Neue Singles


Die Trophäe für die Single des Monats teilen sich zwei gestandene und eigenwillige Frauen: Nico und die New Yorker Performance-Künstlerin Laune Anderson für ihr phantastisches Acht-Minuten-Werk. „Oh Superman“, mit dem sie es auf Platz 2 der englischen Charts brachte. Spannend- und atmosphärisch, nicht tanzbar, voller Wärme und doch ein Hit (WEA). Ebenfalls sehr gut die beiden neuen Songs der ehemaligen Velvet-Underground-Sangerin und Kultfigur Nico, die sich kürzlich mit ihrer x-ten Plattenfirma überwarf. „Vegas“ kraftvoll-rhythmisch. Leider nur über Import zu beziehen (Flicknife).

Um beim Eigenwilligen zu bleiben: zwei neue Singles auf dem Konkurrenz-Label der Phonogram, beides Versuche englischsprachiger Künstler an deutschen Texten.

Mayo Thompson’s Red Crayola mit hintergründigem Witz und exotischem Arrangement auf zwei gleichwertigen Songs, „Rattenmensch / Gewichtswächter“ und „Zukunftsflieger“, Tom Robinson mit einer dem Titel entsprechend swingenden Vertonung des Berliner-Mauer-Themas: „Tango An Der Wand“. Beide Platten sind Party-Knaller aui ihre Art.

Aus den englischen Top Ten kommen Haircut One Hundred mit „Fayourite Shirts“ (Boy Meets Girl“. Zackige Bläser in schwindelnden Höhen, flotte Tanzmusik für flotte Tänzer. (Ariola). Danach legt der DJ „Paint Me Down“ von Spandau Ballet auf den Teller, halt damit die Stimmung, muß aber trotzdem feststellen, daß Spandau’s letzte Single „Chant No 1″ doch besser losging (Chrysalis). Noch um einiges schwächer klingen Daran Duran aui ihrer neuen 12“ „My Own Way“. Der Rhythmus stimmt zwar noch einigermaßen, sonst bleibt jedoch nichts hängen. Besonders der Gesang bleibt erschreckend blaß. (EMI) Um die mißtrauisch gewordenen Tänzer wieder in Fahrt zu bringen, bedarf es jetzt der routinierten US-Profis von Defunkt. Im Gegensatz zu den eben vorangegangenen Nummern ist „The Razor’s Edge“ die pure Tanznummer, unverschnitten von allen New-Romantic-Ideen, und demnach für die Freunde häuslicher Ruhe kaum zu empfehlen. (Hannibal). Bei Funkapolitan und „As The Time Goes By“ ist die Bremse dann schon wieder angezogen. August Darnells Produktionen scheint es mir etwas an Power zu fehlen. Auf der B-Seite gibt’s noch eine modische Rap-Version (Teldec).

Eine gelungenere Song/Rap-Adaption kommt aus dem Londoner Underground: Maximum Joy machen auf „Stretch“ ihrem Gruppennamen alle Ehre.“Süent Street“ auf der B-Seite ist ruhiger gehalten, aber ebenfalls gut und tanzbar. Empfehlenswert (Rough Trade).

Auf demselben Label PigBag mit der 12″ „Sunny Day“, ebenfalls auf den Tanzboden abgezielt. Hier sind die besseren Songs auf der B Seite: „Whoops Goes My Body“ist Klassen besser als „Sunny Day“.

Genug getanzt. Zum Ausspannen und Träumen haben wir Scritti Politti mit „The Sweetest Girl'“, einem scheinbar naiven Liedchen, das jedoch innerhalb kürzester Zeit zum handfesten Ohrwurm wird. Sehr anregend für die Phantasie außerdem (Phonogram/ Rough Trade). Vom selben Schlage, nur mit einer gehörigen Prise Pop-Feeling, ist LO.V.E. … Love“ der schottischen Band Orange Juice. Hier gibt es nichts Hintergründiges, nur ganz offene Schwelgerei/Leidenschaft (Polydor/Postcard).

Dumpf dagegen The Cure mit „Charlotte Sometimes“. Zwar ist die 12″ nicht mehr derart weinerlich wie ihre letzte LP, aber Melodie und Arrangement sind nach wie vor Mangelware, (Metronome). Aber glücklicherweise gibt es ja noch Pete Wylie, dessen Band Wahl!

gleichermaßen viel Pathos dabei hat, dies aber wesentlich gezielter umzusetzen weiß. „Somesay“ ist engergisch und auffordernd, kritisch-bewußt und geht dabei auch los. „Forget The Down!“ auf der B-Seite ist noch besser (WEA/Eternal). Gewohnt gute Qualität von The Jam auf „Absolute Beginners“, typisch englisch und diesmal mit Bläsern dabei. Zackig, rhythmisch, die Tanzfläche wartet schon wieder … (Polydor).

Eine elektronische, kaum auflegende Tanzversion des Klassikers „Not Fade Away“ stammt von Eric Hine, der als Sänger nur AIlerpeinlichstes zu bieten hat (Line). Ein recht engagiertes, leicht bekömmliches Stuckchen Pop mit feinem Sax-Part spielen Martha & The Muffins: „Woman Around The World At Work“ (Dindisc).

Da Mr.Cope offensichtlich an sich selbst leidet und stündlich die Band austauscht, kam Neues von den Tearddrop Explodes nur kleckerweise: „Passionate Friend“, (Vorbote der neuen LP WILDER) ist eine schwächliche Single mit ausgezeichneter B-Seite, ebenso gut wie „Use Me“, eine akustische Nummer auf 12″. Dort ferner ein Remix von „Treason“ plus Selbiges auf französisch (Phonogram).

Elektronisch, aber wesentlich origineller The Passage mit der 12″ „Taboos“ und dem gleichfalls überzeugenden Taboodub“ auf der B-Seite. Komplex und ideenreich, mit gutem Text, zweimaliges Hören ist erforderlich (Cherry Red/Intercord).

Eher monoton geht es bei der holländischen Band Nasmak (plus Instruments) zu, doch auch darin kann manchmal die Würze liegen. Keins der vier Stücke ist unter dem Durchschnitt, das Chant-mäßige „Bo Dance“ hinterläßt den besten Eindruck und läßt hoffen, daß die Band diesen Standard noch ausbauen kann. (ZickZack).