Ein Cowboy macht Kunst: Mellencamps Rock ’n‘ Roll-Zirkus


EAST RUTHERFORD. Leise rieseln die Klänge eines Streichquartetts aus den Lautsprecherboxen der Brendan Byrne Arena. Ein Jongleur bestreitet das Vorprogramm, während ein Clown auf Stelzen durchs Publikum stakst. Hinter einer knallroten Zirkus-Bühne hängt eine Stoffbahn mit drei Werken des Expressionisten Max Beckmann.

Selten hat die Dekoration so sehr den Ton angegeben wie beim Start der „Whenever We Wanted“-Welttoumee hier in New Jersey. Mellencamp möchti sein Publikum unterhalten, aber er möchte es nicht für dumm verkaufen. Er will Rockmusiker sein, sich aber nicht in den üblichen Klischees erschöpfen.

Es sind vornehmlich Songs seiner drei letzten Platten, die der 40jährige Mellencamp zu einer lose verknüpften Kette über den amerikanischen Mythos verbindet. Wis differenziert gemeint ist, wird vom Publikum allerdings schnell auf Parolen reduziert: Für die 14.000 Starsand-Stripes schwenkenden Fans sind Mellencamps Songs Parabeln für den american dream, den eine schwere Rezession und ein verändertes Weltgefüge gerade zu zerstören droht.

Zigeunerschmalzige Tonbandweisen aus dem McGulasch Salon auf der Pusta fiedeln die zweite Konzerthälfte ein. Die wird dominiert von Kenny Aronoffs Power-Drums und dem Rest der achtköpfigen Band sowie Macho-Hits wie „Hurts So Good“, Xrumblin‘ Down“,“.Cherry Bomb“ und „Pop Singer“. Letzterer liefert Meilencamp die Überleitung in seine Verbal-Attacke gegen die Vermarktung des Rock ’n‘ Roll. „Wenn du einen Werbespot mit einem Song hörst, den du dir vor fünf Jahren auf Plane gekauft hast“, wettert er. „dann fühlst du dich verarscht.“ Mellencamp ist ein Rocksänger mit Skrupeln. Er weiß, was er will, weiß aber auch, was sein Publikum erwartet — und findet den goldenen Mittelweg. Er liefert ihnen das beste Rockkonzert, dessen er fähig ist. Und wenn das heißt, die engen Cowboystiefel in die Ecke zu schmeißen und auf Socken weiterzusingen, so tut er auch das.