John Cougar Mellencamp – Hamburg, CCH


Er wird immer jünger. Die Haare noch ein paar Zentimeter länger – und er geht wieder als Teenie durch. John Cougar Meilencamps Flucht zurück nach vorn, ins Understatement, hat sich auch optisch vollzogen. Nachdem er auf seinem letzten, hervorrasenden Album THE LONESOME JUBILEE voll auf folkloristischen Touch mit Akkordeon und Geige setzte, sollte sich nun erweisen, wie dies Konzept live wirkt.

Zu verstellen brauchte sich Little John nicht: Glamour war nie sein Ding, und die Band, mit der er seit vielen Jahren arbeitet, besteht ohnehin nicht aus Poseuren und eitlen Genies, sondern aus ehrlichen Handwerkern. Ergänzt durch zwei schwarze Sängerinnen, die neben ganz ausgezeichneten Stimmen auch gekonnte Percussion und sportliche Tanzeinlagen in die Waagschale zu werfen hatten, gewannen Cougars Songs viel Feuer. Selbst ältere Nummern wie „Jack And Diane“ oder „Hurts So Good“ vom hierzulande völlig ignorierten AMERI-CAN FOOL-Album, harmonierten hervorragend mit dem neuen Sound, sowohl mit der Akkordeon-Färbung, als auch den hingetupften Violin-Klängen.

Professionell, aber ohne Kälte ging Meilencamp seinen Set an. Das Publikum feierte ihn von Beginn an frenetisch, und einmal mehr war der Beweis erbracht, daß es nicht immer eine spektakuläre Show mit ausgefeilten Lichteffekten sein muß, die den Jubel hervorkitzelt.

Es waren solide Asse, die der Kleine im Ärmel hatte: Kenny Aronoffs muskulöse Drums. die wie Faustschläge in die Magengegend wirkten. Mike Wanchics Gitarren-Soli, ergänzt von Larry Cranes Slide-Läufen – und obendrein eine brillant ausgesteuerte PA, so daß man die ganzen feinen Sachen auch tatsächlich hören konnte. Party, Party. Party.

Doch als die Sache gerade den ersten Höhepunkt erreichte, Cougardas Sakko

in die Kulisse gepfeffert hatte und eine minutenlange „Standing ovation“ entgegennehmen konnte, schaltete er einen eher peinlichen Showstopper in Gestalt von Sam Cookes „Chain Gang“ dazwischen. Klampfe, Schubidu-Chor, Joan Baez-Feeling: Es fehlte nur noch das Lagerfeuer und „Blowin‘ In The Wind“.

Dann war Pause. Nun ja. immerhin freuten sich die Bierverkäufer.

Daß es ihm anschließend in relativ kurzer Zeit gelang, das Feuer erneut zu entfachen, wiegt deshalb umso schwerer: The Power of Rock’n’Roll. Wenn sich trotz all dieser sympathischen Züge dann doch ein wenig Langeweile einstellte, so lag das schlicht an den sich doch sehr ähnlichen Songs. Denn musikalisch hat sich bei Mellencamp in den letzten Jahren nicht allzuviel getan: drei Akkorde, Hymnen-Rock, mittleres Tempo. Und der (bei seinem riesigen Repertoire eigentlich seltsame) Hang zu Cover-Versionen verwässert den anfänglich positiven Impuls weiter: „Gloria“, bei dem der Hörer immerhin durch Van Morrison und Namensvetter Jim geprägt ist, blieb völlig blaß, ebenso wie Dylans „Like A Rolling Stone“ als Zugabe. Wären hier nicht wiederum Mellencamps exzellente Sangesdamen zur Stelle gewesen, er hätte in völliger Belanglosigkeit geendet.

All das wäre überflüssig gewesen, denn seine ureigene Musik, zwischen Folk und Rock durchaus eine wegweisende 80er-Variante, hat genug Standvermögen.