Der Film für den fan


Das Leben des Rockmusikers ist nicht gerade einfach. Wenn nicht sogar kompliziert bis schwierig. Und anstrengend ist es sowieso. Etwa dann, wenn man, am Flughafen stehendjapanische Fans trösten muss, die ob der Abreise ihrer Lieblinge Rotz und Wasser heulen. Radiohead ist dieses Szenario widerfahren. Und überhaupt ist ihnen während der über 100 Konzerte ihr „OK Computer“- Tour so einiges passiert. Sie haben sich auf Hotelfluren des Öfteren verlaufen, weil die überall auf der Wert gleich aussehen. Sie haben Stunden in dezent angeranzten Backstagen-Räumen verbracht und darauf gewartet, auf die Bühne zu gehen. Sie waren mittendrin und voll dabei in der Rockmühle, die immer mit ein und demselben Mehrkampf einher geht: Flughafen, Hotel, Soundcheck, Konzert, Hotel. Zwischendurch sinnfreie Interviews geben. Und dann auch wieder: Sinnfreie Interviews geben, Konzert, Hotel, Flughafen. Die Monotonie des ewig Gleichen, zuweilen gern auch Airtag genannt, greift an – so zuverlässig wie erbarmungslos. Auch und gerade bei fünf Männern aus Oxford, die zusammen Radiohead sind und Musik machen. Der Regisseur Crant Gee hat das Geschehen mit und um Radiohead herum abgefilmt, und herausgekommen ist dabei ein audiovisuelles Gesamtkunstwerk, das über 95 Minuten latent unentschieden zwischen den Koordinaten Dokumentarfilm, künstlerisch wertvoll, geschmäcklerisch und abgeschmackt pendelt. Gekonnt stilisiert Gee etwa ein Foto-Shooting in Japan, bei dem sich peu ä peu das Klicken der Apparate zu einem Geräuschkonglomerat verdichtet, bis es schließlich klingt wie das Trommerfeuer von Maschinengewehren. Keine Band auf dieser Welt, die sich da nicht bedroht fühlen würde. Und beinahe anrührend dokumentiert der Filmemacher den Moment, in dem Thom Yorke sein Mikro in die Menge hält und zunächst das Publikum den größten Hit der Band singen lässt: „Creep“ als massenkompatibles Leidensbekenntnis, als Hymne einer Generation, deren Sprachrohr Yorke nicht sein will. Bezeichnend, erfrischend ehrlich und zweifellos auch f uckin‘ Special, wie der Radiohead-Sänger während dieser Sequenz aus der Wäsche guckt: mit einer Mischung aus Amüsement, Resignation, Widerwillen und doch-noch-mal-singen-wollen respektive: müssen. Das macht Thom Yorke dann auch. Und bevor er singt, huscht ihm ein Lächeln übers Gesicht. Dass Crant Lee zwischendurch allerdings immer wieder allzu sehr aufs Kunstpedal drückt, ist eher lästig: schnelle Schnitte, technisch perfekte Blenden, das hektische Flirren nächtlich illuminierter Städte. Dazu das Flackern von Neonreklamen und das Kontinuum fahrender Autos, die sich Stoßstange an Stoßstange über verstopfte Straßen quälen geschenkt, alles schon x-mal gesehen. Und sogar schon von Udo Jürgens dereinst mit dem Wort „Großstadtgetriebe“ analytisch-treffend besungen. Wer nicht zwingend erfahren will, wie Radiohead wirklich sind, aber zuverlässig erfahren möchte, wie sich die Band während einer ellenlangen Welttournee mit der ganzen Palette ganz normaler menschlicher Stimmungen und Launen präsentiert, ist mit „Meeting People Is Easy“ prima bedient – auch wenn die Musik von Radiohead nicht die Hauptrolle spielt, sondern eher partikelhaft stattfindet. „Meeting People Is Easy -A Film By Crant Gee About Radiohead“ gibt es als VHS-Cassette und als DVD.