Die 700 besten Songs aller Zeiten: Plätze 150 bis 101


In unserer Jubiläumsausgabe kürten wir "Die 700 besten Songs aller Zeiten". Seht hier die Plätze 150 bis 101.

Am 13. März 2014 ist sie erschienen, die sage und schreibe 700. Ausgabe des Musikexpress. Und die hatte es in sich: Wir hatten eine prominente zigköpfige Jury aus Musikern wie etwa Lana Del Rey, Mark Lanegan, Danger Mouse, Marteria, Thees Uhlmann, Judith Holofernes, WhoMadeWho sowie aus Autoren, Journalisten und Fachleuten von anderen Magazinen, Tageszeitungen, Radiosendern und Plattenlabels nach ihren Lieblingssongs aller Zeiten gefragt. Herausgekommen war in mühevoller Kleinarbeit nicht weniger als eine Liste mit den 700 besten Songs aller Zeiten inklusive Texten zu jedem (!) dieser Songs, und diese Liste haben wir Euch nach und nach online auf Musikexpress.de/700 präsentiert.

Hier die Einzelteile unserer „700 besten Songs aller Zeiten“ in der Übersicht:

Und hier kommen nach unseren Plätzen 700 bis 651, 650 bis 601, 600 bis 551, 550 bis 501, 500 bis 451, 450 bis 401, 400 bis 351, 350 bis 301, 300 bis 251, 250 bis 201 und 200 bis 151 unsere Plätze 150 bis 101 im Detail:

150. Radiohead – „Pyramid Song“

Radiohead und ihre Piano-Balladen –  seit KID A auf jeder Platte der Band ein Muss. „Pyramid Song“, nicht zuletzt dank Jonny Greenwoods orchestralen Arrangements und beeindruckender Atmosphäre von der ganz epischen Sorte, widmet sich dem erlösenden Gefühl des gefundenen Seelenfriedens.

149. The Beach Boys – „Don’t Worry Baby“

Kein Surf-Song, sondern eine schwelgerische Ballade über ein Autorennen, verletzte Teenie-Ehre und einen Liebesschwur. Vorgetragen mit Falsettgesang, mehrstimmigem Backing-Chor und strahlendem Kukidentlächeln. Dass das Ganze zwar kitschig, aber nicht peinlich klingt, verdeutlicht die Genialität von Brian Wilson

148. The Strokes – „Someday“

Mit „Someday“ brachten die Strokes ihren wiedererkennbaren Sound schließlich auf den Punkt. Seitdem wird jede Hoffnung am Indie-Rock-Himmel daran gemessen, wie „strokey“ sie klingt. Mitreißende Gitarren. Lässiger Gesang. Pulsierende Drums. Daran ist ja auch nichts falsch. Was schon daran zu erkennen ist, dass es alle drei Singles des Strokes-Debütalbums 2014 in unsere Liste mit den „700 besten Songs aller Zeiten“ geschafft haben.

147. Bill Withers – „Ain’t No Sunshine“

Niemals wurde die Sehnsucht nach der Liebsten, die doch nur mal kurz verreist ist, wohl so verzweifelt vertont. Kein Wunder: Inspiriert zu dem Song wurde Bill Withers von der Film-Tragödie „Days Of Wine and Roses“, in der sich ein von Jack Lemmon und Lee Remick gespieltes Ehepaar in der Alkoholsucht verliert.

146. Pet Shop Boys – „West End Girls“

Die zarteste Hinwendung zum HipHop, die sich die zwei Popper der Pet Shop Boys vorstellen konnten. Der sehr britische Akzent des Musikjournalisten Neil Tennant zeigte aber schon: deutlich mehr sophisticated als straßentauglich. Das Erstaunliche: pure Achtziger – und dennoch zeitlos.

145. MC5 – „Kick Out The Jams“

Eine feurige Ansprache, dann: „Kick out the jams, motherfuckers“ (bzw. „brothers and sisters“, je nachdem, ob es sich um die „echte“ oder cleane Version des MC5-Debüts handelt) und dann prügelt die Band mit ihrer Kampfansage in Rock los. Inhaltliche Bedeutung der Parole: nicht ganz klar. Gefühlte Bedeutung: Beginne die Revolte!

144. The Beatles – „Happiness Is A Warm Gun“

Hier stießen die Beatles an rhythmische Grenzen. Nichts gegen Ringo Starr, aber für die komplexen Taktwechsel waren angeblich 70 Versuche nötig. Lange hielten sich Gerüchte, im Hintergrund sei Jim Morrison zu hören. Tatsächlich zu hören sind McCartney und zwei E-Gitarren, und die sind beeindruckend genug.

143. The Smashing Pumpkins – „Tonight, Tonight“

Mit dem Doppelalbum MELLON COLLIE … meldete Billy Corgan Besitzansprüche auf den Thron im Rockolymp an – und setzte sich mit der balladesken Orchester­inszenierung von „Tonight, Tonight“ selbst die Krone auf. Nie klangen The Smashing Pumpkins bombastischer, größenwahnsinniger, melodramatischer und märchenhafter als hier, auf dem Zenit ihres Songwritings.

142. Fleetwood Mac – „Dreams“

Wie gut muss ein Song klingen, wenn er auf einem perfekten Album mit seiner Perfektion noch heraussticht? Stevie Nicks’ Ich-hoffe-du-leidest-genauso-wie-ich-du-Scheißkerl-Ballade sagt mit simpelsten Worten und Akkorden alles, was es in solchen Momenten eben zu sagen gibt. Die Essenz von Pop.

141. Neutral Milk Hotel – „In The Aeroplane Over The Sea“

Inspririert vom „Tagebuch der Anne Frank“, handelt dieser Song vom Leben und Sterben und Raum und Zeit. Mit einer Intensität, die ihresgleichen sucht, singt Jeff Mangum an der Grenze seiner Stimme, unterstützt von einer singenden Säge, „how strange it is to be anything at all“.

140. Nina Simone – „I Loves You, Porgy“

Als die junge Nina Simone Ende der Fünfziger ihre ersten Songs aufnahm, war „I Loves You,Porgy“ bereits mehr als 20 Jahre alt. Mit ihrer wehmütig vibrierenden Altstimme streift sie über die Gesangsnoten – elegant und zugleich erdverbunden wie eine Folkloresängerin. Ihre ruhige, fragile Balladenversion des Duettstücks aus George Gershwins Oper von 1935 wurde ihr erster großer Erfolg in den USA und blieb bis zu ihrem Karriereende einer ihrer Signature Songs.

139. David Bowie – „China Girl“

Eigentlich ist „China Girl“ eine Co-Produktion von David Bowie & Iggy Pop, entstanden während der gemeinsamen Berlin-Jahre und veröffentlicht auf THE IDIOT. 1983 nimmt Bowie den Song erneut in Angriff, arrangiert ihn deutlich kommerzieller – und feiert nie geahnte Erfolge. Iggy Pop bedankt sich für die Tantiemen.

138. Chic – „Le Freak“

Die Geschichte ist beinahe so oft erzählt worden, wie jemand „Ahhhhh … Freak Out!“ gebrüllt hat. Nile Rodgers und Bernard Edwards wollten ins Studio 54 in New York, aber Grace Jones hatte vergessen, die beiden auf die Gästeliste setzen zu lassen. Sie wurden vom Türsteher abgewiesen und trollten sich wieder – und nahmen zur Rache einen Discofunk-Klopper für die Ewigkeit auf. Ursprünglicher Titel: „Fuck Off!

137. J. J. Cale – „Call Me The Breeze“

Trotz „Cocaine“ und „After Midnight“  DER J. J.-Cale-Song. Womit ließe sich seine Musik schließlich eher vergleichen als mit einer milden Sommerbrise? Gibt es einen besseren Song, um dazu an faulen Julitagen die Straße entlangzurollen, den kühlenden Fahrtwind im Haar? Gibt es nicht. Wehe in Frieden, J. J.!

136. The Clash – „(White Man) In Hammersmith Palais“

Roots. Rock. Rebel. Die Dreifaltigkeit des „R“ ist der Zündstoff für einen Rundumschlag der Clash, die gegen musikalischen Ausverkauf, Power Pop und den sozialen Niedergang des Königreichs keilen. Musikalisch ist es die perfekteste Fusion des Furors des Punk mit der rhythmischen Erdverbundenheit des Reggae.

135. Astrud Gilberto, João Gilberto & Stan Getz – „The Girl From Ipanema“

Beinahe Brasiliens inoffizielle Nationalhymne: Erste Versionen tauchten 1962 auf, „The Girl …“ – oder je nach dem Geschlecht des Interpreten auch „The Boy From Ipanema“ – wurde seitdem unzählige Male gecovert. Die Bandbreite reicht von Easy Listening über Soul und Pop bis hin zum Free Jazz. Ein wahrhaft universelles Lied.

134. Donna Summer – „I Feel Love“

Okay, kein Song, der nach einer tiefschürfenden Textanalyse schreit, aber Moroders markanter Moog-Basslauf und auch der Rest des vollsynthetischen Backings ist einfach göttlich. Brian Eno brachte es auf den Punkt: „Ich habe die Musik der Zukunft gehört.“ Eingespielt 1976 im Münchner Musicland-Studio.

133. The Shangri-Las – „Leader Of The Pack“

Betty liebt Jimmy, den Chef einer Motorradgang. Doch weil ihre Eltern dagegen sind, macht sie einen Rückzieher. Der frustrierte Halbstarke verunglückt wenig später mit seinem Bike. Ein typischer „teenage tragedy song“ der frühen 60s – so naiv und charmant, dass man sich ihm kaum entziehen kann.

132. Bruce Springsteen – „Born To Run“

Die Hymne zum Hype: Titelgeschichten in „Newsweek“ und „Time“, dazu Jon Landaus notorischer Spruch, er habe die Zukunft des Rock & Roll gesehen, und ihr Name sei Bruce Springsteen – mit „Born To Run“ löste der Mann aus New Jersey all die Versprechen ein, die andere in seinem Namen gaben. So mitreißend wie in diesen viereinhalb Minuten hatte Rockmusik lange nicht mehr geklungen.

131. The Gun Club – „Mother Of Earth“

Kein Gun-Club-Album, auf dem sich nicht mindestens ein herzzerreißender Song des mit 37 Jahren verstorbenen Musikers Jeffrey Lee Pierce befindet. Hier singt er Worte wie „I’ve gone down the river of sadness / I’ve gone down the river of pain / In the dark, under the wires / I hear them call my name“, und dazu weinen die Slide-Gitarren, trabt das Schlagzeug, und ganz vorne thront diese ergreifende Stimme. Gab es jemals zuvor eine so betörende Verschmelzung von Alternative Rock und Blues?

130. Son House – „Death Letter Blues“

Ein Mann bekommt einen Brief: Seine Liebste ist tot. Es bricht ihm das Herz. Für Son House steht diese Geschichte im Zentrum seines Werks. Er arbeitet ab den 30er-Jahren an diesem Motiv, setzt immer neue Stiche mit seiner scharf schneidenden Resonator-Gitarre, legt das ganze Leid in seine Stimme. 1965, zu Zeiten des Blues-Revivals, nimmt er endlich den Song auf, 20 Jahre später wird er noch mal als Single veröffentlicht.

129. The Beatles – „While My Guitar Gently Weeps“

Fröhliche Lieder waren nicht Harrisons Domäne, auch dieser nachdenkliche Klassiker verbreitet mit seiner absteigenden Tonfolge sanfte Melancholie, die von der schwärmerischen Middle Eight aber wieder aufgefangen wird. Was summa summarum eine wunderschöne Rockballade ergibt, emotional, aber kitschfrei.

128. Elliott Smith – „Say Yes“

Nie klang dieser ewig unterschätzte Songwriter versöhnlicher und optimistischer als in diesem einen lupenreinen Liebeslied. Das umso mehr berührt, wenn man weiß, wie einsam der depressive und alkoholkranke Elliott Smith sechs Jahre später starb.

127. Lou Reed – „Satellite Of Love“

Ein Überbleibsel aus den LOADED-Sessions von The Velvet Underground, später ein Herzstück auf TRANSFORMER, Lou Reeds Geburtsstunde als Solokünstler. Die Melodie himmlisch, das Thema universal: Ein Mann schaut TV und flieht damit vor der Realität seiner ihn mit Harry, Mark und John betrügenden Freundin.

126. The Beatles – „Eleanor Rigby“

Ein Kind Paul McCartneys, das Streicherarrangement stammt von Produzent George Martin: ein Lied über Einsamkeit und Tod, womit die „naive“ Phase der Beatles endgültig passé war. Das Stück inspirierte zahllose Bands zu Experimenten mit klassischen Instrumenten, ist die Geburtsstunde des Barock’n’Roll.

125. The Beatles – „Let It Be“

Für diese Nummer, die quasi „posthum“ erscheint, gibt es einen Grammy und einen Oscar. Ganz zum Ärger von John Lennon, der noch Jahre später stichelt: „Mit den Beatles hat das nichts zu tun. Es könnte auch von den Wings sein. Keine Ahnung, was Paul gedacht hat, als er ,Let It Be‘ schrieb.“ Noch Fragen?

124. Thelonious Monk – „Round Midnight“

Wie viele Monk-Stücke eine geradlinige Piano-Nummer, deren unorthodoxer Charakter sich subtil entfaltet: verschobene Rhythmen, asymmetrischer Aufbau und das gelegentliche Drängen ins fast schon Disharmonische, woraus sich im Zusammenspiel mit der minimalistischen Bass-&-Drums-Begleitung eine wohlige Reibung ergibt.

123. Nina Simone – „My Baby Just Cares For Me“

Ein Jazz-Standard, den man aus Tanzteeszenen in ZDF-Fernsehfilmen, aus der Werbung und natürlich von Amanda Lear kennt. Niemand könnte so einen Song cool machen außer Nina Simone mit ihrer Jahrtausendstimme und ihrem selbstgewissen und doch so verletzlichen Stolz. Groß.

122. Nina Simone – „Don’t Let Me Be Misunderstood“

Nach ein, zwei Minuten, mitten in „Misunderstood“ geht Nina Simone mit ihrer Stimme nach unten. Der vielleicht schönste Moment in einem Song, der auf allen Ebenen funktioniert. Inhaltlich, als Plädoyer für die Akzeptanz der uns allen innewohnenden Unvollkommenheit ebenso wie musikalisch als ein wunderbarer Hybride aus der Eingängigkeit von Pop, der Tiefe von Blues und der Eleganz von Broadway-Jazz.

121. Jackson C. Frank – „Blues Run The Game“

Man könnte ein Buch schreiben über das Leben von Jackson C. Frank oder einen Film drehen, aber beides wäre viel zu traurig, weil in diesem Leben sehr viel Schlimmes passierte. Was blieb, ist ein wunderbares Album, das von Paul Simon produziert wurde und diesen Gänsehaut-Klassiker des 60er-Jahre-Folk beinhaltet.

120. Scott Walker – „Duchess“

Mit SCOTT 4 wurde Scott Walker komplizierter. Er zitierte Albert Camus, druckte ein Bild von Stalin, ließ sich von den Filmen Ingmar Bergmans beeinflussen und sang erstmals exzessiv über Plagen, Folter und den Tod. Die Bedeutung von „Duchess“ bleibt unklar, die Schönheit des wunderbaren Refrains unantastbar.

119. Elvis Presley – „Heartbreak Hotel“

„Since my baby left me …“, singt Elvis am Anfang von „Heartbreak Hotel“. Aber was sich in seiner oberen Körperhälfte abspielt, ist harmlos. Auf die untere Körperhälfte kommt es an. Da ist die Hölle los. Das Kreisen seiner Hüften in der Fernsehshow von Tommy und Jimmy Dorsey markiert die Ankunft des Rock’n’Roll in der Mitte der entsetzten Gesellschaft. Fortan gilt: Rock’n’Roll here to stay.

118. Patti Smith – „Land“

„Land“ ist in drei ineinanderfließende Teile gegliedert. Patti Smiths Band legt ein knochentrockenes Bett aus und spielt sich stoisch wie Can in Hysterie, während die Sängerin eher Beat Poetry rezitiert, als Poptext zu singen. Smith ruft Johnny und ihr Idol Rimbaud an und endet mit den Wörtern „simple Rock’n’Roll song“, denn das sagt, was es ist.

117. Neil Young & Crazy Horse – „Down By The River“

Ein großartiges Rock-not-Rock-Mantra, der Song als Vehikel für sonische Exkursionen. In einer Art musikalischem Zwiegespräch tragen die ultrasimplen und -minimalistischen Stakkato-Gitarrenriffs von Neil Young und Danny Whitten den Hörer weit hinaus und versetzen ihn in andere Bewusstseinszustände.

116. Dr. Dre – „Still D.R.E.“

Comebacks gibt es eigentlich nicht im HipHop: Biste weg, biste weg. Eine rare Riesenausnahme bildet Dr. Dre, der 1999 satte sieben Jahre nach THE CHRONIC wieder aufschlug, nur um zu erklären, dass alles immer noch so sei wie früher. Bis auf seinen Kontostand natürlich.

115. John Coltrane – „My Favorite Things“

John Coltrane schmolz den Pop-Standard aus dem Musical „The Sound of Music“ (auch ein beliebtes Weihnachtslied) ein und setzte ihn wieder neu zusammen. In Form eines nun zugleich bescheidenen, dekonstruierten und far-out frei fließenden Viertelstünders rang er dem Song eine völlig neue, radikale Bedeutung ab.

114. Marvin Gaye – „Inner City Blues (Make Me Wanna Holler)“

So viele haben sich versucht an diesem Stück Seelenmusik, aber natürlich konnte es niemand so singen wie Marvin Gaye, der den Schmerz, die Wut, die Hoffnung aller Ghettos dieser Welt in einem einzigen Song vereint hat. Dieses  an den Schluss des Album-Klassikers WHAT’S GOING ON zu setzen ist ein Geniestreich  des Sequencing.

113. M.I.A. – „Paper Planes“

Ein eierndes The-Clash-Riff, Kinderchöre, Pistolenschüsse und das „Ring!“ einer Registrierkasse – für „Paper Planes“ vermengten M.I.A. und Diplo augenzwinkernd die Stereotypen der brisanten Einwanderthematik mit musikalischer Pfiffigkeit zu einem Ohrwurm erster Güte und dem Standout-Track ihres zweiten Albums KALA.

112. The Stooges – „I Wanna Be Your Dog“

Auf dieses dreckige Energiemonster war die Rock-Welt nicht vorbereitet und es verkaufte sich miserabel. Kein Gitarren-Riff kommt ohne extreme Verzerrungen aus, Produzent John Cale hämmert die immer selbe Taste ins Piano, dazu kommen dronige Sounds und Iggy Pop singt davon, sich einer Frau bedingungslos hinzugeben. Der Song wurde ein paar Monate vor dem Woodstock-Festival aufgenommen und hört sich wie eine Kriegserklärung an die Hippie-Kultur an.

111. Os Mutantes – „A Minha Menina“

Auch 45 Jahre nach Release des ersten Albums der brasilianischen Musikquerulanten fällt es schwer, in Worte zu fassen, was man da gehört hat. Aber man weiß auch, dass unter den überbordenden Collagen eine Pop-Perle ist, die alles überragt: „A Minha Menina“ ist Genialität in seltener Eingängigkeit, komprimiert (in der Single-Version) auf drei Minuten.

110. Aaliyah – „We Need A Resolution“

Anfang der Nullerjahre waren Timbalands Beats das Innovativste, was es an der Schnittstelle von R’n’B und HipHop zu hören gab. Seiner Muse schenkte er mit „We Need A Resolution“ den wohl schönsten Song: Mit samtweicher Stimme singt Aaliyah über holprige Stop-Start-Drums, Beatbox-Perkussion, wellenförmige Synthesizer und ein betörend exotisches Klarinetten-Sample.

109. Stevie Wonder – „Superstition“

In dem Song geht es gar nicht um Aberglauben. Es geht um den Moog, um diesen harten, drückenden Synth-Funk, der selbst in den verträumtesten Momenten des TALKING BOOK-Albums durchklingt. Ein perfektes Beispiel für das musikalische Universalgenie Stevie Wonders. Und eine zeitlose Dancefloor-Bombe obendrauf.

108. The Band – „The Weight“

Während es das Original nur auf Platz 63 der US-Charts schaffte, bewiesen ungezählte Coverversionen, dass „The Weight“ mit seinem epischen, biblisch konnotierten Text und dem raffinierten Vokalarrangement nicht nur längst ein amerikanischer Klassiker geworden ist, sondern ein Song, der jedes Genre überlebt.

107. Bob Marley – „Redemption Song“

Es gibt diese Szene in „Marley“, dem Biopic aus dem Jahr 2012: eine verschneite Straße in Rottach-Egern, die ersten Akkorde von „Redemption Song“. Dann setzt Bob Marleys Stimme ein, und man spürt, was jeder weiß: dass diese Songs immer schon für alle waren, in Trenchtown, im Alpenvorland und überall sonst auf der Welt.

106. Dead Kennedys – „Holiday In Cambodia“

Die zweite Single der Dead Kennedys ist und bleibt der bissigste und ätzendste Frontalangriff des US-Hardcore-Punk auf den American Way Of Life: Während Gitarren und Bass den Soundtrack zum Untergang zelebrieren, den Stoff, aus dem Albträume gemacht sind, rechnet Jello Biafra ab mit der Selbstgefälligkeit der Eliten: „Brace yourself, my dear!“

105. The Rolling Stones – „Paint It Black“

„Paint It Black“ – schon der Titel war provokant. Die Plattenfirma in den USA fügte bekanntermaßen ein Komma hinzu: „Paint It, Black“. Man glaubte, ohne Komma klänge der Name des Liedes zu düster. Keith Richards erinnert sich, dass das Stück erst nur eine nicht ganz ernst gemeinte Spielerei war, und dieser trübe Humor ist definitiv Teil seiner anhaltenden Anziehungskraft. Man hat Keiths Suffgrinsen förmlich vor Augen, wie er diesen ersten Akkord erklingen lässt wie ein mexikanischer Troubadour. Dann stimmt Brian Jones die Sitar an. Übrigens der erste Einsatz dieses Instruments auf einem Nummer-1-Popsong. Und Mick? Furchtlos, glühend, die Tonart eigentlich zu tief für seine Stimme, aber egal – in diesem Stück Musik geht es gar nicht um die Musik, vielmehr um die Energie, den Zorn, die Verwirrtheit, die Paranoia, die Mädchen, die in ihren Sommerkleidchen Micks Trudeln in den Wahnsinn nur noch vorantreiben.

In dem Stück geht es scheinbar um Wahrheitsfindung, dazu die Alltagsbilder, in denen Normalität auf Irrsinn trifft. Micks Text greift Szenen aus James Joyces Großwerk „Ulysses“ auf und mischt sie mit Versen über eine Geliebte, die ihn auslacht. Es ist unerbittlich, die Musik ist unerbittlich, der Beat ist unerbittlich, und das Ende ist schlicht großartig. Das Lied verzichtet gänzlich auf eine Brücke zwischen den Strophen, um die Stimmung aufzuhellen, die verkürzte Intensität zieht sich komplett durch bis zum obligatorischen 60s-Fade-out. Alles an „Paint It Black“ ist episch – und fucked-up. Ich besitze gar kein Exemplar davon. Brauche ich gar nicht. Es ist Teil von mir, von uns, Teil der Jetztzeit. – Fin Greenall (Fink)

104. The Carpenters – „(They Long To Be) Close To You“

Geschrieben für Schauspieler Richard Chamberlain, aber auch von Herb Alpert sowie Dionne Warwick aufgenommen, wird „(They Long To Be) Close To You“ erst im vierten Anlauf ein Hit – dann aber ein gigantischer. Einfach, weil man es nicht einfühlsamer und harmonischer machen kann als die Geschwister Carpenter.

103. Fela Kuti – „Water No Get Enemy“

Diese Bläser sind so scharf, dass sie durch Stahl schneiden könnten. Dazu das klimperige E-Piano, die Gitarren, der wandernde Bass, das beredte Saxofon, klöppelnde Percussion. Und, ja doch, es geht wirklich um Wasser und seine Verschmutzung im Interesse des Kapitals. Aktuell, damals wie heute.

102. The Rolling Stones – „(I Can’t Get No) Satisfaction

Was „Satisfaction“ so zeitlos, so dringlich auch 50 Jahre später macht, ist nicht das bekannteste Riff der Geschichte. Es ist die Tatsache, dass man auch heute noch, egal wie oft der Song durchs Radio genudelt sein mag und wie sehr die Stones ihn an den Rand der Selbstparodie gezwungen haben, spürt, wie es sich angefühlt haben muss, als die bösen Jungs des Rock ihn erstmals auf die Menschheit losließen. Wie jeder brillante Rocksong reklamiert er für sich nicht mehr und nicht weniger als die Welt. Und er will sie jetzt!

101. The Beatles – „Something“

Frank Sinatra nannte es „das schönste Liebeslied der letzten 50 Jahre“ … und fügte an, es sei sein Lieblingsstück von Lennon und McCartney. Knapp daneben, Frank! Immerhin war es Harrisons erste Single-A-Seite – gepaart mit „Come Together“ – im Beatles-Katalog, platziert kurz vor Ladenschluss. Heute existieren mehr als 150 Coverversionen dieses Balladenklassikers, was den Song nach „Yesterday“ zum meistinterpretierten Beatles-Titel macht. Harrison bevorzugte die Version von James Brown.