase Beatles album …“ protzte der Hüllentext) wohl doch nicht gerade das klangtechnische Beste war, was man aus dem umfangreichen Material hätte machen können.

Original-Mono und nicht „Breitklang“ oder irgendwelches Pseudostereo bietet die Firma bei der ANI-MALS-Anthologie THE SINGLES PLUS (EMI CDP 746605-2). Immerhin. Staunen darf man bei GERRY RAFFER-TYS NIGHT OWL (Liberty CDP 746610-2). Entweder lag da bei der EMI noch ein viel besseres Band im Archiv, oder aber die deutsche LPÜberspielung fiel aus unerklärlichen Gründen miserabel aus. Auf CD klingt das jedenfalls zwei Klassen besser als auf der Vinylscheibe vorher.

Dagegen schlampte man in der Veröffentlichunshektik offenkundig bei der auf CD nachgelegten ORIGINAL RITCHIE VALENS STORY (Ultraphone 8.26598) — ausgerechnet bei der sonst auf machbares Klang-Optimum bedachten Teldec.

Die GREATEST HITS VOL. I der BYRDS klingen jetzt auf CD (CBS 63 107) besser als je zuvor — bis auf „So You Want To Be A Rock’n’Roll Star“ und „My Back Pages“. Die beiden Songs gibt es auf der empfohlenen Edsel-CD von YOUNGER THAN YESTERDAY in eindeutig überlegener Klangqualität! Womit wieder mal nur bewiesen wäre, daß es aufs Original-Master ankommt, von dem hoffentlich auch mal die ersten drei Byrds-Produktionen auf Laserplatte kommen.

Beim Debüt von LYNYRD SKY-NYRD (MCAD-1685/US-lmport) ist der klangliche Zugewinn relativ zu veranschlagen, bei JAMES TAYLOR MUD SLIDE SLIM AND THE BLUE HORIZON (Warner Bros. 2561-2/US-Import) auf CD fast schon phänomenal zu nennen: akustischer Live-im-Studio-Realismus, mit dem sich der verantwortliche Tonmeister die beste Visitenkarte ausstellte.

Die GRATEFUL DEAD-Renaissance bringt jetzt nach AMERICAN BEAUTY auch spätere Aufnahmen auf CD zurück, unter anderem WAKE OF THE FLOOD (GDP Inc. GDCD 4002) und BLUES FOR ALLAH (GDCD 4001, beide über Disco Box Import).

Nicht faul waren auch die erklärten „Vinyl-Junkies“ bei Line. Erhältlich sind jetzt auf CD ältere Aufnahmen von den DB’S (STAND FOR DECI-BELS, ALCD/Aris 842009) und ROCK-MLE (SECONDS OF PLEASURE inklusive der vier Edmunds/Lowe-Interpretationen der Everly Brothers, die der LP als Single beilagen, LICD/Aris 842005) sowie die Neuheiten von KE-VIN COYNE, den FEEUES und COUNTRYJOE Auch für die besinnlichere Dreiviertelstunde gibt’s bei Line eine WiederVeröffentlichung auf CD, nämlich TIM HARDINS letzten L ; vemitschnitt THE HOMECOMING CONCERT (LICD/ Aris842040).