Der Popstar als Plattenboss


Die eigene Firma gehört für den gehobenen Popstar fast schon zum guten Ton. Doch was mit Idealismus begonnen wird, endet oft genug in geschäftlichen Scherben. ME/Sounds-Mitarbeiter Steve Lake sah zu, wie sich die frischgebackenen Unternehmer zwischen alle Stühle setzen.

Wie eine Menge schrulliger Ideen begann ‚auch diese mit den Beatles. Geplagt von Schuldgefühlen ob ihres geradezu grotesken Reichtums, beschlossen John, Paul, George und Ringo, eine philanthropische Plattenfirma (und mehr) namens Apple ins Leben zu rufen. Das mittlerweile bekannte Konzept lautete: Laßt uns etwas von dem Geld zurückgeben und in die Karrieren der Elenden und gänzlich Erfolglosen pumpen, verflucht sei der Kapitalismus, hilf deinem Nächsten.

Apple begann im April 1967 mit 800.000 Pfund Startkapital und schaffte es in den folgenden drei Jahren, pro Woche 20.000 Pfund Verlust zu machen. Die einzigen Hit-Alben, die Apple herausbrachte, stammten von den Beatles selbst (das sogenannte WEISSE ALBUM, ABBEY ROAD und LET IT BE). James Taylors Debüt-Album (einer ihrer raren Repertoire-Lichtblicke, aber leider verfrüht) floppte bei der ersten Veröffentlichung. Der Rest war größtenteils nur für Randgruppen interessant.

George brachte ein schönes Live-Album der indischen klassischen Meister Ravi Shankar und Ali Akbar Khan heraus (und war dem Ethno-Trend damit um 20 Jahre voraus). Er bannte allerdings auch die hirnlosen, safran-gewandeten Gesellen von „Hare Krishna“ auf Vinyl, die in London immer noch ziellos die Oxford Street auf- und abwandern.

Ringo, Gott segne ihn, kämpfte ein aussichtsloses Gefecht für den Avantgarde-Komponisten John Taverner. Paul gelang es, eine Hitsingle aus der Folksängerin Mary Hopkins zu quetschen, die sich danach für eine Karriere als Hausfrau entschied.

John, der ohnehin immer nur an sich selbst interessiert war, veröffentlichte drei Alben mit Hymnen auf sein Liebesleben mit Yoko – TWO VIRGINS, LIFE WITH THE LIONS und WEDDING ALBUM. Sie bestanden vor allem aus Bandrauschen und hin und wieder einem Orgasmus; LIONS beschäftigte sich ausführlich mit Yokos Fehlgeburt im Jahre 1969.

Wirre Platten wie diese bereiteten den Boden für die nächsten zwei Jahrzehnte: das private Label als Plattform, auf der Künstler sich selbst zelebrieren, die musikalische Variante der „Poeten im Selbstverlag“. In den 70ern stand das eigene Label (selbst wenn es nur formal als Logo auf einer Platte existierte, die ansonsten über die traditionellen großen Firmen vertrieben und promotet wurde) an erster Stelle der Dinge, die „man“ in der Rockwelt haben mußte; ganz einfach eine Prestigesache. Die Verluste der Beatles mit Apple blieben unerreicht, aber die Rufe mehrten sich und schwollen zu einem quengelnden Chor an: Wir wollen auch eine Plattenfirma haben!

Und so schossen sie aus dem Boden, die Labels mit Namen wie Threshold (Moody Blues), Grunt (Jefferson Airplane), Raccoon (Youngbloods), Swansong (Led Zeppelin), Rolling Stones Records, Grateful Dead Records, Bizarre, Straight und schließlich Barking Pumpkin (alle Zappa), Dark Horse (George Harrison), Esperanza (Robert Plant), Respond (Paul Weller), Rocket (Elton John), Mother(U2).

Die Liste läßt sich fortsetzen mit der am Rande des Existenzminimums krebsenden Nachhut, tapferen kleinen Independent-Firmen wie Pitch-A-Tent (dessen Namen Camper van Beethoven von dem nicht ganz jugendfreien und besser nicht übersetzten Spruch „She makes me wanna pitch a tent in my pants“ ableiteten) und SST (geführt von Greg Ginn, ehemals Gitarrist bei Black Flag).

Dann gibt es noch die Großen in der Landschaft: Sting mit seinem Label Pangaea (den wohlklingend mystischen Namen hat er vermutlieh von einem Miles-Davis-Album geklaut), Prince und seinen Paisley-Park-Mischkonzern und Peter Gabriels brandneues Label Real World. Im Sprint auf der Innenbahn befindet sich Private Music, die Firma des Synthesizer-Dudlers Peter Baumann (Ex-Tangerine Dream), der sich nach mageren Anfängen auf dem New-Age-Sektor mittlerweile einen nicht unbedeutenden Brocken des CD-Marktes gesichert hat.

Menschlichkeit und Maßlosigkeit waren und sind die widerstreitenden Elemente in der Welt der privaten Label. Es ist schwer, eines zu finden, das nicht mit redlichen Absichten gegründet wurde. Auf seinem eigenen Label kann man das Scheinwerferlicht ein wenig auf diejenigen richten, die im Fahrwasser des eigenen Erfolgs hinterherdümpeln.

Lassen wir unseren Songtexter eine Platte machen, zum Beispiel. Emerson, Lake and Palmer ließen Peter Sinfield auf Manticore aufnehmen. Auch Grateful Deads Worteschmied Robert Hunter durfte sich mit einer All-Star-Besetzung im Rücken auf dem Dead-Label austoben – und bewies, daß er zwar ein großartiger Texter, aber leider nicht gerade ein begnadeter Sänger ist.

Die Youngbloods, deren Firma Raccoon Records erstaunlicherweise aufgrund ihres einzigen US-Hits „Get Together“ von Warner Brothers finanziert wurde (die großen Plattenfirmen waren in den 60ern sehr viel großzügiger und risikofreudiger als heute), präsentierten auf ihren Platten gern und häufig ihren Roadie Earthquake Anderson, der immerhin ein bißchen Mundharmonika spielen konnte.

Zappa verteilte in den Jahren, als er zusammen mit seinem damaligen Manager Herb Cohen die Labels Bizarre und Straight leitete, mit wilder Entschlossenheit dutzendweise Plattenverträge an Groupies (die GTOs oder Girls Together Outrageously), Drogengebeutelte Straßensänger (Wildman Fischer) und kaum zu beschreibende Mutanten wie Crazy Jerry, der sich an der Steckdose anzutörnen pflegte (ich weiß nicht, ob Jerry noch unter uns weilt, die Chancen stehen schlecht).

Man kann mit Hilfe des eigenen Labels natürlich auch rivalisierende Kollegen ruhigstellen. Aus diesem Grund durfte z. B. Peter Kaukonen, Bruder von Jefferson Airplanes Jorma, ein Album auf dem Airplane-Label Grunt veröffentlichen. Und Roger Eno, der wie eine verwässerte Ausgabe des anderen Eno klingt, kann eine blühende Discographie auf Bruder Brians Label Opal vorweisen.

Man kann es auch Frank Zappa nachmachen und gleich den gesamten Clan vermarkten. Franks derzeitiges Label Barking Pumpkin ist ein regelrechtes Familienunternehmen. Zappa verkauft sogar Produkte der Kinder, die noch zu klein sind, um ein Instrument zu spielen. Barfko Swill, der Merchandising-Zweig von Barking Pumpkin, bietet in seinem Katalog beispielsweise T-Shirts mit abstrakt-expressionistischen Kritzeleien von Tochter Diva (8) an. Das private Label kann dazu verwendet werden, edelmütig die Karriere von auf der Strecke gebliebenen Kollegen voranzutreiben. Led Zeppelin gaben solch ewigen Verlierern wie den Pretty Things (die den Durchbruch verdienten, aber nie schafften) und Michael Des Barres (der ihn nie verdiente) eine Chance. Mit dem Erfolg von Bad Company, zusammengeflickt aus den Resten der Free und Mott The Hoople, wurden die Konten von Swansong, Led Zeppelins Unternehmen, jedoch zum Teil wieder aufgefüllt. Aber warum eigentlich so klein denken? (Think big! Think positive!) Es gibt nicht nur Brüder, alte Kumpels, Roadies, Groupies und Texter – da draußen wartet eine ganze Welt darauf, verändert, belehrt, erleuchtet zu werden. Klarer Fall: ein Job für den Popstar und Sozialarbeiter in Personalunion. Trommelwirbel und Fanfaren für – Paul Weller! U2! Peter Gabriel! Nach der Auflösung von Jam begann Paul Weller, aufgebläht durch den Hype der englischen Presse, die ihn als den neuesten in einer langen Reihe von „Sprachrohren der Jugend“ priesen, sich noch wichtiger als ohnehin schon zu nehmen. Er gründete mit anderen Gleichgesinnten Red Wedge, eine Kooperative linke: Popstars (warum klingt das immer wie ein Widerspruch in sich?) mit dem Ziel, Margaret Thatcher aus dem Amt zu jagen. Er startete seinen eigenen Verlag Riot Stories und veröffentlichte eine Anthologie von Gedichten, geschrieben von Arbeitslosen.

Sein Label, Respond, konzentrierte sich in gleicher Weise auf die gesammelten Talente in der englischen Arbeiterklasse. Aber irgendwie ist nur eine vage Erinnerung an diese Künstler zurückgeblieben. Tracie Young? The Questions? Vaughan Toulouse?

Respond landete ziemlich schnell mit der Nase voran in der Gosse. Weller aber trocknete seine Kleider, schrieb einen Song namens „Internationalists“ und erklärte, er sei sowieso lieber Europäer als Engländer.

In der Zwischenzeit waren U2 dabei, von Irland aus die Welt zu erobern, und beschlossen voller Nationalstolz, einige ihrer Landsleute mit auf die Karrieleiter zu hieven.

Sie gründeten Mother Records. Zu ihren Gunsten sei gesagt, daß sie das Label nicht als Plattform für ihre eigenen Solo-Ausflüge benutzten und U2 selbst nie als Attraktion bei Mother erscheinen sollte.

U2-Manger Paul McGuinness drückte es so aus: „Wir hätten so etwas wie , U2 Records‘ schon seit Jahren auf Island haben können, aber das wäre unhöflich gegenüber Chris Blackwell (dem Boß der Firma Island) gewesen. Ich fand es immer sehr selbstgefällig, wenn eine Band sagt: ,0h, wir haben jetzt unser eigenes Label und unseren eigenen Verlag‘. Das ist hirnloses Gewäsch und verbrämt oft nur die Tatsache, daß die Band eigentlich einen sehr schlechten Deal gemacht hat.“

Die Geschichte von Mother gestaltete sich bisher trotzdem ziemlich katastrophal. In fünf Jahren wurden auf Mother nicht mehr als neun Singles veröffentlicht, von denen nur eine (von den Hothouse Flowers) ein kleinerer Hit wurde. Keine der verpflichteten Bands ist bei Mother geblieben, und von den vier U2-Mitgliedern beschäftigt sich nur noch Schlagzeuger Larry Müllen mit der Firma. Er hat das Label neu strukturiert, das nun vor allem Material von kleinen irischen Labels übernimmt und wenig bekannte traditionelle Folkmusik einem größeren Markt zugänglich macht. Ein sehr viel bescheidenerer Anspruch, der angesichts des Terminkalenders von U2 auch mehr Sinn macht.

Als Grateful Dead Records vor Jahren versuchte, aus den Startlöchern zu kommen, sprach Jerry Garcia von einem „Moment der ernüchternden Erkenntnis“. Die Band hatte sich zu einer Sitzung in ihrem Büro in San Rafael getroffen. „Wir schleppten alle Aktenkoffer mit uns herum, und ich fragte mich: Was machen wir eigentlich mit diesen idiotischen Dingern? Wir sollten mit unseren Instrumenten auf der Bühne stehen.“

Grateful Dead, die nicht glücklich sind, solange sie nicht 200 vierstündige Gigs pro Jahr spielen (und zusätzlich so viele Solo-Konzerte, wie sich noch in den Kalender pressen lassen), sind ein extremes Beispiel für die Gründe, warum fast alle privaten Labels ihr Ziel aus den Augen verlieren: Man kann eine Firma erfolgreich führen, wenn man die Musik an den Nagel hängt, siehe Peter Baumann mit Private Music (der allerdings noch nie ein so genialer Musiker war). Wer aber wirklich kreativ Musik machen will, kann die Zeit nicht erübrigen, die in den Aufbau einer Firma investiert werden muß. Man kann die Zügel natürlich an einen Stellvertreter übergeben, aber das widerspricht ja nun wieder dem ursprünglichen Sinn der Übung.

Es kursieren Gerüchte, daß Stings Label Pangaea aufgrund überzogener Budgets bei den ersten Veröffentlichungen bereits in finanzielle Turbulenzen geraten sei. (Die Gerüchteküche vermeldet trotz unaufhörlicher Dementis von Seiten Stings auch, daß Pangaea von vornherein als Abschreibungsobjekt geplant war… allerdings wurde jedes Label in seinen Anfängen von derartigem Klatsch begleitet.) Pangaea bewegt sich in dem stilistischen Rahmen, der durch Stings eigene Musik abgesteckt ist: Jazz, Weltmusik, Klassik. Im Katalog steht Strawinskijs „Geschichte vom Soldaten“, aufgenommen von fünf Musikern und drei Schauspielern. Und Steve Colemans Album SINE DIE hat wahrscheinlich die aufwendigste Produktion genossen, die jemals einem gemäßigt radikalen Jazz-Saxophonisten zuteil wurde.

Colemans neueste Platte CIPHER SYNTAX (mit seiner Band Strata Institute) erscheint jedoch bezeichnenderweise auf dem sehr viel bescheideneren Münchner Jazz-Label JMT; es sieht so aus, als ob Coleman, der zeitweilig als Ersatz für Branford Marsalis mit Sting tourte, seine fünf Minuten des Ruhms bereits wieder hinter sich hat.

Stings utopisches Ziel ist es, die Barrieren zwischen den Genres zu durchbrechen, daher die Verpflichtung von Kip Hanrahan, dem irischen Produzenten aus Brooklyn, der aus puertoncanischer Percussion, Free-Jazz-Elementen, Tango, Rock und erotischen Texten „Soundtracks zu noch nicht erdachten Filmen“ mischt. Oder Fareed Haaque, halb Pakistani, halb Chilene und geboren in Chicago, der Flamenco, Jazz-Fusion und Songs von Barbara Streisand auf der klassischen Gitarre spielt.

Die Gefahr bei dieser Art von Musik, wie auch bei der von Sting, ist natürlich, daß sie ihre ursprünglich kraftvollen Quellen (Streisand mal ausgeschlossen) zu einem ziemlich faden Müsli verquirlt. Dennoch, im Vergleich zu Platten von Groupies und Roadies ein paar Punkte mehr auf der nach oben offenen Qualitäts-Skala.

Peter Gabriels Musik hat in meinen Augen dieselben Mängel wie die von Sting: Sie platzt vor lauter Vielseitigkeit aus allen Nähten. Auf Gabriels Label Real World sollen jedoch ethnische Klänge oder „Weltmusik“ in vorwiegend unverfälschtem Zustand präsentiert werden. Gabriel hat sich über ein Jahrzehnt hinweg intensiv mit Folklore beschäftigt und ist als einer der Initiatoren der WOMAD-Festivals (s. Seite 72) mitverantwortlich für den Weltmusik-„Boom“. Das Festival wird seit 1982 jährlich veranstaltet und verursachte bereits im ersten Jahr ein gewaltiges Defizit. Aus der damaligen finanziellen Talsohle konnte er sich durch ein einmaliges Genesis-Reunion-Konzert retten, könnte aber noch weit höhere Summen verlieren, wenn Real World keinen Erfolg hat. Neben den laufenden Kosten hat Gabriel fünf Millionen Pfund in einen Studiokomplex in Bristol investiert, der dem Label als Hauptquartier dienen soll (s. Seite 42). Anzunehmen, daß solche Summen nicht durch Aufnahmen der kubanischen Band Orquesta Reve oder des pakistanischen Sängers Nusrat Fateh Ali Khan eingespielt werden, so exzellent sie beide auch sind.

Anlaß zur Beunruhigung bieten auch Gabriels Pläne für einen Real-World-Fantasy-Park, eine Art ökologisches Disneyland. Irgendwie kam mir das bekannt vor, und tatsächlich fiel mir Grateful Deads Projekt eines fliegenden Konzertsaal ein (durch die Forschungsarbeit zu diesem verschrobenen Vorschlag schrumpfte das Budget des Labels besorgniserregend). Ich dachte auch an die Beatles, die ihre Energie mit dem Versuch verschwendeten, apfelförmige Eiswürfel und Sgt. Pepper-Uniformen zu verkaufen. Kostspielige Geplänkel am Rande.

Szenenwechsel. Wie läuft es denn im Paisley Park von Minneapolis, dem 10-Millionen-Dollar-Studio, Unternehmenszentrum und Label seiner Exzellenz Prince Roger Nelson? Die Kosten des Paisley-Park-Komplexes entsprechen zufälligerweise gerade der Summe, auf die Prince seinen Protege Paul Peterson verklagt hat, den Ex-Sänger von The Time und The Family, einer der ersten Bands des Labels. Prince war nicht gerade entzückt über Petersons Desertion zu einer anderen Plattenfirma.

Sein Zorn mag durch die Tatsache verstärkt worden sein, daß herzlich wenige seiner anderen PP-Entdeckungen Hitparadenmäßig für Furore sorgten. Madhouse und Taja Sevelle wanderten genauso in die Versenkung wie etwa Paul Wellers Schützlinge.

Mit der eigenen Karriere des „kleinsten“ Pop-Stars unter den Platten-Bossen sieht es im Moment auch nicht gerade rosig aus. Die Lovesexy-Tournee war ein Minus-Geschäft, das Album selbst blieb in Sachen Verkauf stark hinter den Erwartungen zurück. Prince feuerte seine komplette Buchhalter-Mannschaft und versucht es jetzt mit dem in Kürze erscheinenden Soundtrack zu der Neuveröffentlichung des „Batman“-Stoffes.

Bezeichnenderweise beschäftigt sich Prince mittlerweile mit der Karriere-Wiederbelebung bekannterer Künstler, unter anderem der Gospelsängerin Mavis Staples und des Funk-Innovators George Clinton, dessen Einfluß in allen Prince-Aufnahmen spür- und hörbar ist. Vielleicht hat Prince sich zu guter Letzt ja entschlossen, nur mit Musikern zu arbeiten, die ihm in Sachen Energie und Begeisterung ebenbürtig sind.

Es ist Ironie des Schicksals, daß die meisten privaten Labels auf kurz oder lang vor Gericht enden, wo doch bei allen Fair Play wichtiger Bestandteil der Gründungs-Philosophie war.

1971 erzählte Ray Davies dem Londoner „Daily Mirror“ von seinem Traum, eine Art Gesellschaft zu gründen, die Bands Hilfestellung beim Umgang mit der Industrie leistet: „Wir sagen Ihnen, wieviel Prozente ein Musiker bekommen sollte und wie man das Kleingedruckte in den Verträgen liest… so viele Bands sind aufs Kreuz gelegt worden“.

Die Kinks hatten gerade im Kampf gegen Ex-Manager und eine Plattenfirma eine Runde auf dem Verklagst-du-mich-verklagich-dich-Karussell gedreht. Wie so viele davor und danach, entschloß sich Davies, ein eigenes Label plus Verlag zu starten, und gab ihm den Namen Konk.

Unter den ersten Verpflichtungen befand sich der damals noch unbekannte Tom Robinson. Robinson verdiente bei Konk keinen Heller, weil er keine Hits hatte. Die folgten erst wesentlich später, als „Glad To Be Gay“ und „Motorway“ auf einem anderen Label groß herauskamen. Aber es war Ray Davies, der den Löwenanteil an diesen Hits absahnte, da er Robinson einen Verlags-Vertrag untergeschoben hatte, der nach heutigem Eingeständnis „lausig“ für Tom war. Trotz setner edlen Worte als „aufrechter Musiker“ war Davies von der ihn umgebenden Seuche befallen worden, er hatte sich die Halsabschneider-Mentalität des Musik-Business zu eigen gemacht.

Kurioser Gedanke am Rande: Der Künstler, dem private Labels vielleicht am meisten eingebracht haben, ist der indische Sitar-Spieler Ravi Shankar, der bereits zu Beginn dieser Entwicklung ein immer stolz präsentierter Künstler war und heute immer noch ist, niemals wirklich in, aber auch niemals out.

Alben auf Apple und Dark Horse pflastern seinen Weg, mittlerweile ist er einer der Stars bei Private Music. Sein Album INSIDE THE KREMLIN, äußerst beliebt in den Nachtprogrammen aller Radiostationen, verkauft sich durchaus zufriedenstellend.

Diesen Artikel könnte man als Fortsetzungsgeschichte laufen lassen. Private Labels schießen wie Pilze über Nacht aus dem Boden. In den alten Zeiten wurde wenigstens noch der Anschein aufrechterhalten, man habe einen Katalog. Threshold hatte zum Beispiel zwei Acts, die Moody Blues und die Blue Jays. Bei näherer Betrachtung konnte man feststellen, daß die Blue Jays in Wirklichkeit aus zwei Mitgliedern der Moody Blues bestanden (schlau, was?). Auf Robert Plants Esperanza-Label hingegen gibt’s nur Robert Plant, und damit hat sich’s.

Ein Blick über den Horizont: Andy Taylor (mal bei Duran Duran) hat gerade das Label Equinox gegründet. Gene Simmons (Kiss) hat ein neues Label. Bill Wyman hat ein neues Label. Boy George ist gerade dabei, ein neues Label … etc. etc.

Vielleicht sollte man es so sehen: Letztes Jahr wurden mehr als 7000 neue Platten veröffentlicht. Ein paar mehr machen da schließlich keinen großen Unterschied. Oder doch?

Peter Gabriel sagt: „Ich habe gerade diese beängstigende Statistik gelesen, daß jedes Album im Durchschnitt exakt 1,2 Mal gespielt wird. Offensichtlich Impulskäufe von Leuten, die sich deine Platte nur deswegen in den Schrank stellen, weil sie damit dokumentieren, daß sie hip sind. Real World möchte Platten machen, die mehr als einmal gespielt werden …“

Und mit diesem untypisch bescheidenen Anspruch (er verlangt nicht gerade viel, oder?) beenden wir das Thema.