Lou Reed


Andy Warhol, der Kulturheld, der mit seinen Filmen Non-Motion, Chebea Girls, Flesh und Trash in der ganzen Welt von sich reden machte, eröffnete Ende der Sechziger Jahre in New York den Psychedelic-Clab The Velvet Underground‘.

Kurz darauf gründete er die gleichnamige Gruppe. Doch Warhols Mitgliedschaft in The Velvet Underground war nur von kurzer Dauer. Er beschäftigte sich mit zu vielen anderen Dingen, um auch noch als Musiker aktiv tätig sein zu können. Seine Einflüsse haben allerdings den Stil der Gruppe geprägt und auf ihrem Sound für alle Zeiten einen deutlich erkennbaren Stempel hintergelassen. Es war der Sound von Amerika: laut und aggressiv.

Nachdem Warhol die Gruppe verlassen hatte, bestand die Besetzung aus Lou Reed (Vocal, Guitar, Piano), John Cale (Vocals, Electric Viola, Organ, Bass), Stirling Morrison (Vocal, Guitar, Bass) und Maureen Tucker (Percussion). Später kam das deutsche Ex-Fotomodell Nico, ebenfalls Warhol-Schützling, hinzu. The Velvet Underground war die erste echte Undergroundgruppe überhaupt und obwohl nicht halb so erfolgreich wie z.B. die Doors, hatten sie in den Staaten doch eine viel wichtigere Bedeutung. Sie machten ziemlich ausgeflippte Musik, wurden anfangs von Drogen-Erlebnissen inspiriert und waren als Musiker nicht besonders gut. Trotzdem schienen sie ihrer Zeit immer weit voraus zu sein. Lou Reed war neben John Cale, mit dem zusammen er vorher für ein paar Pfennige in den Strassen Harlems gespielt hatte, die grösste Persönlichkeit der Gruppe. Reed schrieb die meisten Kompositionen und seine monotonen Vocals, seine lässige, fast unbeteiligte Haltung auf der Bühne, bestimmten zu einem grossen Teil das Image von Velvet Underground.

Das Ende von Velvet Underground

Im August 1970 trat Lou Reed zum letzten Mal mit Velvet Underground auf. Seine Abschiedsvorstellung gab er in dem bekannten New Yorker Club „Max’s Kansas City“. Während dieses Auftrittes entstand auch die erst jetzt veröffentlichte LP The Velvet Underground Live At Max’s Kansas City – Featuring Lou Reed‘ und obwohl die Aufnahmen sehr schlecht sind, wird diese Platte doch bei vielen Leuten wehmütige Erinnerungen wecken. Erinnerungen an eine Ära, die abgeschlossen ist. Denn nachdem Lou die Gruppe verlassen hatte, ging es mit Velvet Underground bergab. Zwar spielten sie noch eine Zeitlang in veränderter Besetzung weiter, doch Nummern wie „White Light/White Heaf, Temme Fatale‘ und ‚Heroin‘ wurden nie wieder geschrieben. In Reed hatten sie einen genialen Songwriter verloren. Die Begeisterung war dahin.

Lou Reed zog sich vorübergehend aus dem Musikgeschäft zurück. Man hörte erst wieder von ihm, nachdem er plötzlich in England aufgetaucht war und dort eine Karriere als Rock-Solist startete. Mit viel Make-Up, braunlackierten Fingernägeln und kurzgeschnittenem Haar tingelte er durch Englands Clubs. Heute ist er in den grossen Londoner Sälen Top Of The Bill.

Auf seiner ersten Solo-LP ‚Lou Reed‘ spielten Musiker wie Steve Howe und Rick Wakeman mit. David Bowie, der Reed als sein „grosses Vorbild“ bezeichnet, parodierte ihn in zwei seiner Songs. Doch auch Reed selbst lässt sich von anderen Leuten inspirieren. Er behauptet, keine eigene Persönlichkeit zu haben. „Ich bin ganz leer. Alle meine Gesten, alle meine Bewegungen habe ich von anderen gestohlen. Ich brauche nur irgendjemanden zu sehen, der mir gefällt und schon fange ich an, ihn zu imitieren“.

Lou Reed – wie ein Schauspieler ist er dauernd in Pose und schlüpft, wie ein Chamäleon, von einer Minute zur anderen in eine neue Haut. Für seine nächste LP hat er ein Stück über Lidschatten, Wimperntusche, Rouge und Lippenstift geschrieben. Mehr über die Platte wird vorläufig nicht verraten, denn „ich bin so passiv und weiss selbst noch nichts genaues. Wenn das Album fertig ist, wird es mir sowieso nicht gefallen. Alle meine Platten haben mich bisher enttäuscht …“