Meinung

Jörg Kachelmann ist das Beste, was momentan auf Twitter passiert (#Hitzewelle)


Gegen die Wetterdienste, das Rote Kreuz und ganz Twitter: So souverän wie Jörg Kachelmann manövriert sich kein Wettermann durch den Shitstorm. Dabei hat alles ganz harmlos angefangen.

Über Deutschland rollt eine Hitzewelle und auf Twitter geht es gerade um nicht weniger als Leben und Tod. Nur einer stellt sich gegen das System und versetzt das Volk in Alarmbereitschaft: Jörg Kachelmann. „Es ist nicht übertrieben zu sagen, dass viele Behörden, Betreuer und Medien (…) alte Menschen systematisch umbringen“, schreibt er auf seinem Account und überwirft sich mit einer Institution nach der anderen.

Zugegeben, das Zitat war nicht ganz fair. Vollständig lautet es anders und verweist auf den Tipp vieler Redaktionen (u.a. Sat.1) bei der starken Hitze die Fenster geschlossen zu halten und nur hin und wieder kurz zu lüften. Warum das gefährlich ist und trotzdem so hartnäckig durchs WWW geistert, hat Kachelmann schon einmal selbst in einer Polemik für den Schweizer Tagesanzeiger ausführlich aufgeschrieben und soll hier gar nicht Thema sein (auch wenn er in seinem Rundumschlag Homöopathie so schön mit „Heileheilesäge” übersetzt). Bemerkenswerter ist vielmehr der Umgang von Kachelmann mit Gegenreaktionen auf seinem Twitter-Profil.

„Da rise of da stupid.“

Mittlerweile hat es Deutschlands bekanntester Wetterprophet nämlich aufgegeben, sich ein ums andere Mal in eine Online-Diskussion zu stürzen. Lakonisch-frustiert reagiert Kachelmann auf jeden Tweet, der ihn von seiner Meinung abbringen will oder sonstige Wettertipps für ihn parat hält. Und versucht parallel Leben zu retten, indem er auf Posts vom Roten Kreuz oder der Stadt Bochum aufmerksam macht, die hartnäckig das Gerücht vom Fensterschließen verbreiten.

https://twitter.com/Kachelmann/status/1154294201653370886

Was er nicht vorhersehen konnte: Durch seine wackere Aufklärungsarbeit ist Jörg Kachelmann zum Netzphänomen geworden, um nicht zu sagen: Meme. Zwischenzeitlich hielt sich der Hashtag #kachelmann sogar auf Platz 2 der Twitter-Trends. Waren es am Anfang seine knappen Kommentare, die die Community bespaßten („Schwachsinn“, „da rise of da stupid“ oder auch „da rise of da completely stupid“), sind es inzwischen jede Menge Internet-Trolle, die ihn im Zentrum der Aufmerksamkeit halten und drängende Fragen zum Wetter stellen. Naja, und ZEIT-Feuilletonist Lars Weisbrod ist auch noch dabei.

https://twitter.com/elhotzo/status/1153942811676463104

https://twitter.com/larsweisbrod/status/1154299190505287680

https://twitter.com/MatteHaari/status/1154133971560800256

Bloßstellen lassen hat sich Kachelmann trotzdem nicht, im Gegenteil. Souverän manövriert er sich durch die Armada von Kommentaren und schlägt zuverlässig zurück. Sein Twitter-Grind ist damit wohl das beste, was der durstenden Twitter-Community im Sommerloch passieren konnte.

https://twitter.com/saschakam/status/1106192012175388675