Ist der gute alte Plattenladen tot?


Ein Gespräch mit Thorsten Reuber, General Manager Music beim online-Plattenhändler amazon.de.

Nach welchen Kriterien gestaltet amaion.de den CD-Preis?

Bei ein bis zwei gekauften CDs soll der Gesamtpreis inklusive Versandkosten nicht über dem Preis eines normalen Einzelhändlers liegen.

Wie breit itt dai amazon.de-Sortiment?

Wir haben uns auf die Fahnen geschrieben, grundsätzlich alles im Sortiment zu haben, was der deutsche Markt hergibt. Derzeit sind dies etwa 150.000 Tonträger-Titel.

Wie kann amazon.de seine versprochene Lieferzeit von 14 Stunden einhalten?

Wir bemühen uns, 80% der eingehenden Aufträge in dieser Spanne zu erledigen. Das klappt natürlich nicht bei allen derzeit im Programm befindlichen Musiktiteln. Aber wir versuchen, die gut gehenden Titel immer vorrätig zu haben.

Entspricht die Entwicklung der Internet-Akzeptanz Ihren Erwartungen?

Es scheint, wir haben die Entwicklung ganz realistisch eingeschätzt. Interessant ist trotzdem, dass etwa in England die Internet-Akzeptanz viel größer ist als in Deutschland.

Woran liegt das?

Einer der wichtigsten Gründe ist wohl, dass in England die Möglichkeit besteht, zu festen Pauschaltarifen zeitlich unbegrenzt online zu sein. In Deutschland startet die Telekom erst jetzt mit ersten Angeboten in dieser Richtung. Davon erwarten wir uns für den hiesigen Markt einen Quantensprung, denn so kann man entspannt im Internet shoppen, ohne Angst zu haben, dass schon wieder eine Mark durch den Gullv ist.

Wann wird amaion.de schwane Zahlen schreiben?

Das weiß ich nicht. In den Untemehmensbereichen Buch, Musik und Video wollen wir aber nächstes )ahr in die profitable Zone.

Nehmen wir ein typisches Erfolgsprodukt wie das aktuelle Santana-Album „Supernatural“. Wieviel Prozent der Gesamtverkaufe gehen inzwischen auf das Konto des online-Handels?

Das kann man kaum verallgemeinem. Mitunter kann das wie im Falle des Santana-Albums übrigens unser bisher bestverkauftes – aber an drei bis vier Prozent heranreichen.

Unterscheidet sich der typische amazon.de-Kunde von den Leuten, die ihre Platten nach wie vor im Laden kaufen?

Den typischen amazon-Kunden gibt es nicht. Unsere Kundschaft ist eine Mischung aus echten Musikfreaks, die gezielt nach bestimmten Produkten suchen, und Leuten, die wir „massiv passiv“ nennen, die also kaum noch in den Plattenladen gehen, weil sie zum Beispiel die dortige Soundkulisse nervt.

Was bieten Sie als Online-Händler im Unterschied zum traditionellen Einzelhandel?

Etwa die Verfügbarkeit der Titel. Dies ist auch der Grund, weshalb wir einen recht hohen Anteil an Nischenverkäufen haben. Ein Beispiel: Wenn ich auf Weltmusik stehe und die Platten eines bestimmten Labels seit lahxen kaum noch in meinem Plattenladen finden kann, dann kann ich midi aber darauf verlassen, dass mir amazon.de jeden lieferbaren Titel aus diesem Bereich in kürzester Zeit besorgen kann.

Stichwort MP3 – wird amazon in Zukunft Alben zum direkten Download anbieten?

Zwar ist die Technologie in Sachen Download zuletzt extrem weit fortgeschrinen, trotzdem herrscht derzeit noch ein totales Format-Wirrwarr. So gibt es verschiedene Encoder, unterschiedliche Abrechnungssysteme und dergleichen mehr. Ein Tohuwabohu, in das wir uns nicht begeben wollen. Im Moment ist das noch viel zu früh.

Ist der gute alte Plattenladen also tot?

Nicht unbedingt. Als damals die Videokassette aufkam, hat auch jeder das Ende des Kinos prophezeit. Das jedoch ist nach wie vor höchst lebendig. Eine ähnliche Koexistenz sehe ich beim klassischen Plattenladen und dem Online-Anbietern. Trotz aller Vorteile des Online-Handels: Manches findet man eben nur im Plattenladen.