Die Wilden 50er


Ursprünglich sollte der Film „Hurra, wir leben noch“ heißen, benannt nach dem gleichnamigen Roman von Johannes Mario Simmel. Doch nachdem Simmel den Streifen in einer internen Vorführung gesehen hatte, betitelte er ihn angeblich nicht nur als „grauenvoll“, sondern versuchte sich auch juristisch davon zu distanzieren. Eine gerichtliche Verfügung besagt nun, daß der Simmel-Titel nicht verwendet werden kann und auch unter dem neuen Titel der Zusatz „sehr frei nach J.M. Simmel“ nicht fehlen darf.

Regisseur Peter Zadek hat sich jedoch durch diese Streitigkeiten nicht irritieren lassen. Bekannt für seine skurrilen Regie-Einfälle, spricht er da lieber von den 2500 Hühnern, die in seinem Film eine tragende Rolle spielen – und die er zu schauspielerischen Glanzleistungen anspornte.

Wie er das machte, verriet Zadek in einem Interview: „Man muß nur babbele, babbele, babbele“ sagen, dann kommen sie schon. Das geht jedenfalls leichter als bei den Schauspielern.“ Der Kriegsheimkehrer Jakob Formann (Juraj Kukura) baut sich mit 40 000 angebrüteten Eiern, die er aus US-Armeebeständen „organisiert“ hat, eine Hühnerzucht auf. Dabei hilft ihm der „Hühner-Professor“ (Willy Millowitsch), der schon Heinrich Himmler erfolgreich bei der Entwicklung des „Herrenrassen-Huhns“ beriet.

Schon bald mausert sich Formanns legefreudige Hühnerfarm zu einem Wirtschafts-Imperium; er selbst avanciert zum Super-Manager. Sein steiler Aufstieg wird zur Parabel für das Wirtschaftswunder der Nachkriegszeit, in der mit Köpfchen und Ellenbogen auch das Unmögliche möglich wurde.

Formann gelingt es sogar, seinem einzigen Konkurrenten Udo von Heeresheim (Boy Gobert) die Frau (Christine Kaufmann) auszuspannen und zu heiraten. Was ihn aber nicht hindert, auf seinen ausgedehnten Geschäftsreisen auch weiterhin die Frauen mit erotischen Spezialitäten zu beglücken; die ominöse „chinesische Schlittenfahrt“ spielt dabei eine besondere Rolle…

Diverse Bordell-Szenen und die sexuelle Freizügigkeit im allgemeinen waren es dann wohl auch, die Simmel am meisten bewogen, sich von der Verfilmung seines Romans zu distanzieren.

Doch auch für einen unternehmerischen Tausendsassa wie Formann kommen irgendwann einmal Tiefschläge. Als in den 70er Jahren die Geschäfte schlecht gehen, muß er seine Firmen an ein Banken-Konsortium abtreten. Grund genug für den unorthodoxen Geschäftsmann, seiner Zeit wie immer einen Schritt voraus zu sein: Formann steigt aus…