Falco


Natürlich ist der Bursche ein entsetzlicher Angeber, aber mindestens ebenso unterhaltsam wie er peinlich sein kann. Teddy Hoersch sprach mit Österreichs kompromißlosestem Karrieristen.

ME/SOUNDS: Jeanny lebt, wie wir inzwischen wissen. War es für dich immer klar, daß die Geschichte von der Kindverführung in Serie gehen würde?

FALCO: „Eigentlich nahen immer nur die eher mißgesinnten Journalisten etwas anderes angenommen. Schon auf der Kopie von ‚Jeanny Part One‘ stand eben Teil eins. Das wurde nicht nachträglich aufgedruckt! Und so wie die Entwicklung ausschaut, kann ich natürlich niemandem versprechen, daß es bei den drei Teilen bleiben wird.“

ME SOUNDS: Bei den Recherchen habe ich bezüglich „Jeanny“ mit einem Herrn Steffen von der Bundesprüfstelle in Bonn gesprochen. Man war ja dabei, dein Video zu indizieren. Der Antrag des Klägers wurde abgelehnt. „Jeanny“ verstößt also ganz offiziell nicht gegen das „Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften „.

FALCO: „Da haben sich einige kluge Kopfe schon etwas überlegt dabei. Wenn sie nämlich ‚Jeanny‘ auf den Index gesetzt hätten, wäre das der zweite Fall in der deutschen Schallplattengeschichte gewesen. Der erste war 1954: Gesammelte Reden von Adolf Hitler. Da hat man sich sicherlich etwas gedacht. Es wäre international eine unglaubliche Sache gewesen.

Ich habe den ganzen Wirbel —- telefonisch -— aus Brasilien miterlebt. Bin nach wie vor sehr amüsiert und hatte natürlich auch eine spekulative Absicht bei der Sache. Die Deutschen und nur die Deutschen — nicht die Österreicher, die mir Heimvorteil geben, okay, nicht die Schweizer als Erfinder des Konservativismus‘ — nein, nur die Deutschen haben sich da pädagogisch berufen gefühlt. Ich bin sehr amüsiert — vor allem weil sie -— wie landläufig bekannt —- nichts anderes getan haben als die Umsatzzahlen zu heben. War es ein genialer Promotiontrick? Nein! Weil ich nicht damit gerechnet habe, daß die so auf den Tisch hauen würden.“

ME/SOUNDS: Findet es ein aufgeklärter und intelligenter Zeitgenosse überhaupt angebracht, daß Popmusik soviel Wichtigkeit beigemessen wird? Gerade du bist doch ein Vertreter des „weg vom Kopflastigen, hin zum Entertainment“.

FALCO: „Ja.ja … Ich halte es nicht für sinnvoll, wenn man das Entertainment — aus dem Bedürfnis heraus, es von seiner Unwichtigkeit und Nebensächlichkeit zu befreien — auf die Ebene der Hochkultur hievt.

Auf der anderen Seite ist wohl unbestritten, daß man als Popmusiker — ein großes Wort — pädagogischen oder zumindest emotionalen Einfluß hat. Wenn man sich z. B. Heavy Metal anschaut: Was da von der Bühne runterkommt, ist ja wohl alles andere als harmlos. Und mit dieser Verantwortung sollte man schon umgehen können.

Nur wenn man sich anschaut, was im Fernsehen läuft, dann gebe ich den Schwarzen Peter gerne weiter. Denn dann sind zuallererst einmal die Öffentlich-Rechtlichen aufgerufen, mit der Indizierung bei sich selbst zu beginnen. ‚Aktenzeichen XY‘ ist doch der Mord im Nebenzimmer. Und das alles ist auch noch real. Geniale Idee. Herr Zimmermann! Da hocken die Kids davor und denken sich : ,Hm hm, hoffentlich lebt die Oma noch. ‚“

ME/SOUNDS: Noch einmal zurück zum Video. Hast du ein Veto, von dem du Gebrauch machst?

FALCO: „Ich hab kein Einspruchsrecht, ich hab als Produzent, Verantwortlicher und Hauptdarsteller das Recht zu sagen: Ich geh jetzt sofort nach Hause, wenn das net so passiert, wie ich mir’s vorstell (lacht).

Ich habe mit Rossacher/Dolezal (Hannes Rossucher und Rudi Dolezal sind die Regisseure von Falcos ‚Jeanny‘-Videos) eigentlich zufällig begonnen, weil sie als Macher der ‚Musikszene‘ heute für mich die einzig greifbaren Video-Typen in Wien sind. Wir haben zuerst ‚Amadeus‘ gemacht und gesehen, daß dies gut geht, dann ‚Part One‘, ‚Sound Of Musik‘ und ‚Emotional‘. Das sind sicherlich nicht die einzigen Videomacher auf der Welt. Godley & Creme gibt’s ja auch noch.“

ME/SOUNDS: Von den kleinen Filmchen zu den abendfüllenden Filmen, “ Geld oder Leber“…

FALCO: „Ein großer Film ist das nicht, besonders nicht das, was ich darin zu tun habe. Ich finde den Film ganz toll, allein deshalb, weil er es geschafft hat, ,Top Gun‘ in den Cinema-Charts auf Platz drei zu verweisen. Das mag über die Kritikfähigkeit des Publikums mehr aussagen als über die Qualität des Filmes, aber irgend etwas steckt immer dahinter, wenn sich etwas verkauft.

Meine Rolle war der bestbezahlteste Urlaub, den ich je hatte. Zehn Tage Wörthersee. Ich habe nebenbei noch das Bootsführer-Patent gemacht, mit der ganzen Family und drum und dran …

Die Rolle, wie wir sie dann im Endeffekt umgeschrieben haben, war vertretbar, weil sie als Selbstpersiflage angelegt war. Und die kann ich mir nicht vorwerfen. Es gibt so viele Charakterdarsteller, die in der Werbung begonnen haben, es gibt so viele ‚Rambos‘. die schon Pornofilme gedreht haben —- würd ich nie machen!“ (lacht)

ME/SOUNDS: Deine Rechtfertigung in Ehren, aber großes Kino ist das ja beileibe nicht. Eher platte Komödie der allereinfachsten Art. War dieser Einstieg in die Filmbranche nach deinem Geschmack?

FALCO: „Überhaupt net! Ich habe seit Anfang des Jahres drei Drehbücher gelesen, die mit Musik nichts zu tun haben und in denen es gute Rollen für mich gibt. Einmal den .Goldmacher‘ Franz Tausend — eine authentische Figur aus Bayern, die unter der Vorgabe, aus minderwertigem Material Gold machen zu können, das Hitler-Regime um einige Millionen Reichsmark erleichtert hat. Er kam — als es nicht klappte — ins KZ und ist auf ominöse Art verschwunden. Eigentlich eine tragische Figur. Aber es bleibt trotzdem immer offen, ob’s komisch ist oder nicht. Nachdem ich die ersten drei Seiten des Drehbuches gelesen hatte, wußte ich: Diese Rolle ist für mich maßgeschnitten. Anfang 1987 soll gedreht werden.

Das andere Projekt kommt von der William Morris Agency. Drehort: Venezuela oder Karibik. Männliche Hauptrolle: Tom Cruise. Sujet: Landung der Amerikaner in der Schweine-Bucht. Da spiele ich so einen deutschstämmigen CIA-Agenten, jo, keine Hauptrolle, aber eine sehr, sehr feine Nebenrolle. Kein großer Aufwand, aber die Möglichkeit, den Amerikanern mal in die Küche zu schauen.“

ME/SOUNDS: Was reizt dich an dem Metier Film?

FALCO: „Mich reizt an dem Metier Film, daß es mein Metier ist und daß ich nächstes Jahr mal keine Platte machen möchte, ohne die ganze Zeit in der Sonne liegen zu müssen. Ich kenne das Klischee, daß Leute, die in der Popbranche erfolgreich san, unbedingt Filme machen wollen, aber das trifft auf mich nicht zu. Ich betrachte es als Abwechslung, als etwas, was ich (hebt die Stimme) kann, was mich interessiert, was ich kultivieren und entdecken möchte. Ein großer Filmschauspieler, na, ein Richard Burton wird ganz bestimmt net aus mir. Eher so wie Sting. Die machen das auch, weil sie damit viel Geld verdienen, sich selbst gerne darstellen und mal was anderes tun möchten als nur im Tonstudio sitzen.“

ME/SOUNDS: Nach deinem Live-Debüt als Falco äußerten viele Rezensenten ihr Erstaunen darüber, daß der Hansi Hölzel ja auch als Performer den „Sound Of Success“ glaubhaft machen kann …

FALCO: „Du, ich komm von der Bühne. Und es hat mich lange Zeit sehr geschmerzt, daß die Leute gemeint haben, der ist doch Plastik, den gibt es ja eigentlich gar nicht. Singt da wirklich der, der vor der Fernsehkamera steht? Ich habe ja lange Jahre mit dem Baß rumgemacht…

ME/SOUNDS: Spinning Wheel, Drahdiwaberl, Hallucination Company…

FALCO: ….. papipapo. Mit der Industrialisierung meiner Person habe ich auf einmal 46 Spuren auf dem Tape gehabt. Und mit einem einzigen Hit kannst du nicht 46 Spuren auf der Bühne hinstellen, ohne daß du verblutest. Ich erinnere mich an Joachim Witt, der nach dem .Herbergsvater‘ gemeint hat, er muß jetzt seine Firma zu einer großen Tournee zwingen, und völlig abgesunken ist.

Mach ich doch nicht! Da hab ich halt geschaut, daß es mit den Platten weitergeht. Da gab’s ja auch eine Talfahrt, mit den Bollands als Produzenten jetzt wieder ein Hoch. Aber wenn ich mit ,Amadeus‘ nicht auf Tour gegangen wäre, wenn ich letztes Jahr nicht den Sprung gewagt hätte, könnte ich heuer keine Welttournee starten.“

ME/SOUNDS: Es war also nicht Angst, die dich von der Bühne ferngehalten hat?

FALCO: „Nein, ich kann ja singen — und auf ein paar Bühnen habe ich ja auch gestanden in der Zwischenzeit.“

ME/SOUNDS: Was machst du eine viertel Stunde, bevor du auf die Bühne gehst‘.‘ FALCO: „Ich bin sehr, sehr nervös. Sobald das Lampenfieber nicht mehr da ist, kannst du’s ja vergessen. Da kannst du auch alle anderen fragen. Wenn dir jemand erzählt: ,Ich rauche gemütlich zwei Zigaretten und trinke eine Flasche Wein‘, dann lügt er. Glaub i net!

Ich bin in meiner Garderobe mit meinen engsten Leuten, nicht mit der Band vorher. Nachher schon. Vor dem Konzert geigt man sich da nur gegenseitig auf. Es kommt natürlich darauf an, wen man hinter sich hat. Da ist der Curt Cress, der sehr teuer ist. aber es auch verdient — und dann vier Leute, die ich seit Spinning Wheel und Drahdiwaberl kenne. Schon so ein bisserl Familienbetrieb. Das ist sicherlich wichtig.“

ME/SOUNDS: Du warst seinerzeit der Bassist von Drahdiwaberl. Wie ist dein Verhältnis zu den ehemaligen Kollegen? Du heute der Su-Su-Superstar und sie …

FALCO: „Also ich hab keine Probleme damit. Aber schau: Viel Neid, viel Ehr. Gerade die Neider muß man sich hart erarbeiten. Außerdem war ich nie Teil der sogenannten Wiener Szene. Ich bin nie saufen gegangen in diesen Beiseln, wo der Ambros und der Fendrich rumhängen bis vier in der Früh. Hab mich also eher immer mit anderen Künstlern — Literaten, Malern — oder auch ganz privaten Söhnen wesentlich besser verstanden als mit den Musikern.“

ME/SOUNDS: Wie lebt der Falco?

FALCO: „Ich habe eine 150-Quadratmeter-Wohnung, einen französischen Kleinwagen, etliche Uhren…“

ME/SOUNDS: Im Video trägst du eine Tissot, die Rockwatch…

FALCO:….. ja, das war product placement. Da waren außer Tissot noch Moet & Chandon, VW und Mitsubishi drinnen.“

ME/SOUNDS: Sammelst du Uhren?

FALCO: „Ja, aber keine Tissot. Entweder ich trage die Rolex Ulster aus dem Jahr ’27 oder gleich eine Casio. Das ist schon eine gewisse Leidenschaft.

Ansonsten haue ich nicht über die Schnur. Ich fahr halt gern mal zum Frühstück nach Nizza oder übers Wochenende nach Rom oder mit einer Freundin einen Monat lang durch Südamerika. Das leiste ich mir, und ich glaub, das kann ich mir auch leisten. Aber ich brauch keine Villen … vielleicht später. Ich lege das Geld an, so gut es geht.“

ME/SOUNDS: Auch in deiner Karriere gab es — ich darf zitieren — Tatfahrten. Nach dem Erfolg von „Kommissar“ und EINZELHAFT kam das experimentelle JUNGE RÖMER .. .

FALCO: „Nicht experimentell, sondern konzeptionell …“

ME SOUNDS: Gut. Die Frage: Muß man wirklich, wie du mal in einem Interview gesagt hast, immer wieder vom Berg runter, um den nächsten Gipfel zu erklimmen?

FALCO: „Ich glaube schon, daß die Tiefs mindestens genauso wichtig sind wie die Erfolge, weil man sich da ganz anders sieht und den notwendigen Abstand gewinnt zu dem. was man tut…

In jedem Fall kann man sagen: Die Zweite war das Resultat aus der großen Erwartungshaltung, die die Erste geweckt hatte. Ich hatte mir als Erfolgsanfänger natürlich gedacht: Jetzt bist fünf Meter gesprungen, wenn du jetzt nur vierfünfnudneunzig schaffst, bist du unter der Laue durch. ‚ So kam’s halt. Dann machst du dich verrückt. Die Zweite war aber zugleich auch Möglichkeit für die Dritte.

ME/SOUNDS: Höhenflug mit den Bolland-Brüdern. Während sich andere mit zunehmendem Erfolg immer länger im Studio verschanzen, hast du EMOTIONAL in kurzer Zeit aufgenommen. Wieso?

FALCO: „Ich war von meinen früheren Produzenten gewöhnt, daß es unheimlich lange dauern muß. bis etwas gut wird. Ist ja klar, sie verdienen herrlich daran: in den eigenen Studios. Mit den Bollands habe ich nun für vier Prozent Lizenz gleich zwei Produzenten und kann also immer zwischen zwei Studios hin- und herflitzen, um meinen Senf dazuzugeben. Das ist eine ganz andere Art von Professionalität, mit der da gearbeitet wird. Ich habe mich mit denen von Anfang an gut verstanden. Das san auch so a bisserl Kosmopoliten. Wir streiten, daß die Fetzen (liegen — und am nächsten Tag ist die Sache im Kasten. Wischiwaschi-Verhältnisse gehe ich nicht mehr ein. Wenn ich mit den Bollands oder irgendeinem anderen engen Mitarbeiter nicht mehr kann, dann ist er geflogen oder ich bin abgeflogen. Mit den Bollands, nun … nach der Nummer 3 habe ich gedacht: O weh, hoffentlich kommt da jetzt noch etwas? Aber die sind fast wie Björn und Benny, die Abbaisten.“

ME/SOUNDS: Was tut sich musikalisch?

FALCO: „Prince tut sich sehr. Der ist für mich die erfreulichste Novität der letzten Zeit. Sade und Paul Weller und wie sie heißen sind alle auf dem coolen Jazz-Trip, ist doch auch schon abgefuckt. Ich sehe keine großartigen Tendenzen. Schau dir die englische Hitparade an, die ja bekanntlich ein Barometer ist: Cliff Richard … Aber Tendenzen? Sigue Sigue Sputnik ist für mich keine Tendenz, sondern eine Kreation der Kings Road.“

ME/SOUNDS: Welche Tendenzen gibt es denn auf EMOTIONAL?

FALCO: „Ich möchte nicht auf dem Zeitgeist rumreiten. Denn den -— und das wissen auch all die Zeitgeist-Magazine -— gibt’s gar nicht. Nun, als ich EMOTIONAL an einem Stück gehört habe, fiel auf. daß sie noch heavier ausgefallen ist, als ich selbst vermutete. Sowohl literarisch als auch musikalisch. Stilistisch breit gestreut: Es geht von 40-Mann Big Band-Sound a la Count Basie bis hin zu einer Prince-angehauchten Collage: ,The Kiss Of Kathleen Turner‘. Hören, bitte hören!! Ich kann mich da nicht erklären und will auch keine Betriebsanleitung geben. Hören!“

ME/SOUNDS: Hattest du bei JUNGE RÖMER auch dieses Gefühl: Das ist meine Beste?

FALCO: „Nein, in dem Fall hatte ich gemischte Gefühle. Noch dazu war ich von der Medienseite her in einer Situation … ich hab ja die Schnauze nur aufgerissen. Werd ich auch weiterhin tun. Nur war’s damals ein bisserl unmotiviert. Nicht Nenamäßig. Da war ich schon subtiler. Aber überzogen habe ich es schon.

Vor allem die Österreicher haben alle darauf gewartet, mich sterben zu sehen nach dem Motto: mit wehenden Fahnen auf den Zentralfriedhof. Das wäre ihnen am liebsten und wird ihnen immer am liebsten sein. Das liegt so an dem sozialen Gefüge und den österreichischen Journalisten, die nie. wie in Amerika oder England, mit den Stars befreundet sein könnten — immer mit dem Wissen, daß sie unten sind. Das stimmt ja gar nicht. Das ist halt einfach ein anderer Beruf. Aber dennoch: Sie schauen nach oben und hoffen, daß da jetzt endlich mal was runterfällt. Menschlich wirst du für diese Herren ersi mit dem Tode. Dann beweist du quasi durch dein Ableben, daß du doch einer der ihren bist.

Nun, um auf JUNGE RÖMER zurückzukommen: Obwohl ich nicht hundertprozentig von der Sache überzeugt war, mußte ich sie in der Öffentlichkeit meinungsstark verirrten. Dann kam es halt zu solchen Wahnsinnsaktionen wie mit der Nosbusch (1984 sang Falco ein Duett mit Desiree Nosbusch). Aber bitte, wie willst du einen Song verkaufen, der da geht (singt ohne Emphase) ,nur mit Dir/Ungeheuer neues Feuer im Zweiklang/mit dir…‘ Da liegt’s natürlich auch ein bißchen am Material, oder?

Bei der Dritten war mir klar, daß es knallt – und auch bei EMOTIONAL weiß ich, daß es knallen wird. Aber ich glaube, es wird länger dauern. Und wenn es hier nicht knallt, dann knallt’s in Amerika. Also irgendwo knallts sicher.“

ME/SOUNDS: Der Su-Su-Superstar hat eine ganz eigene Gesangsart entwickelt, diesen verqueren deutsch-englischen, Sprechgesang-ähnlichen Un-Stil. Zufallsprodukt oder…

FALCO: „Ganz und gar nicht. Ich habe mich nämlich irgendwann einmal geweigert. Englisch zu singen, wenn ich den ganzen Tag Deutsch rede. Dann habe ich halt angefangen. Deutsch zu singen. In der Zwischenzeit spreche ich immer mehr Englisch. Infolgedessen sehen auch die Texte so aus. Das ist der Hintergrund. Im übrigen: deutsche Sprache, schwere Sprache für Popmusik. Sehr viele Konsonanten, sehr hart, sehr eckig. Dadurch kam’s zum Rap. Irgendwelche Ambitionen gibt es dabei nicht. Das Englische macht das Deutsche ein bißchen flüssiger, aber das Deutsche transportiert die Inhalte. Das Englische ist nur Mittel zum Zweck. Ich habe nichts gegen Hemingway, aber die Deutschen — und da vor allem die Klassiker — sind nach wie vor die Größten. Mit dieser Sprache kannst du einfach alles ausdrücken.“

ME/SOUNDS: Werden deine Platten für den amerikanischen Markt geändert?

FALCO: „Nein, das kommt 1:1 heraus, genau wie hier. Meine frühere amerikanische Firma A&M fand den .Kommissar‘ ja sehr akzeptabel, aber getan haben sie wenig. Die Reaktion: Also, Junge, mit deutscher Sprache — ist ja ganz nett und exotisch, aber damit wirst du es nie schaffen. Du mußt Englisch singen.“

ME/SOUNDS: Aber man wird dich doch auch weiterhin als den Exoten handeln …?

FALCO: „Das hoffe ich sogar! Wenn du siehst, daß eine der größten Agenturen — die vorhin erwähnte William Morris Agency — mir das Filmangebot macht, dann haben Brandauer und Schwarzenegger einen Bedarf an Deutschem, einen Bedarf an Exotischem geweckt. Das gilt in diesem Fall für den Filmsektor. Vielleicht kann ich etwas Ähnliches auf dem Musiksektor lancieren.“

ME/SOUNDS: Man weiß aus der Boulevardpresse, daß dich deine Frau verlassen hat …

FALCO: „Paß auf, du weißt wie die Weiber sind. Ich hab ihr gesagt: Du kannst bei mir bleiben und dir ein angenehmes Leben machen oder du kannst gehen. Eine Alternative gibt es nicht! Und weil sie mit meiner Art Leben nicht zurechtgekommen ist. mit der Tatsache, daß ich oft unterwegs bin, da ist sie halt gegangen.“

ME/SOUNDS: Ist der Preis, den man für eine Karriere wie die deine zahlt, nicht zu groß?

FALCO: „Nein! Es gibt keinen Entertainer, der in eine gewisse Höhe vorgestoßen ist und dafür keinen hohen Preis zahlen mußte. Ob er zu hoch ist…? Wir werden sehen!“

ME/SOUNDS: Welches Ziel hast du?

FALCO: „Ein Ziel?? Nun, wenn die Leute sagen: Wir finden gut, was er macht oder wir mögen es gar nicht, aber weiter keine Vergleiche anstellen, dann hab ich was erreicht. Wenn sie — egal, wie sie es finden — zugestehen: Das ist er, und dumme Analogien wie die vom Alpen-Bowie, vom Schnösel, vom geschniegelten Wiener Dandy vermeiden, dann stimmt’s.“

ME/SOUNDS: Angenommen, du müßtest einem Fremden die zwei hervorragendsten Eigenschaften deines Charakters nennen — die positive und die negative …?

FALCO: „Die positive ist sicherlich Großzügigkeit. Ich hab ein Herz wie ein Löwe. Und die negative (zögert) ist ständig noch in Arbeit. Ich glaube, ich bin sehr ungeduldig und schon auch oft ein bißchen cholerisch. Dann baue ich mich derartig auf… Das ist nicht gut. Man sollte das eher cooler betrachten.“

ME/SOUNDS: Kann man als Star ein normales Lebenführen?

FALCO: „Nein! Aber Gegenfrage: Was ist ein normales Leben‘? Für mich ist das ein ganz normales Leben, das ich führe. Ich esse gut, ich trinke gut, ich hab gute Freunde und Mädels hin und wieder irgendwo. Ich brauch mich nicht zu beklagen. Ich hab keine Mark in der Tasche und brauch auch keine .. .“

ME/SOUNDS: Die liegt auf der Bank …?

FALCO: „Ja, die eine (lacht)-Der erste Taler!“