Das Meer rückt an! Land unter beim G! Festival auf den Faröer Inseln


Weiteres vom G! Festival auf den Färöer Inseln: Weil der Atlantik den Strand wegspült, weicht der gesamte Tross auf eine Bühne aus, neben der Kinder noch nachts auf Klettergerüsten spielen. Sister Sledge ziehen ihre Show auch dort durch. Wirklich betörend und beeindruckend sind jedoch die sehr guten färingischen Electronica-Acts.

Es ist natürlich totaler Wahnsinn, die größte Bühne des Festivals direkt an den Strand ans nahende Wasser zu stellen. Noch dazu an den Nordatlantik, der seit Jahrtausenden mit den Färöer Inseln macht, was er will. Aber ohne Wahnsinn kein G! Festival, hier gehört es zum Konzept, Dinge einfach zu machen – und es halt anders zu machen, wenn die Natur es verlangt.

Am Samstagabend dann kam das Meer immer näher. Der Wind frischte auf, blies aus Richtung Süden und drückte das Wasser in die Bucht des Küstendörfchens Gøta, wo sich rund 8000 Färinger auf den letzten Festivaltag freuten. Das ist übrigens fast ein Sechstel der gesamten Bevölkerung der Färöer Inseln – nicht mal Marek Lieberberg wird es gelingen, ein Festival für 13 Millionen Deutsche zu organisieren.

Zurück ans Wasser: Kurz nach dem Konzert einer Band, die uralte Folksongs der Färöer Inseln im Mambo-Kurt-Stil gespielt hatte, war allen Beteiligten klar: Wer sich hier noch eine weitere Band anhören möchte, bekommt nasse Füße. Doof, denn als Nächstes waren die Disco-Diven Sister Sledge an der Reihe. Und mit trockenen Socken lässt es sich besser tanzen.

Gab es also nun eine große Aufregung, weil die drei Damen, die einzigen Gäste aus den USA übrigens, nicht auf der großen Bühne spielen konnten? Keine Spur. Das Wetter und das Meer haben immer Recht, das wissen die Menschen hier. Schnell wurde ein neuer Plan erstellt, das Papier aus dem Drucker war noch heiß, da zog der Tross der Sister Sledge in Richtung Spielplatzbühne, gelegen auf einem kleinen Hügel und damit vor dem Atlantik geschützt. Dass es danach anfing, erstmals heftiger zu regnen, war egal: Sister Sledge spielten ihre überaus professionelle Show, natürlich auch „ Lost In Music“ und „ We Are Family“ – und die Färinger waren glücklich.

Musikalisch gesehen gab es im Verlauf der drei Tage deutlich Spannenderes zu hören. 80 Prozent der Bands kamen von den Inseln, viele von ihnen spielten wirklich sehr gute Musik. Zum Beispiel Dánjal, Sohn einer ganzen Dynastie von Regierungschefs der kleinen Nation und damit eine Art Chelsea Clinton der Färöer Inseln. Sein Folk-Blues-Panorama-Pop ging in die Vollen: Bläser, Streicher, Chöre – alles dabei. Toll auch Högni Reistrups 80s-Pop, der auch gut auf das Melt! gepasst hätte. So wie auch Orka, zwei herausragende Elektro-Bastler, deren Sound sehr virtuos zwischen Industrial-Electronica, dem Pathos von Jean-Michel Jarre und Chillwave pendelte. Das Duo spielte nachts um zwei, es war immer noch hell und neben der Bühne spielten Kinder auf Klettergerüsten – denn wenn es hier im hohen Norden Europas mal Sommer ist, dann nimmt man so viel davon mit, wie es geht.

Sowieso, die Färinger und der Electro-Pop: Ganz am Ende des Festivals, als es nicht mehr vom Himmel regnete, sondern sich die Regenwolken auf die Inseln gelegt hatten und unablässig nasse Polster abwarfen, spielte das heimische Duo Byrta ein betörendes Set zwischen neuem R’n’B und perfekten Pop für die hintere Radiolandschaft. Die Zuschauer waren nass, die meisten zudem betrunken – und selbst das Meer hatte ein einsehen und zog sich langsam wieder zurück. Vielleicht war es einfach nur neugierig geworden auf dieses G! Festival, eines der wenigen Festivals in Europa, bei dem keiner weiß, was passieren wird. Nur dass es abenteuerlich und toll wird, da darf man sich sehr sicher sein.

Byrta:

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Högni Reistrup

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Orka:

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