Johnny Guitar Watson – Bonn, Biskuithalle


Er gilt als notorisch unzuverlässig. Einmal war er trotz Ankündigung gar nicht gekommen: diesmal kam er mit Verzögerung. Statt direkt Frankfurt anzufliegen, hatte er in London Zwischenstation gemacht. Der Soundcheck mußte ohne ihn stattfinden. Der Herr geruhte zu ruhen. Außerdem ließ er wissen, daß ohne „Sender“ für sein Instrument gar nichts gehe. Diese Apparatur ermöglicht eine kabellose Funkverbindung zwischen Verstärker und Gitarre und bedeutet für den Akteur Bewegungsfreiheit.

Johnny „Guitar“ Watson, der seine Profession schon im Namen trägt, mag Konzertveranstalter beunruhigen — die 1000 Anhänger, die kamen und blieben, begeisterte er. Nicht etwa durch spieltechnische Raffinesse, nicht durch aufwendiges Licht oder herausragende Solistik — im Gegenteil: Die normale Bewertung würde sich, selbst wenn man alle Augen zudrückt, nur zwischen ausreichend und mangelhaft bewegen.

Daß Watson dennoch gewann, lau, allein an seiner unglaublichen Präsenz, an dieser frech-sympathischen Ausstrahlung und seinem Naturtalent als „Showman“. Was Entertainment bedeutet, konnte man in diesen beiden Stunden ausgiebigst beobachten.

Watson, vor sage und schreibe 52 Jahren in Houston Texas geboren, gehört zu der Kaste der Gaukler. Läßt man sich auf seine Taschenspielertricks ein, dann wird man perfekt unterhalten. Wer allerdings den hochnäsigen Preisrichter spielen will, der ist hier fehl am Platz. Denn der Mann, der in den 50ern in Blueskreisen populär war, Hendrix beeinflußt haben soll und in den 70ern Disco-Hits („A Real Mother For Ya“) verbuchen konnte, bietet wenig mehr als gitarristisches Kunsthandwerk. Er benutzt sein Instrument wie einen Zauberstah, und läßt uns Kinder staunen, was da an Kaninchen aus dem Hut kommt. Watson entlockt ihm Töne, die einem Geräuschspezialisten beim Film alle Ehre machen würden: wieherndes Gelächter ebenso wie knatternde MG-Salven. Es hat etwas Comichaftes. Sprechblasenmäßiges, wie er — „Ploing. Bums. Peng“ — in einer Art geräuschiger Pantomime die Gitarre sprechen, lachen. Danke sagen läßt.

Daß Watson anno 1957 mit dem Titel „Space Guitar“ Reverb- und Feedback-Sounds als gitarristische Ausdrucksmittel nutzbar machte, daß Steve Miller mit seinem „Gangster Of Love“ Charterfolge feierte, bemerkte man in Bonn kaum. Manchmal leuchtete es in einem kleinen Bluesschlenker auf, in einem Melodielauf, einem Riff.

Der Party, die in der Biskuithalle lief, tat das keinen Abbruch. Watson tigerte ins Publikum, degradierte seine Musiker zu klanglichem Mobiliar, machte die Bühne zum Wohnzimmer und die Menge zum willigen Chor. Gut war der „Gangster Of Love“ nicht, aber zum Schreien amüsant.