Das beste Album des Jahres 2014: Caribou – „OUR LOVE“


Die Musikexpress-Redaktion hat auch 2014 die Alben des Jahres gekürt. Weshalb welche Platte auf welchem Platz gelandet ist, könnt ihr online nachlesen. Platz 1 gehört: Caribou mit OUR LOVE.

Caribou – OUR LOVE

Der Widerstreit Gitarre versus Elektronik ist kein theoretisches Konstrukt, das den Köpfen verwirrter Musikjournalisten entsprungen ist, sondern so alt wie der Synthesizer und so real existierend wie das Papier, auf dem diese Kritik abgedruckt ist. Puristische Anhänger des einen werfen den puristischen Anhängern des anderen Rückständigkeit vor; die anderen den einen Dumpfbackigkeit. Und beide haben sie recht, weil sie die jeweilige Sprache des anderen nicht verstehen und Tracks nach Songparametern beurteilen und Songs nach Mustern der Repetition und Phasenverschiebung.

Ein handfester Beleg für die These ist, dass der Kanadier Dan Snaith sich bereits zuzeiten seines gar nicht einmal so unelektronischen Caribou-Albums SWIM eine Zweitidentität für elektronische Belange zugelegt hat. Grob vereinfacht: Caribou ist für den Pop zuständig, Daphni für die Clubmusik. Während dem Caribou-Album SWIM (2010) noch Etiketten wie „Folktronica“ und „ Psychedelia“ angeheftet wurden, waren sich dann alle einig, dass der Nachfolger OUR LOVE ein Elektronik-Album ist. Da durfte man auch zu Recht von der Annäherung der beiden Identitäten sprechen, nicht aber von Deckungsgleichheit.

Snaith bleibt auf seinem vierten Album als Caribou dem Popsong verpflichtet, auch wenn dieser elektronisch, housig unterwandert ist, wenn der Beat zeitgeistig-subsonisch wackelt, wenn die Kickdrum nach vorne drängt und Vocal-Samples wie ein Sekundärbeat eingesetzt werden. Aber: Welches Elektronik-Album verfügt über so eine Hitdichte wie OUR LOVE? „Can’t Do Without You“, „Silver“ „Our Love“, „Back Home“ – you name it. Welcher Produzent über ein derartiges Gespür für Hooklines und Dramatik und Songaufbau? Es wird kein Zufall sein, dass Dan Snaiths Stimme auf diesem Album ein ums andere Mal an die eines anderen großen Grenzgängers erinnert: Arthur Russell (1951–1992), der zwischen Folk, Avantgarde und Disco-House vor Jahrzehnten die gleichen Felder besetzt hat wie Dan Snaith heute. Und diese Stimme singt von Liebe. Die Liebe, die hier thematisiert wird, hat nichts von der vereinfachten, idealisierten, stereotypen Pop-Song-Liebe; selbst ein intimer, zärtlicher Song wie „Our Love“ wird umhüllt vom Hauch der Melancholie.

Der große Reiz, der scheinbare Widerspruch dieses Albums: So tanzbar war Caribou noch nie, so Pop aber auch nicht. OUR LOVE ist – sehr zu Recht – das Album geworden, auf das sich 2014 alle einigen konnten. Dass dieses großartige Elektronik-Album auch eine großartige Pop-Platte geworden ist, sagt auch einiges über den Widerstreit Gitarre versus Elektronik aus. Er mag zwar real existieren, ist und bleibt aber ziemlich blödsinnig.

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