Jupiters Fahrt


Mit dem Motorrad um die Welt. Wen reizt nicht die Vorstellung, er könne sich auf eine so abenteuerliche Reise begeben?

Ted Simon war ein bekannter englischer Journalist, der unter anderem für die „Sunday Times“ schrieb, sich aber immer mehr in sein Haus in Frankreich zurückzog, bis ihm eines Tages 1972 die Idee kam, um die Welt zu fahren. Und zwar auf einem Motorrad, obwohl er noch nie zuvor auf einem Motorrad gesessen hatte. Fast ein ganzes Jahr brauchte er für die Vorbereitung seiner auf zwei Jahre geplanten Reise; die „Sunday Times“ half ihm bei der Finanzierung. Zuerst sollte es durch Afrika gehen, denn Ted Simon meinte, nach Durchquerung von Wüsten und einer Fahrt durch das schwarze Herz des gewaltigen Kontinents sei er genügend geprüft, um sich dem Rest der Welt zu stellen. Nach Afrika die Welt, nach der Welt Indien.

Das Anfangskapitel des ungemein sensibel geschriebenen Buches spielt in Indien, wo Ted Simon bei einer Hochzeit gesagt wird, er sei Jupiter.

1973, an dem Tag, als in Israel der Jom-Kippur-Krieg ausbricht, macht sich Ted Simon auf die Reise. 1977 kehrt er nach vier Jahren und gut hunderttausend Kilometern wieder nach England zurück. Er hat nicht nur eine Reise über die Oberfläche deT Welt hinter sich, sondern ebenso eine, die von den Sternen begleitet wurde und in sein Inneres führte.

„Jupiters Fahrt“ ist kein Abenteuer-Buch, obwohl Simon in abenteuerliche Situationen gerät: ohne Wasser in der Wüste, in Brasilien wochenlang im Gefängnis, Paranoia bei so mancher Grenzüberquerung, in Malaysia im Krankenhaus. „Jupiters Fahrt“ ist kein Buch über.eine Rekord-Fahrt, obwohl Simon und seine Maschine, eine Triumph 500 Tiger, bis an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit geprüft werden. „Jupiters Fahrt“ ist die beeindruckende Darstellung einer Reise in die Einsamkeit der Natur und zu anderen Menschen, an denen Ted Simon seine Person selbst überprüft.

Jedes Wort ist auf die Waagschale gelegt, und doch hat das Buch den Rhythmus der Fahrt. Wer zu lesen anfängt, kann sich nicht mehr lösen, macht höchstens da Pausen, wo auch Simon länger verweilt, ruht sich aus, um ihm dann wieder folgen zu können.

Eine Liebesgeschichte im Norden Californiens, von der sich Simon losreißt, weil die Reise weitergehen miß, zählt zu den schönsten Passagen des Buchs, das zugleich spannend und meditativ angelegt ist. Simon befreit sich auf der Reise von seiner Vergangenheit, von sich selbst, von der Zivilisation, von der wir manchmal meinen, es sei die einzige.

Beladen mit ErFahrungen im wahrsten Sinne des Wortes kehrt er zurück und ist doch freier als je zuvor. Er hat Todesangst durchlebt und auch Größenwahn, Glück und Verzweiflung, Wunder und Horror, hat an der Welt erlebt, wie groß und wie -lein ein Mensch sein kann.

„Jupiters Fahrt“, von Teja Schwaner einfühlsam ins Deutsche übertragen, ist ein Buch, das sich niemand sntgehen lassen sollte. Wenn man es gelesen hat. möchte man auch aul sine Reise gehen. Daß es nicht die ran Ted Simon sein kann, ist selbstverständlich. Denn die hat allein er gemacht, und sie ist zu einem großartigen Buch geworden. (Rowohlt „Anders Reisen – Grenzenlos“, Bestellnummer 7511, DM 14,80)