Jagger floh aus dem Dschungel


"Werner Herzog beutet die Indios aus - Revolution!" ... "Krach um deutschen Filmregisseur im lateinamerikanischen Dschungel"... "Mick Jagger reist ab"... "Ist 'Fitzcarraldo' noch zu retten?" Diese und ähnliche Headlines begleiten seit mehr als zwei Jahren die Dreharbeiten des gigantomanischen neuen Films von Werner Herzog. Was ist wahr an den Spekula tionen, Gerüchten und immer neuen Hiobsbotschaften, die das jüngste Werk des "größten deutschen Regisseurs seit Friedrich W. Murnau" (so die Filmhistorikerin Lotte Eisner) begleiten?

Vom Pech verfolgt ist die Kautschukballade „Fitzcarraldo“ schon seit dem ersten Drehtag. Zuerst waren es die einheimischen Indios, die dem forschen Regisseur wegen seiner angeblich ausbeuterischen Praktiken die Mitarbeit kündigten und die Geräte zerschlugen. Dann setzte die Regenperiode ein und die Russe traten über die Ufer. Schließlich erkrankte Herzogs Titeldarsteller, der Hollywood-Star Jason Robards, worauf die Dreharbeiten wiederum unterbrochen wurden. Mit Robards verließen auch dessen Partner Mick Jagger und Mario Adorf den Drehort und weigerten sich, in den Kino-Dschungel zurückzukehren. Nur die schnelle Zusage Klaus Kinskis, der die Robards Rolle übernahm, rettete das Herzog-Projekt buchstäblich in letzter Minute.

Alle Szenen, die in monatelanger Arbeit mit Robards, Jagger und Adorf entstanden waren – also rund vierzig Prozent des Gesamtfilms – mußte Werner Herzog neu drehen. Mick Jaggers Rolle wurde ersatzlos gestrichen. Vom ursprünglichen Aufgebot internationaler Top-Stars war bei Drehschluß nur noch Claudia Cardinale dabei Vor vierzehn Tagen durften die internationalen Geldgeber des monströsen Herzog-Projekts für’s erste aufatmen: Am 10. Juli fiel die letzte „Klappe“ zu „Fitzcarraldo“. Der Filmemacher selbst sitzt zur Zeit in Paris am Schneidetisch und stellt den so dramatisch entstandenen Film fertig. Wenn alles klappt, wird er am 5. März 1982 ins Kino kommen.

Ob allerdings die in zweijähriger Arbeit entstandenen Kosten jemals wieder eingespielt werden können, scheint schon heute mehr als fraglich. Wieviel Geld das Unternehmen tatsächlich verschlungen hat, war nicht zu erfahren. Herzogs Filmverleih meinte lakonisch: „Wissen wir nicht“. Sein Pressebüro: „Kein Kommentar“. Der Produzent: „Das habe ich noch nicht nachgerechnet“.

Kleiner Nachtrag in Sachen Mick Jagger: Der Rockmusiker und verhinderter Herzog-Star will jetzt hinter die Kamera wechseln. Als Regie-Debüt schwebt ihm der Roman „Kalki“ des Skandal-Autors Gore Vidal vor.