Kreuzritter: R.E.M. im Überblick


Angeblich haben es ja damals alle schon gewusst. Als vor gut 15 Jahren ein Hamburger Kellerclub namens „Knust“, der schon bei 150 zahlenden Gästen mehr als ausverkauft genannt werden darf, als erster hier in Deutschland die Ehre hatte, jene sagenhafte neue Band aus Athens auf seine Plakate zu drucken, da sprach nach diesem Abend alles und jeder von einer großen Karriere. In seiner Heimat war das Quartett schon mit seinen beiden ersten Alben, „Murmur“ (’83) und „Reckoning“ (’84) angenehm aufgefallen, allerdings noch als legitime Nachfolger der Byrds gehandelt worden und auch ohne Chartsnotierungen geblieben. Was sich bei den von der Kritik erneut gefeierten Alben „Fables Of The Reconstruction“ (’85) und „Life’s Rieh Pageant“ (’86) nicht ändern sollte. Dafür immerhin galt die Band um Michael Stipe als Leuchtturm in seichten Pop-Gewässern, als letzte Bastion der Glaubwürdigkeit und Kreuzritter für den wahren, echten Rock ’n Roll. Nicht einmal, als der mit „Document“ 1987 plötzlich einträglich und platinveredelt wurde, sank die Reputation der Band und überstand sogar den Wechsel zum Major-Label Warner ohne Image-Verlust. „Green“ wurde 1988 zum Bestseller, wenngleich R.E.M. weiterhin an dem vorbeisegelten, was Meinungsforscher als den Massengeschmack ausgemacht zu haben glaubten. Mit „Out of Time“ (’91), auf dem Michael Stipe, Peter Bück, Mike Mills und Bill Berry Mandolinen und Bläser erklingen und die einstige B-52’5-Frontfrau Kate Pierson singen ließen und „Automatic For The People“ (’92) gelangen nochmals Hit-Alben. Erst mit „New Adventures in HiFi“, nach dessen Erscheinen die Band 1996 vielleicht gerade noch rechtzeitig den bis dato höchst dotierten Plattenvertrag der Musikgeschichte ausgehandelt hatte, ließ das Interesse an Stlpes vertonter Lyrik zwischen Skepsis und dem American Dream sachte nach. Und als Berry nach schwerer Hirnoperation 1997 R.E.M. verließ, war das Gerede um ein Ende der Band mehr als bloß ein Gerücht. Das Album „Up“ hinterließ bei der Kritik zwiespältige Eindrücke, die aber auch Seitenhiebe gegen eine Band waren, die ganz offenbar einfach keine wirklich schlechten Alben machen kann. Ein Umstand, an dem sich nach dem Erscheinen von „Reveal“ nichts, aber auch rein gar nichts, ändern wird.