Das waren noch Zeiten


Falls es jemand vergessen haben sollte: Linda McCartney hatte auch mal einen eigenen Beruf. Bevor sie Frau Popstar wurde und im Gefolge ihres Mannes die Tasten malträtierte, bearbeitete sie um einiges professioneller die Kamera. Als Autodidaktin mit abgeschlossenem Kunstgeschichtsstudium begann sie in den Sechzigern erst Bäume, dann ihre Tochter und schließlich Musiker zu fotografieren. Selbige immerhin mit soviel Feingefühl, daß sie bald hinter Bühnen aus- und einging, wie „ein Bandmitglied, dessen Instrument die Kamera war“. Sie war mit Janis Joplin shoppen, mit Jim Morrison Mittag essen, und — glückliches Ende des Rock ’n‘ Roll-Märchens — letztendlich brachte sie ein Auftrag nach London, wo sie die Beatles anläßlich der Veröffentlichung des „Sgt. Pepper“ Albums ablichten sollte. Dort lernte sie ihren Paul kennen und lieben und widmet ihre Linse seither lieber Mann und Kindern. Was nicht ins Familienalbum paßt, hat sie jetzt in einem in dem USA erschienenen Buch veröffentlicht: „Sixties. Portrait of an Era“ (Bulfinch Press, ISBN 0-8212-1959-6, 40 Dollar) dokumentiert in eindringlich einfachen Bildern die Musiker der Zeit, von B. B. King bis zu den Beatles. Vielleicht hätte sie die Finger doch lieber am Auslöser lassen sollen.