James Brown: Godfather IV – l’m back and l’m proud


Frisch aus dem Knast, demonstriert James Brown, daß er viel gelernt, aber nichts verlernt hat.

Er sieht müde aus, als ich ihn im Büro seines Managers treffe. Gestern ging sein Comeback-Konzert über die Bühne des Wiltern Theatre in LA – heute will das Telefon nicht mehr stillstehen. Zwar werden die Gratulanten von zwei Telefonistinnen auf Distanz gehalten, doch Brown verfolgt das Geschehen aus sicherer Distanz mit größter Aufmerksamkeit. Ausgestreckt auf einem riesigem Canapee, wirft er gleich nach jedem Anruf einen fragenden Blick zum Telefon: „Wer war es? Was genau hat er gesagt? Wie war nochmal der Name?“ In den meisten Fällen sind es Unbekannte, die gratulieren, was Browns offenkundiger Rührung indes keineswegs mindert.

„Wissen Sie“, sagt er, „der Anruf eines Fans macht mich tausendmal glücklicherlicher als der eines großen Tiers von der Plattenfirma. Die Fans haben mich nie vergessen. Selbst als ich hinter Gittern saß, haben sie zu Hunderten angerufen und mir Mut gemacht. Von den Business-Fürsten, die mir jetzt die Ohren volldröhnen, habe ich kein Wort gehört. Keine der Plattenfirmen, für die ich Millionen Dollar eingefahren habe, hat es für nötig befunden, sich nach meinem Befinden zu erkundigen. Sie halten mich abgeschrieben. Sie gaben mir nicht den Hauch einer Chance mehr. Und jetzt stehen sie in Reih und Glied und wollen mir den Arsch küssen. Nicht mit mir! Nur über meine Leiche!“

Er starrt für einen Moment abwesend vor sich hin, um aber gleich wieder sein breites Grinsen aufzusetzen. „Wissen Sie, die letzten Wochen haben mir unglaublich viel bedeutet. Nach zweieinhalb Jahren plötzlich wieder frei zu sein, ist ein unbeschreibliches Gefhl. „

Wieder starrt er in sich hinein. Auch wenn er selbst das Gegenteil behauptet – wirklich entspannt, wirklich glücklich scheint er noch immer nicht zu sein. Als ich ihm diesen Eindruck schildere, entspannt sich sein Gesicht zu einem Lächeln. Er nickt. „Freiheit war das, worüber ich zweieinhalb Jahre lang tagtäglich nachgedacht habe. Ich bin damit aufgestanden, ich bin damit zu Bett gegangen. Jetzt wo ich meine Freiheit habe, spüre ich ein eigentümliches Gefiihl der Machtlosigkeit. Vor allem wenn ich daran denke, wegen welcher Bagatelle sie mich so lange eingelocht haben. „

Ich frage ihn, ob er heute eine definitive Schilderung der Vorgänge geben könne, die zu seiner Verhaftung führten. Er schaut mich an, als hätte er diese Frage eigentlich schon vor einer halben Stunde erwartet. „Es begann in meinem Büro als harmloser Streit zwischen mir und einigen Studenten, die im gleichen Bürohaus unterrichtet wurden. Eines Tages fiel mir auf, daß sie ständig meine private Toilette benutzten – ohne mich gefragt zu haben! Als sie dann auch noch unflätig wurden und mein Büro nicht verlassen wollten, habe ich ihnen in meinem Ärger eine Knarre unter die Nase gehalten.

Ich fuhr daraufhin nach Hause, um den ganzen Ärger zu vergessen. Plötzlich ist die Polizei hinter mir. Drei Wagen. Mit heulenden Sirenen! Als hätte ich die Bande erschossen! Ich hatte jedenfalls die Nase voll und entschloß mich, erst einmal weiterzufahren. Nach einer Weile besann ich mich dann doch und hielt an, um weiteren Ärger zu vermeiden …“

Von diesem Punkt an gehen die Schilderungen auseinander. Laut Polizeibericht hielt Brown erst an, nachdem die Reifen seines Tracks mit Kugeln durchlöchert waren. Brown sei aus dem Wagen gesprungen und habe versucht zu flüchten. Brown hingegen behauptet, die Polzei habe die Reifen mutwillig zerschossen, nachdem er freiwillig anhielt. Und unter Drogeneinfluß, wie die Polizei behauptet, habe er weiß Gott nicht gestanden. „Ich habe Drogen genommen. Reichlich sogar. Mein halbes Leben lang. Das gebe ich gerne zu. Aber mit der gleichen Entschiedenheit sage ich. daß ich in den letzten fünf, sechs Jahren nie wieder Drogen angefaßt habe:

Was immer wirklich vorgefallen sein mag – Brown bekam sechs Jahre, von denen er zweieinhalb absitzen mußte.

„Vor allem am Anfang war es eine harte Zeit. Andererseits hat ein Gefängnisaufenthalt durchaus seine positiven Seiten. Der Knast ist wirklich nicht der schlechteste Ort, wenn du in Ruhe neue Songs schreiben willst.“