ME Personality Interview mit Pop Poll Sieger Rory Gallager


ME: Rory, was ist neu bei deinem neuen Album Tattoo‘?

RORY:

Ich glaube, es ist ausgereifter, ansonsten hat es jedoch gewisse Ähnlichkeiten mit ‚Blueprint‘, seinem Vorgänger. Vor den Aufnah‘ men zu ‚Tattoo‘ probte ich mit meiner Band in einem abgelegenen, romantischen Bootshaus in Irland. Wir waren also gut eingespielt und konnten relaxt ins Studio gehen.

ME: Du bist einer der Wenigen, die sich weigern, Singles herauszubringen. Warum? RORY:

Es passt einfach nicht zu mir. Es ist okay, wenn andere Leute Singles herausbringen, aber das ist nichts für mich.

ME: Werden nicht Singles viel häufiger im Radio gespielt – in Amerika zum Beispiel? RORY:

Sicher. Wenn man unbedingt ganz schnell erfolgreich werden will, sollte man nicht auf Singles verzichten. Was mich betrifft, ich hasse es, von Stadt zu Stadt zu ziehen, nur um Radio- und Fernsehshows zu machen. Da darfst Du dann in den Kameras doch nur „mimen‘, wahrend dein Hit-Song vom Play-Back-Band abgespielt wird. Hinzu kommt, dass ich nicht nur mit einem Song bekannt werden möchte. Ich steh‘ nämlich auf all den Liedern die ich geschrieben habe.

ME: Im vergangenen Jahr bist Du speziell für das Frankfurter Festival nach Deutschland geflogen …

RORY:

Ich spiele sehr gerne unter offenem Himmel.

ME: Wie schon in den letzten zwei Jahren bist Du auch dieses Mal wieder von den ME-Lesem zum populärsten ausländischen Gitarristen gewählt worden. Stört es dich, dass Du in Grossbritannien nicht so erfolgreich bist?

RORY:

Mir macht es nichts aus, auch mal einen anderen an der Spitze des Erfolges zu sehen. Möglichst alle guten Musiker sollten irgendwann einmal für ihre Anstrengungen belohnt werden. Von einem Pop-Poll-Sieg werde ich nicht gleich grössenwahnsinnig, sie fallen doch meist in jeder Zeitschrift verschieden aus.

„Das beste Album, das ich jemals aufgenommen hab!“

ME: Stimmt es, dass Du in Deutschland so erfolgreich bist wie nirgendwo sonst auf der Welt?

RORY:

Vermutlich. Wir haben allerdings in letzter Zeit sehr viel in Amerika gearbeitet. Es geht also auch dort steil bergauf. Ich bin überzeugt, dass mein neuestes Album das Beste ist, dass ich jemals aufgenommen habe. Kein Grund also für mich, sich Sorgen zu machen. Übrigens, auf unserer nächsten US-Tour werden wir erstmals als Hauptgruppe unterwegs sein. Bisher sind wir fast nur im Vorprogramm dort aufgetreten – zum Beispiel mit den Faces. Mit denen spielten wir im Durchschnitt vor jeweils 20 000 Zuschauern. Natürlich werden wir ohne die Faces nicht in so grossen Hallen auftreten, aber das stört mich überhaupt nicht.

ME: Wir könnten jetzt noch stunden

lang über deine Musik reden, aber, äh, würde es dir was ausmachen, wenn wir mal Über Rory Gallagher ‚privat‘ sprechen?

RORY:

Well, ich habe mein Privatleben, nur führe ich zusätzlich noch ein sogenanntes ‚öffentliches‘ Leben. Ich ziehe da keine grosse Trennungslinie. Manchmal empfinde ich mein Privatleben als ‚öffentlich‘, manchmal umgekehrt. Mein Leben und meine Musik kann ich einfach nicht trennen. Musik zu machen und damit populär zu werden, ist das Grösste, von dem ich als Kind jemals geträumt habe. In alle Länder zu reisen, sich eine gute Gitarre leisten zu können und Songs zu schreiben, das sind so wahnsinnig aufregende Dinge .. .

ME: Hat deine Gruppe, mit der Du nun schon seit über einem Jahr in gleichbleibender Besetzung auf Tour und ins Studio gehst, inzwischen einen verstärkten Einfluss auf die Songs, die ihr zusammen spielt, oder bist Du ganz aüeine für eure Musik verantwortlich? RORY:

Es ist schwierig, unsere Situation zu erklären. Ich nehme an, dass alleine die Tatsache, dass wir in dieser Gruppe schon länger zusammen sind, dazu beigetragen hat, dass die Einflüsse der anderen Bandmitglieder spürbar sind. Ich bin sicher, dass ich durch Gary, Rod und Lou ganz schön beeinflusst werde. Wenn wir jammen, merke ich sehr schnell, was ihnen gefällt und was nicht. Danach richte ich mich natürlich. Es wäre langweilig, wenn sie gar kein Wörtchen mitzureden hätten.

ME: Bist Do noch immer …

RORY:

.. . mit Begeisterung bei der Sache? Na, und ob!

ME: Bist Du noch immer mit deiner Gruppe zufrieden? RORY:

Ja sicher. Könnte ich sonst so gut gelaunt hier neben dir sitzen?

ME: Es wird also vorläufig keine Umbesetzung geben…

RORY:

Nein – aber man weiss ja nie . ..

ME: Wie erklärst Du dir eigentlich, dass Du in verschiedenen Ländern verschieden populär bist? RORY:

Well, natürlich haben die jungen Leute in den verschiedenen Ländern von Fall zu Fall einen unterschiedlichen Geschmack. Viel wichtiger ist aber, dass man in jedem Land einen guten Promoter bzw. eine gute Konzert-Agentur hat. Je öfter man irgendwo auftreten kann, desto populärer wird man.

ME; Wie erfolgreich bist Du in Ländern wie z.B. Japan oder Australien? Kennt man dich dort überhaupt? RORY:

Ich denke schon. Meine Platten verkaufen sich auch dort recht gut. Eigentlich wollten wir Anfang dieses Jahres nach Australien. Wir haben die Termine aber bis zum Sommer verschoben, weil wir zu der Zeit, wenn dieses Interview im Januar gedruckt erscheint, in Japan auftreten. Wir besuchen diese beiden Länder zum ersten Mal und ich freue mich schon darauf.

ME: Rory, wie alt bist Du jetzt eigentlich?

RORY:

Fünfundzwanzig.

ME: Das ist noch ganz schön jung. Dabei bist Du, wenn man die Taste‘-Zeiten mitrechnet, schon über ein halbes Jahrzehnt in der Musik-Szene – und jetzt zum dritten Mal ME-Pop-Poll-Sieger. Congratulations und half die Ohren steif!