Lana Del Rey – die scheinbar Unnahbare im ME-Porträt


Meine Lügen sind realer als eure Wirklichkeit: Ihre Fans wuchsen mit dem wichtigsten Naturgesetz des Internets auf – in der Show gibt es keine Wahrheit, sondern nur Effekte. Und so versucht Lana Del Rey mit Album Nummer Zwei die Deutungshoheit über ihr Image zurückzugewinnen. Ein Beitrag von Tom Kummer.

Unser Autor Tom Kummer war für uns auf dem Coachella-Festival und brachte uns ein eindrucksvolles Porträt von Lana Del Rey mit. Lest hier einen Ausschnitt aus seinem Bericht für die aktuelle Juli-Ausgabe von Musikexpress.

Jedes Popkonzert ist ein luzider Traum: eine Sehnsucht nach der Wildheit der Existenz. Das Erwachen aus diesem Traum beginnt meistens im Backstage-Bereich der Popstarseele – zwischen Bühne und Garderobe. Dort, wo die Realität in Fiktion übergeht, oder umgekehrt. Bei Lana Del Rey ist das eine Frage der Sichtweise.

Noch steht sie auf der großen Coachella-Festivalbühne – es sind die letzten Momente ihres Songs: „Been trying hard not to get into trouble, but I’ve got a war on my mind.“ Sie blickt über das Zuschauermeer: Das junge Los Angeles hat sich versammelt, Hollywood-Bohème, Normalos. Sie tragen Hippie-Stoffe mit Blumen- und psychedelischen Prints. Model Alessandra Ambrosio und Schauspieler Jared Leto stehen ganz vorne, Ambrosio trägt die Haare offen in einem „Sombré“-Look. Leto verdeckt seine Augen mit einer verspiegelten Pilotenbrille.

Dann löst Del Rey die Bühnengrenze auf, steigt hinab, will mit den Fans verschmelzen. Mädchen versuchen, sie zu küssen. Del Rey küsst zurück. Sie wird von Bodyguards Richtung Ausgang gedrängt, von dort sind es gut 50 Meter bis in den Backstage-Bereich, Zone XXA1.

Auf meinem Coachella-VIP-Festival-Pass steht „Access Zone XXA1“ – dort muss Lana Del Rey gleich vorbei, auf ihrem Weg in die Garderobe, wo Vertraute ihres Londoner Management-Teams, Freunde und Familie mit Erfrischungen auf sie warten. Und ganz diskret im Hintergrund: die legendäre Agentin Carole Kinzel von Hollywoods mächtiger Talentagentur, CAA.

Beim Coachella-Festival führt der Weg von der Bühne in diesen Zwischenbereich durch eine elegante Zeltstadt, gesäumt von weißen Elefanten aus Gips, die aussehen wie eine Miniaturversion des Filmsets von D. W. Griffiths „Intoleranz“, Hollywoods erstem Monumentalfilm, dem Anfang des Starsystems, vor gut einhundert Jahren. Überhaupt sieht „Coachella“ aus wie ein monumentales Filmstudio in der Wüste, eine Fälschung der Fälschung von Woodstock, mit riesigen Krankameras überall, Helikopter rotieren über Lana Del Rey.

Es ist einer der angesagtesten Orte der modernen Popgeschichte, mit 600.000 Zuschauern, 180 Kilometer östlich von Los Angeles, das mondänste Open Air der Welt, besucht von Stars und Superagenten, von kleinen Mädchen in Agent-Provocateur-Unterwäsche und durchtrainierten Muskelprinzen (Typ „Pornstar James Deen“), die jetzt Del Reys Abgang in den Backstage-Bereich wie das märchenhafte Ende aus 1001 Nacht feiern.

Den ganzen Artikel findet ihr in unser aktuellen Juli-Ausgabe, die seit dem 10. Juni 2014 im Handel erhältlich ist.