Kritik

„Jojo Rabbit“ im Kino: Taika Waititi tanzt eine wilde Polka auf dem ganzen Nazimief


Sein Film ist eine drollige Slapstickkomödie, die dem Schrecken des Dritten Reichs kindlichen Humor entgegensetzt.

Als Hitler sich mit einem neuseeländischen Kaninchen anfreundete. Wie sehr man „Jojo Rabbit“ in sein Herz schließen kann, hängt davon ab, wie sehr man es sich immer schon gewünscht haben mag, dass Monty Python sich in einem Film von Wes Anderson über Nazis lustig machen. Will heißen: Grundsätzlich hat der neue Film von jedermanns Lieblingsneuseeländer Taika Waititi, zuletzt mit „Thor: Ragnarok“ im Auftrag von Marvel unterwegs, das Herz auf dem rechten Fleck. Er erfindet die deutlich ernstere Romanvorlage „Caging Skies“ von Christine Leunens neu als drollige Slapstickkomödie, die dem Schrecken des Dritten Reichs kindlichen Humor mit einer Prise Anarchismus entgegensetzt.

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Was kann man schon groß sagen gegen einen Film, der sich als „Anti-Hass-Satire“ positioniert und einen imaginären Hitler, wie er nur im Kopf der zehnjährigen Hauptfigur existiert, als albernen und weinerlichen Popanz entlarvt. Und doch: Wenn man sich die großen Komödien wider den Irrwitz des Nationalsozialismus ansieht, „Der große Diktator“, „Sein oder Nichtsein“ oder „The Producers“, dann sind sie doch nicht so fluffig, so uneindeutig, so bedürftig danach gemocht zu werden wie Waititis Film. Der immer auch ein bisschen so wirkt, als wolle er bei niemandem anecken.

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Gegen Hass? Sind wir doch alle! Gegen Hitler? Wohl doch hoffentlich auch! Aber genau da, wo’s wehtut, nämlich dass Kinder hirngewaschen und in der HJ mit einer Ideologie der Unmenschlichkeit indoktriniert werden, da macht der Film einen Rückzieher. Weil Jojo ein Außenseiter ist und von den anderen Jungs als Schwächling und Sonderling verlacht wird, ist seine Reise zurück zur Menschlichkeit vorprogrammiert, als er entdeckt, dass seine Mutter im Speicher der Wohnung ein jüdisches Mädchen versteckt hat.

Wider die Unmenschlichkeit

Aber vielleicht ist es tatsächlich der richtige Ansatz, eine wilde Polka auf dem ganzen Nazimief zu tanzen. Weil der Film mehr über unsere Zeit erzählen will als zum hunderttausendsten Mal die Auseinandersetzung mit dem tristen und tragischen Deutschland des tausendjährigen Reichs zu suchen. Wenn wir Helden sein wollen – und wenn auch nur für einen Tag – dann müssen wir Haltung beziehen. Und Hitler eine lange Nase drehen. „Jojo Rabbit“ hält das passende GIF dafür bereit.

4/6 Sterne

„Jojo Rabbit“ von Taika Waititi, USA 2019, mit Roman Griffin Davis, Thomasin McKenzie, Scarlett Johansson. Kinostart: 23. Januar