Verhasster Klassiker

Quentin Tarantinos Filme sind Selbstzitate mit mehr Längen als die jährliche Überlandfahrt zum Melt


Linus Volkmann verreißt Klassiker der Pop- und Rockgeschichte. Heute trifft es einen der beliebtesten Filmemacher überhaupt: „Pulp Fiction“-Erschaffer Quentin Tarantino.

Seit Anfang 2019 schmeißt unser Autor Linus Volkmann eine Popkolumne bei uns, in der er im Wechsel mit Julia Lorenz regelmäßig auf die jeweils zurückliegende Popwoche blickt. Eine der darin auftauchenden Kategorien heißt „Verhasster Klassiker“, und man raunt sich im Internet zu, dass sich die Kolumne schon (oder wahlweise nur) wegen dieses Rants gegen Platten, die angeblich jeder mag, jede Woche aufs Neue lohne. Und sei es nur, um Linus zu beleidigen!

Becks ODELAY ist Musik für Weltschmerz-Touristen mit schlecht sitzenden Hemden und Hosen

Als Services des Hauses stellen wir die „Verhassten Klassiker“ nachträglich auch einzeln heraus. Ihr ärgert Euch doch immer so gerne/schön über Linus, seine Auswahl und seine „Argumente“!

DER VERHASSTE KLASSIKER: Quentin Tarantinos Gesamtwerk

„Hast du den neuen Quentin Tarantino schon gesehen?“

Auf diese von den Goldenen Zitronen in einem Song ironisch und gekünstelt gestellte Frage, kannte auch ich über lange Jahre nur eine Antwort: „Ja, natürlich!“ Heute allerdings quittiere ich derartige Auskunftsbitten mit dem genauen Gegenteil.

„Once Upon a Time in Hollywood“: Warum bloß kopiert Tarantino sich selbst? (Kritik)

Lebenszeit wächst nicht auf Bäumen und ich empfinde es allgemein von Regisseuren ziemlich anmaßend, wenn ihre Werke per se über zwei Stunden gehen müssen. Ist halt alles so episch – nun, aber meist eben ausschließlich von der Laufzeit her. Versteht mich nicht falsch, wenn es geil ist, dann soll es meinetwegen ewig gehen, aber bitte, so Sachen wie „Django Unchained“… Sorry, diese Erzählung hätte auch auf dem Sandmännchen-Sendeplatz noch Längen gehabt.

„Once Upon A Time... in Hollywood“: Das sind die Real-Life-Vorbilder für Tarantinos Filmfiguren

Die fortschreitende Ödnis von Tarantino-Filmen will man als abgehängter 90er-Jahre-Cineast natürlich kompensieren. Dazu wird eine stumpfe Waffe unterm Bett rausgekramt. Nämlich die völlig abwegige Behauptung, Tarantino-Filme seien immer noch der Maßstab von cool: Wow, seine Bildersprache! Hey, die ganze Referenz-Huberei! Hallo na, diese Schauspieler, die er immer wieder aus dem Hut zaubert!

Youtube Placeholder

An dieser Stelle findest du Inhalte aus Youtube
Um mit Inhalten aus Sozialen Netzwerken zu interagieren oder diese darzustellen, brauchen wir deine Zustimmung.

Okay, ich sag Euch jetzt mal was: Es ist einfach vorbei. Und nicht erst seit eben. Tarantino-Filme sind Selbstzitate mit mehr Längen als die jährliche Überlandfahrt zum Melt. Der einst gefeierte, bewunderte und gebitete Style ist mittlerweile so schematisch, dass er jede emotionale Bindung an die ohnehin ewig gleichen abgewichst kauzigen Figuren verstellt. Ganz ehrlich, wenn bei „Inglourious Basterds“ nicht Nazis gekillt worden wären, ich hätte mich im Kinosaal geritzt, ob dieses selbstverliebten Quark-Patchworks.

Die 20 besten Filme für Quentin-Tarantino-Fans

Oops, sehe gerade, beim Musikexpress gab es 2019 eine Titelstory zu ihm? Und einen Artikel in Überlänge (klar) dazu, dass sein neuer Film (nicht gesehen, eher schieß ich mir ins Knie) der Film des Jahres sei? Ok, Tarantino ist scheinbar doch noch der Größte! Muss mich wohl geirrt haben. Ach, überhaupt, könnt Ihr Euch noch erinnern an „Pulp Fiction“ mit John Travolta und diese Referenzen und die Bildersprache und alles andere? So wow!

– Linus Volkmann („Filmjournalist“)

Quentin Tarantino verrät seinen Lieblingsfilm 2019 – und es ist nicht sein eigener

Dieser Rant erschien zuerst in Folge 31 von Linus Volkmanns Popkolumne:

Gib dir Faust beim Rap, geh' auf den Ball mit Taylor Swift: Die Popwoche im Überblick

Was bisher geschah? Hier alle Popkolumnentexte von Linus Volkmann und Julia Lorenz im Überblick.

Columbia Pictures