Interview mit „Mr. Krawallisch“: „Der DJ soll sich den Arsch aufreißen“


Jan Sawallisch legt als „Mr. Krawallisch“ in der auf 50s und 60s spezialisierten Berliner Bar „Soul Cat“ auf – ausschließlich mit Vinyl, Ehrensache.

ME: Wo begann deine Liebe zum Vinyl?

Jan Sawallisch: Die wurde mir in die Wiege gelegt. Mein Vater hatte ab 1980 einen Plattenladen in Kiel. Meine Mutter war in den 60ern im Hamburger „Star-Club“ unterwegs und hat dort auch Leute wie Jimi Hendrix kennengelernt.

Bist du je in Versuchung geraten, wie die meisten anderen DJs, mit Laptop und USB-Stick aufzulegen?

Nein, denn darin steckt keine Herausforderung. Ich will sehen, dass sich der DJ für sein Publikum den Arsch aufreißt – seltene Platten gesucht und gefunden hat. Natürlich ist es ungerecht, dass mancher DJ mehr Geld hat und so leichter an Raritäten rankommt. Aber ich kenne viele DJs, die wenig Geld haben und dann eben Flohmärkte abgrasen. Irgendetwas musst du investieren: Zeit oder Geld. Eine Playlist anfertigen kann jeder. Vinyl fühlt sich auch einfach wahrhaftiger an. Für das Publikum ist das auch ein anderes Erlebnis, wenn man da Vinyl auf dem Plattenteller sieht.

Honoriert dein Publikum deinen Einsatz?

Teilweise schon, obwohl mir das nicht wichtig ist. Natürlich sieht man aber staunende Gesichter. Andere fragen sich aber, warum sich der Junge das Leben so schwer macht. Aber für die Platten mache ich mir das Leben gerne schwer.

Wie schwer ist es denn? Wie kaufst du Platten?

Ich habe meine Stamm-Plattenläden wie den „Record Store“ in Berlin-Mitte. Der Besitzer reist immer wieder in die USA und stöbert da seltene Platten auf. Aber viel besorge ich auch übers Internet, über Discogs und Ebay.

Kannst du deine Platten von der Steuer absetzen?

Ja, das ist mein Arbeitsmaterial.

Du hast vermutlich eine sehr große Sammlung…

Es geht eigentlich. Mein Anspruch war nie der nach Vollständigkeit. Das nimmt ja alles kein Ende. Es gibt immer noch mehr von allem als man denkt. Ich habe jedenfalls nie nachgezählt. Als DJ kaufe ich meistens 7’’s, da habe ich dann weniger zu schleppen und der Sound ist auch besser als bei LPs.

Was sind die beklopptesten Wünsche, die nachts an dich als DJ herangetragen werden?

Manchmal wünscht sich einer ein Lied, das gerade läuft. Oder etwas von der Band Motown.

Neulich war Dan Auerbach von den Black Keys Gast-DJ bei euch. Wie kommt man an den ran?

Über einen gemeinsamen Bekannten. Dan hat sich als DJ angeboten, weil er einfach mal seine Platten hören wollte. Dazu kommt er ja sonst nicht. 40 Euro hat er für den Abend bekommen. Die hat er mir aus der Hand gerissen.

Soulcat – 50s & 60s Music Bar

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