im Plattentest : Chris Williams


Wir haben uns mit Chris Williams, dem Sänger von ABACUS, zusammengesetzt und ihm ein paar LP’s vorgespielt. Dabei wurde ihm nicht gesagt, um welche Platten es sich handelte, so dass er den oder die jeweiligen Interpreten erraten und dann einen persönlichen Kommentar abgeben musste…

10 5 38 OVERTURE

The Electric Light Orchestra

Harvest SHVL 797

The Electric Light Orchestra. Ich mag diese LP, weil sie ein ausgefeiltes Arrangement hat. Doch ich vermisse bei Jeff Lynn den Gesang. Es müsste, meiner Meinung nach, etwas mehr in dem Titel sein, aber wahrscheinlich bin ich da vorbelastet, weil ich ja selbst singe. Sonst ist dieses Stück das beste auf der ganzen Scheibe. Eben wegen des sauberen Streicherarrangements. Die anderen sind irgendwie recht komisch, weil ihnen eine direkte Linie fehlt. Doch man kann sich daran gewöhnen.

HEY BABY

Jimi Hendrix -Rainbow Bridge

Reprise 54004

Der Sound ist entsetzlich und erinnert mich an eine deutsche Gruppe. Aber ich weiss beim besten Willen nicht, wer es sein könnte, vielleicht Scorpions? Nein, am Anfang hätte ich auf eine deutsche Produktion getippt, doch jetzt kommt es mir so vor, als wäre es Rory Gallagher, ist es Rory?? Chris Williams erkannte Jimi Hendrix an seinem Gesang. Die LP war ihm vollkommen unbekannt und auch Hendrix hat auf diesem Album seinen Sound geändert – Und ich sagte, dass es eine deutsche Gruppe sei! Doch der Anfang war dementsprechend und ich hätte nie daran gedacht, dass es Hendrix sein könnte. Dabei mag ich ihn sehr, als einen ungestümen Gitarristen, der sein Gefühl problemlos weitervermitteln kann. Doch bei diesem Stück ist es ihm – bei mir – nicht gelungen.

OH YEAH

The Can – Taqo Maqo

Liberty 29 211112 X

The Can! Woran ich sie erkannt habe? Nun, sie sind so etwas wie die Pink Floyd der frühen Jahre. In jedem Land gibt es eine Underground-Scene, die überall die gleiche Basis hat. Ich glaube, dass die Can in Deutschland die grössten Exponenten dieser Underground-Scene sind. Deshalb kann man nicht sagen, dass sie typisch deutsche Musik machen. Doch das Stück ist für mich zu heavy und zu nervös. Ich mag keine Speedy-Musik, sondern Musik, bei der man entspannen kann. Doch das ist bei The Can nicht möglich. Sie sind zu aggressiv, um ein gelockertes Feeling zu vermitteln. Ach ja, der Gesang! Ich möchte Gesang als Melodie machen, möchte die Worte formen und drehen, ihnen auf diese Art neue Klangfarben geben. Doch der Sänger von den Can, ich glaube, er ist Japaner, beschränkt sich auf das Notwendigste, so wie es die Gruppe ihm vorexerziert. Denn auch sie beschränken sich auf das notwendigste Minimum. Das Motto der Gruppe könnte lauten: Kleinste Ursache, grösste Wirkung!

PUSH, PUSH

Herbie Mann -Push, Push

Embryo SD 532

Das kann nur Herbie Mann sein! Ich liebe ihn, denn er versteht es, eine leichte, swingende Happy-Musik zu produzieren. Harold McNair, der vor einiger Zeit gestorben ist, hatte eine gleich gute Art, seine Flöte zu handhaben. Die beiden sind sich sehr ähnlich. In diesem Stück schafft es Herbie Mann, fast problemlos einen Weg in dich hinein zu finden, weil der Rhythmus sehr funky ist. Ich kann den Titel in etwa vergleichen mit einer alten Herbie Mann-LP, die „“Live at Village Gate“ aufgenommen wurde. Ich glaube, ein guter Gedanke wäre es, wenn man mit dieser Musik in den Ohren spazieren geht. Sie ist ungemein happy und es wird auf eine entspannte Art Musik gemacht, die geradezu faszinierend ist. The Can beschreiten den schweren Weg, Herbie Mann macht es auf die leichte, beswingte Art, die mir mehr zusagt. Doch der Geschmack geht ja sicherlich weit auseinander. Aber die Jazzer, z.B. auch Cannonball Adderley, haben es immer verstanden, einen duften Rhythmus zu nehmen als Basis für weite Ausflüge der einzelnen Soloinstrumente. Herbie Mann gehört dazu. Auch seine letzte LP „“Memphis Underground“ ist in diesem Sinn produziert. Z.B. dieses Gitarrensolo gibt alles, was man geben kann. Die Musik ist ungemein kompakt und dass kein Gesang dabei ist, fällt weiter nicht auf, weil einfach kein Platz mehr da ist. Herbie Mann ist mein Favorit auf der Flöte.

FEEL SO BAD

Cactus – one way … or another

Atlantic 40216

Ist es Led Zeppelin? Ich habe ihre Single gehört und sie haben etwas ihren Sound geändert. Doch bei den Chorstimmen kann es nicht mehr Led Zeppelin sein. Es ist eine amerikanische Produktion, da bin ich sicher, doch ich weiss beim besten Willen nicht, wer es sein könnte. Der Klang ist umwerfend, doch die Musik sehr einfach. Es wird mehr mit Kraft als mit Melodie gespielt. Deshalb hätte es Robert Plant sein können. Doch der Rhythmus ist nicht so hart und eindringlich, sondern mehr schwebend. Ist es eine bekannte Gruppe? Muss man sie kennen? Nein, ich weiss es nicht. Wer ist es denn? – Oh ja, Gactus! Es waren die früheren Vanilla Fudge, ich habe mal mit dem Bassisten, Tim Bogart, zusammen im Marquee-Club in London gespielt. Doch das ist schon einige Zeit her. Ich habe sie beim besten Willen nicht wiedererkannt. Denn der Sound hat sich ungemein zu ihrem Vorteil verändert.

VICTORIA SAGE

Jack Bruce – HarmonyRow

Polydor 2310 107

Da gibt es keinen Zweifel, es ist Jack Bruce. Willst du auch noch den Titel wissen? Man erkennt ihn an seiner Stimme und an seinem Piano. Auf dieser LP kommt der Bass nicht so zur Geltung, aber umsomehr Piano und Cello. Er liegt hier stimmungsmässig in der Richtung von Neil Young. Doch ist bei Jack Bruce eine andere Basis vorhanden. Ich persönlich ziehe „“Songs for a tailor“ vor, weil sie vielleicht nicht so anspruchsvoll ist. Aber ich habe sie auch schon so oft gehört und kann deshalb mir ein besseres Urteil erlauben.

Chris Williams war ein angenehmer Gesprächspartner und ein kritischer Hörer. Auf die Frage, was war die beste LP, kam aus der Pistole geschossen: HERBIE MANN. -Er durfte sie behalten. Seine zweitbeste Wertung gab er der englischen Gruppe THE ELECTRIC LIGHT ORCHESTRA, an dritter Stelle folgte JACK BRUCE, vierter I CACTUS, fünfter JIMI HENDRIX und last but not least THE CAN.