Eelco Gelling relaxed sein ist mode


Eelco Gelling is 25 Jahre alt. Er wurde in Zwartsluis bei Meppel/Holland geboren und zog mit seinen Eltern schon kurze Zeit nach seiner Geburt nach Loosdrecht um. Schon als er zehn Jahre alt war, ging die Reise weiter. Er zog nach Assen und dort wohnt er noch heute. Er besuchte die Oberschule und später noch ein Jahr lang eine Handels-Abendschule. Seine musikalischen Ambitionen nahmen schon während seiner Schulzeit konkrete Formen an. Er gründete die Formation „Rocking Strings“, in der er selbst die Funktion des Sängers einnahm. Nach einiger Zeit lehrte er sich selbst, Gitarre zu spielen und kam in Kontakt mit dem Schlagzeuger Dick Beekman und dem Komponisten/Sänger Harry Muskee. Damit war das Fundament für Cuby & the Blizzards gelegt. In der schwierigen Anfangsperiode spielte die Gruppe auf Partys und Tanzabenden. Sie spielten immer nur drei Nummern hintereinander, um dem Publikum zwischendurch Zeit zum Atemholen zu geben. Ab und zu enthielt ihr Programm ein paar Bluesnummern, aber nie mehr als drei, denn die Veranstalter befürchteten, dass sich ein grosser Teil des Publikums Richtung Ausgang begäbe. Es sollte Tanzmusik gemacht werden. Nicht mehr und nicht minder. Inzwischen hat sich die Scene krass verändert. Mitglieder von Gruppen die damals bei ihren Auftritten von hysterischen Fans umringt wurden, haben sich mittlerweile der Gesellschaft angepasst, sind „sesshaft“ geworden und denken nur noch ab und zu wehmütig an die glorreichen alten Zeiten zurück.

Cuby & the Blizzards dagegen ist ein Name von gestern und heute. Die Gruppe hat es stets verstanden, sich in der nervösen Popwelt zu behaupten und es sieht nicht so aus, als würde sich diese Situation in absehbarer Zeit verändern. Demnächst werden auch in Deutschland eine neue Single und eine neue LP der Gruppe erscheinen. Ich habe mich in der „Metro“, einem Cafe in der Den Haager Theresiastraat, mit Eelco Gelling, Sologitarrist von Cuby & the Blizzards, unterhalten.

Du bist Cuby und den Seinen immer treu geblieben. Warum eigentlich?

… tja … ich hatte in dieser Gruppe immer die Freiheit, die Musik zu machen, mit der ich mich selbst identifizieren konnte, die mir selbst gefiel. Das ist für mich das Wichtigste. Sollte mir das Repertoire eines Tages nicht mehr gefalien, würde ich die Gruppe verlassen. Geld wäre für mich nie ein Grund, mich einer anderen, finanziell besser dastehenden Gruppe anzuschliessen. Wenn man zu mir sagen würde – von nun an verdienst du bei Cuby nur noch 75 Gulden in der Woche würde ich trotzdem weitermachen.

In der Vergangenheit wart Ihr dafür bekannt, dass Ihr Euch bewusst von allen anderen holländischen Gruppen distanziert habt. In letzter Zeit habt Ihr regelmässig Kontakt mit anderen Gruppen und spielt sogar auf Platten von anderen Leuten mit. Was hat diese Veränderung bewirkt?

Ich habe mich nie bewusst von den anderen Leuten abgesondert, aber bei Harry war.das tatsächlich der Fall, denn er hält nicht so viel von der „Pop Scene“. Aber du darfst nicht vergessen, dass die ganze holländische Popmetropole im Westen liegt, also in Den Haag und Umgebung. Wir wohnen in Assen, also im Norden und kommen nicht so oft nach Den Haag. Dass ich an den Solo-LP’s von Frank Nuyens (Ex-Q 65) und George Kooymans (Golden Earring) mitgearbeitet habe, ist nichts besonderes. Ich finde die Beiden nett und die Sache hat mir Spass gemacht. Das besagt aber nicht, dass ich in der Zukunft viel Session-Arbeit machen werde. Es geht bei Sessions in erster Instanz um die Menschen, mit denen man spielt. Die Musik kommt in diesem Fall an zweiter Stelle.

Wie findest Du die LP’s von Nuyens und Kooymans?

Sie sind recht gut geworden. Kooymans hat, finde ich jedenfalls, auf „Jo-Jo“ bessere Sachen gemacht, als auf den Earring-Platten. Frank und George lassen beide gut hören, in welche Richtung sie streben wollen.

Welche Musik höret Du selbst am liebsten?

Zuhause spiele ich vorzugsweise klassische Musik. Elmor James und Charlie Parker gehören immer noch zu meinen Favoriten. Pop höre ich beinahe nie.

Hast Du das Gefühl, dass Du in den letzten Jahren ein bisschen mit Popmusik „überfüttert“ worden bist?

… Glaub ich schon, ja… wenn ich von einem Auftritt nach Hause komme, entsteht ein Abstand zwischen mir und der Popmusik. Ich werde ein bisschen neurotisch, wenn ich dann wieder eine Popplatte drehe. Popmusik verändert sich ununterbrochen, für mein Gefühl klingt das etwas aufdringlich. Es nimmt einem jede Möglichkeit, sich auch mal mit etwas anderem zu beschäftigen, wie z.B. lesen oder zeichnen.

Also zu viele Einflüsse in der heutigen Musik?

… ah … ja … die gibt es, aber die sind wohl unvermeidlich. Das kann man kaum verhindern. Es ist notwenig, zu suchen, wenn man etwas Gutes finden will. Aber… ich meine… nimm nur mal Deep Purple. Diese Musik ist für mich völlig überflüssig. Sie hat überhaupt keinen Inhalt. Inhalt wird oft mit technischer Fertigkeit verwechselt. Wenn ein Gitarrist über gewisse technische Qualitäten verfügt, und dasselbe gilt für einen Bassisten, Drummer etc.. ., dann ist das keine Garantie für gute Musik. Es sind Gruppen formiert worden, die sich aus lauter „Stars“ zusammensetzen, meistens läuft das auf gar nichts hinaus. Deep Purple ist dafür ein sprechendes Beispiel. Zuhause drehe ich manchmal ein Band von uns selbst. Da kannst du lachen … Meinen Plattenspieler habe ich gegen eine Kamera eingetauscht.

Du gehörst zu den besten Gitarristen Hollands. Dennoch stehst Du wenig in der Öffentlichkeit.

Das habe ich ganz bewusst so gewollt. Vor ein paar Jahren, in der Periode des grossen Aufstiegs Claptons, begann die Presse über mich zu schreiben und Vergleiche anzustellen. Es wurde gesagt, dass ich der beste Gitarrist in Holland war. Das war damals ganz schön, weil eine derartige Publikation der ganzen Gruppe zugute kam. Aber mir ist noch rechtzeitig klar geworden, dass man aus mir auch so einen „Star“ machen wollte und das war überhaupt nicht mein Fall. Ich spiele zufällig Gitarre in einer Gruppe die, für mein Gefühl, gute Musik macht. Eigentlich ist das überhaupt nichts besonderes. Andere Leute können von mir aus Stargitarristen werden, wenn ihnen das gefällt. Mir wird das nie gelingen, weil ich nicht die Mentalität habe, besser spielen zu wollen, als jemand anders. Vielleicht schade …

Weshalb schade?

wenn man diese Mentalität hat, ist man ehrgeizig, es fördert das Können. Man versucht, schwache Punkte zu verbessern indem man mehr übt. Ich habe hauptsächlich während Auftritten und gemeinsamen Proben Gitarre spielen gelernt. Ich habe die Absicht, genau so lange zu spielen, bis ich fühle, dass ich nichts mehr aus mir rausholen kann. Wenn dieser Moment kommt, werde ich Unterricht nehmen und all die Dinge lernen, von denen ich weiss, dass ich sie nur massig beherrsche.

Ist Eure neue LP eine Fortsetzung von dem, was auf Eurer letzten, „Simple Man“ geschieht?

Nein. Bei „Simple Man“ liegt das Gewicht auf den musikalisch technischen Details. Die LP, die wir jetzt gerade aufgenommen haben, enthält bluesige, Rock & Roll-artige Musik, ungefähr im Stil der Single „Queen’s* Way“. Die Platte wurde in einer schwierigen Periode aufgenommen. Wir hatten gerade unseren Manager gewechselt, was natürlich viele Besprechungen etc. mit sich brachte. Darunter hat die Platte gelitten, sie ist etwas weniger sorgfältig aufgenommen. Aber die Musik, die auf der Platte steht, finde ich doch unheimlich schön. Diese Art von Musik liegt mir mehr, als das, was ich auf „Simple Man“ gemacht hab. Es sind ein paar ganz gute Nummern auf dieser Platte, aber es ist alles ein bisschen zu fest arrangiert und in einer derartigen Situation bekomme ich schnell das Gefühl, zu stark gebunden zu sein.

Ihr hattet früher viel Erfolg mit Euren Singles. Die Zeiten scheinen vorbei zu sein. Warum?

Früher gingen wir ins Studio, um eine Single aufzunehmen. Heutzutage ist es so, dass wir an einer LP arbeiten und dann davon eine Single ausgekoppelt wird. Das ist ein wichtiger Unterschied.

Gibt es auch einen grossen Unterschied zwischen Cuby von damals und Cuby von heute?

Vor ein paar Jahren machten wir Blues-Musik, die in gewissem Sinne für Holland tonangebend war. Im Augenblick wird Musik gemacht, von der man behauptet, es sei Blues, obwohl es nicht der Fall ist. Eigentlich finde ich es schade, dass wir den Pfad des unkomplizierten Blues verlassen haben. Das Publikum hat sich im Laufe der Jahre auch etwas verändert. Von Led Zeppelin wird auch behauptet, das sie Blues spielen.

Denkst Du, dass eine holländische Gruppe, die authentischen Blues macht, Bestand haben kann?

… äh … ja… glaub ich schon. Es gab mal eine Zeit, in der ich es bezweifelt habe. Aber Musiker und Publikum sind im Begriff, die Sache wieder zurechtzubiegen. Es wird alles übersichtlicher. Die Leute scheinen wieder zu Ruhe zu kommen. Wenn man eine Band als Band spielen lässt, ohne eine Einzelperson in den Vordergrund zu rocken, glaube ich schon, dass auch eine Gruppe, die authentischen Blues spielt, erfolgreich sein kann. Es ist wichtig, dass die Gruppe eine in sich geschlossene Einheit ist. Wenn ein Gitarrist die Aufmerksamkeit auf sich lenken will, so leidet meist seine Gruppe darunter.

Hat es dir früher mehr Spass gemacht, als heute?

Gefährlicher Punkt. Leute, die schon etwas länger spielen, behaupten gern aus einer Art Sentimentalität heraus, dass das Spielen früher mehr Spass gemacht hat, als heute. Vor ein paar Jahren war alles etwas intensiver. Die Menschen waren lebendiger. Heute hat die passive Festivals-Atmosphäre von den Leuten Besitz ergriffen. Relaxed zu sein ist Mode geworden. Nach dem Konzert geht jeder ruhig nach Hause, aber vor allen Dingen relaxed, darum dreht sich alles. Ich find das schade. Ich sehe gerne Leute, für die die Musik wichtig ist. Die sie intensiv erleben können, anstatt sie passiv über sich ergehen zu lassen. Aber es ist schon wieder eine kleine Veränderung bemerkbar. Die Leute beginnen wieder zu tanzen und bewusster anwesend zu sein. Das ist gut. Wie sind doch da, um zu leben, oder?