Platte des Monats


Mit zwei vergleichsweise unkommerziellen LPs setzten sich die Altmeister John Cale (symphonisch, ausgeglichen) und Captain Beefheart (kakophon, hektisch) vom übrigen Feld ab. Auf Platz 3 und 4 dann neue Popmusik von Scritti Politti und dem Monochrome Set. DAF verabschiedeten sich mit einem letzten Platz. Ungewöhnlich, daß gleich viermal die Wertungen von “ 1″ bis „6“ schwankten. Die ersen 50 Neu-Abonnenten erhalten wie üblich die Platte des Monats als zusätzliche Prämie. Siehe unsere Abo-Anzeige auf Seite 77.

Gastkritiker

ist Thomas Fehlmann von der Hamburger Avant-Tanz-Gruppe Palais Schaumburg. Gerade aus New York zurück, wo das neue PS-Album LUPA von Kid-Creole-Sideman Coati Mundi produziert bzw. gemischt wurde, kommentierte Fehlmann die Oktober-;Auswahl eis „lauen Monat ohne Überraschungen“. Bei den drei Spitzenreitern lobte er die „ideellen Werte“, empfand Monochrome Set als „die Lounge Lizards des Gitarren-Pop“ und sieht den “ Glaubwürdigkeitskredit der Who schwinden“. Für „interessant“ hielt er den „Genesis-Umkreis“ (Gabriel, Rutherford, Bush) und fragte sich abschließend: “ Was ist bloß mit den Au Pairs passiert?“ Amoklauf, Action-Rap: „… broken g/ass everywhere, peop/e pissing on the stairs, you know they just don’tcare/I can’t take the smell&I can ‚t take the noise/got no money to move out/I guess I’ve got no choice/ Rats in the front room, roachesin the back/junkies in the alley with the baseball bat/I tried to get away but I couldn’t get iar because the man trom the garage re-posessed my car…“ Eine irrsinnig spannende Story, klaustrophobisch, voller dumpfer, passiver Aggression. „The Message* ist ein riesiger Push auch für Sugarhill, eine gute Chance, von ihrem allmählich doch gefährlich überreizten Einheits-Sound wegzukommen.

Nun ein gewaltiger Gedankensprung hin zu Disco-Drill und Dancefloor-Direktiven – also zu all dem, worauf sich das New Yorker Prelude-Label spezialisiert. Neu sind „You And Me Just Started“ von Linda Taylor, die ihre 5 Minuten und 33 Sekunden optimal ausnutzt. Linda hat eine helle, wunderbar klare Stimme. Weiß der Himmel, wer oder was für die momentane Invasion an wahren Stimmwundern verantwortlich ist, die buchstäblich aus dem Nichts, nein, wohl eher aus der Kirche, kommen.

Manchmal ist man übrigens gut beraten, wenn man im Indie-Dickicht nach ganz exotischen Namen fahndet, je obskurer, desto besser. Auf Sutra erschien vor einiger Zeit das fabelhafte „Every Way But Loose“ von einem gewissen Plunky und seiner Oneness Of Juju. Auf demselben Outlet jetzt Feel – wer immer das sein mag – mit „Let’s Rock (Over And Over Again)“. Eine ultra-erotische Nummer mit einem schwankenden, stark verzögerten Groove voll differenzierter Halleffekte. Der Titel erinnert stark an die (im letzten Heft über den grünen Klee gelobten) Peech Boys, wirkt allerdings einen Tick zu lang. Der Rap der Stunde: „Big StuH“ von T. Ski & The Grand Groove Bunch. (Wer hat ihre „Catch The Beat“-12″?). T. Ski und sein Bunch sind brothers aus der Bronx und, wie sich’s gehört, Weltmeister im Selbstbeweihräuchern. Ihrem Easy-ActionSex (nicht Sexismus) lassen sie zum verspielten Nightclub-Piano freien Lauf. Irre, wenn dabei der jeweilige .flesportse-Chorus mit verschiedenen Bandgeschwindigkeiten malträtiert wird. „Big Stuff“, fürwahr!

Von meimem ehemaligen Lieblings-Label Enjoy hab‘ ich seit dem „Eei-Eei-O“-Teeny-Gekiekse von Silver Star nichts mehr gehört, aber jetzt: „…don’t lind no fuss, if you wannarock with us…“, BobbyRobinson’s neueste Entdeckung, The Fearless Four. „Rockin‘ It“ mag zwar nicht ganz so lebenswichtig sein wie der gesamte Enjoy-Backkatalog, wird aber mit viel Esprit runtergerasselt, hat eine flotte Spieluhr-Kindermelodie. Damit ist es schon mal wesentlich empfehlenswerter als die gegenwärtig bestverkaufte Rap-12″, „Planet Rock“ von DI Afrika Bambaata & The Soul Sonic Force (Tommy Boy). Das Stück bedient sich eines alten Kraftwerk-Backing-Tracks. Daneben fällt den bei „Jazzy Sensation“ kürzlich noch in Höchstform auftragenden Hip Hop-Erncees diesmal allerdings herzlich wenig ein. Mehr .Messages“!!!

UlliGüldner