Quicksilver


Man erkennt dich leichter, wenn du mit der Natur lebst Diesen Leitspruch hat sich eine Gruppe zu eigen gemacht, die in Deutschtand trotz ihrer 4. LP augenblicklich nur einer Minderheit bekannt ist. Quicksilver Messengers Service, wie sie sich nennen, ist ein wesentlicher Bestandteil jener San Francisco Scene, die in den 60er Jahren so effektvoll mit Hippies und jungen Leuten, die sich gegen den amerikanischen Konsumterror wehrten, begann. Die Gruppe vermittelt eine Botschaft (Message).

Es ist die Botschaft vom engagierten, aber auch ehrlichen Menschen. Sie machen Musik, ohne menschliche Werte in Frage zu stellen, denn ihre „human values“ stecken in dieser Musik, die nur als Aussage von ihnen selbst zu werten ist. Es gibt viele Gruppen in San Francisco, die in kommunenhaften Verhältnissen leben, wie z.B. Jefferson Airplane oder The Sons. Quicksilver leben auch zusammen, jedoch nur auf einer geistigen Basis, die nach ihrer Aussage viel wichtiger und kreativer ist als ein körperliches Zusammenleben.

Man versucht sich selbst einen eigenständigen Spielraum zu lassen. Sie sind nicht zusammen, weil sie durch irgendwelche Kontrakte aneinandergekettet sind, sondern weil sie es selbst wollen. Ebenso wie ihr Manager Ron Polte, der keine bestimmende, sondern eher beratende Funktionen erfüllt. Und das ist der Punkt, durch den Ron voll in diese geistige Familie integriert wird. Er ermöglicht der Gruppe eine Eigenständigkeit, die sonst eigentlich recht selten ist. Aber wie man sieht, nur positiv sein kann. Durch dieses Verständnis für einander kann es zu keinen Agressionen kommen. Ron hat eine spezielle Antenne zu der Gruppe. Er fühlt, dass Quicksilver kein Geld, sondern Kunst machen möchte. Deshalb ist es auch keine Biographie, sondern der Lebenslauf von vier Individuen. Man ist bei Quicksilver immer auf der Suche nach neuen Einflüssen. David Freiberg, Leadsinger, denkt sogar daran, das gesangliche Volumen durch einen zweiten Mann zu verstärken, damit man bei Liveauftritten der Klangqualität von Studioaufnahmen näherkommt Er selbst

ist sehr ruhig, nachdenklich und sanft. Seit ein paar Jahren verheiratet und Vater einer kleinen Tochter, die mit ihrer Mutter in London lebt. Geboren wurde David Freiberg am 24. 8. 38 in Massachusetts.

Bald darauf sind seine Eltern nach Cincinati umgezogen. Mit Verbitterung denkt er an seine Schulzeit zurück. Obwohl er nach eigener Aussage einer der eifrigsten Schüler war, blieben ihm gute Zensuren verwehrt. Seine Noten änderten sich auch nicht, als er eines Tages Gewinner eines Preisausschreibens wurde, das die Times in Zeitgeschichte ausgeschrieben hatte. Mit 5 spielte er Violine, die er mit 17 wieder weglegte, um ein bekannter Baseballspieler zu werden. In Miami, wo er mittlerweile studierte und in allen Fächern gute Noten bekam, ausser in Dramaturgie und Kunst, war eine Streicherstelle im Schulorchester zu besetzen. Da erwachte nun wieder seine Liebe zu diesem Instrument und heute ist er für alle Streicherpassagen bei Quicksilver verantwortlich. Nach 372 Jahren verliess er die Uni, zog nach San Francisco und heiratete. Das Akkordsystem bei der Southern Pacific Railroad, wo er damals arbeitete um seine Familie zu ernähren, machte ihn psychisch kaputt. Er hörte auf, tat sich mit einem Mädchen zusammen, lernte Gitarre und verdiente bald darauf durch gute Engagements in Clubs an einem Abend so viel, wie er bei der Eisenbahn in einer Woche hatte. Als Michaela heiratete, platzte das bis dahin gut verdienende Duo und um sich über Wasser zu halten, fing er an zu dealen. Dabei wurde er geschnappt und musste für 60 Tage in den Bau. Als er herauskam, landete er bei seinen alten Freunden, die schon seit geraumer Zeit dabei waren, eine Gruppe auf die Beine zu stellen. Wenn er mal eine Goldene Schallplatte bekommen sollte, so schenkt er sie seiner Mutter. Sie meint, Ein „Rock’n Roll“-Star zu sein, wäre kein Job für einen so netten Judenjungen, wie er. Aber das würde sie versöhnen.

John Cipollina ist der Leader der Gruppe; löwenhaft, geschmeidig. Er sammelt Fakten und Informationen über die Entstehung der Menschheit. Vorher hat er Informationen über Musik gesammelt, und mit diesem Handwerk ist er mittlerweile so verbunden, dass es aus seinem Leben nicht mehr wegzudenken ist. Seine Angaben sind sehr präzise. Am 24. 8. 43 um 5.08 Uhr geboren, 5 1/2 Pfund schwer. Sein Zwillingsbruder kam zwei Stunden später zur Welt und wog 5 Pfund und 400 Gramm. Ausser seinem Geburtsfakt liegt der Rest seiner Kindheit im Nebel. Er ist in ganz Amerika zu Hause. Geboren in Berkeley zog er schon früh mit seinen Eltern nach Mittelamerika, Guatemala und San Salvadore. 1949 kam er nach Californien.

In Mill Valley, wo heute die ganze Gruppe lebt, ging er zur Schule. Seine Mutter, eine bekannte Konzertpianistin, machte ihn schon im Alter von 2 Jahren mit diesem Instrument bekannt. Es dauerte 10 Jahre bis er sich von den antiquierten Vorstellungen seiner Eltern freimachen konnte, Klavierspielen zu lernen. Denn zum Klavierspiel muss man Lust, Liebe und Laune haben. Und in diesem Alter hatte er ganz bestimmt keine. Ausserdem fand er Gitarre viel besser, weil er die um den Hals hängen konnte und diese schneller seine Persönlichkeit wiedergab. Solchen Argumenten konnten seine Eltern nicht länger widerstehen. Seine erste Gitarre bekam er mit 12 von seinem Vater geschenkt. Es war eine 5 Dollar Gitarre, simpel und schwer zu stimmen. Er stimmte sie zwei Wochen lang so intensiv, dass nur noch 2 Saiten übrigblieben. Seine Mutter hielt ihn immer dazu an, sich wieder die fehlenden Saiten zu beschaffen. Als er sie dann hatte, waren vier Saiten plötzlich überflüssig. Mit 2, so musste er feststellen, ging es doch am besten. Seine musikalischen Einflüsse hat er von den grossen amerikanischen Rhythm- und Bluesgroups, wie Howiin Wolf, Johnny Lee Hooker und Lightning Hopkins. Er lebte schon 8 Monate mit den anderen, späteren Bandmitgliedern auf einem Hausboot zusammen, ehe sie anfingen Musik zu machen. Am schlimmsten war für ihn die Zeit, als er bei einem Immobilienfritzen arbeitete. Das machte ihn so richtig hektisch.

Er ging in dieser Zeit viel auf „Reise“, packte sich Joints in echte Lucky Strike Packungen, um sie dann ungestört im Büro zu rauchen. Damit hatte er sein Leben gründlich satt Er war viel unterwegs mit Gitarre und Verstärker, die er dann eines Abend mit auf das Hausboot brachte. Als er seine Klamotten auspackte, gab er viel „Hah, höh, – ja was ist das denn? – Spielt das Ding überhaupt, etc“.

Nachdem sich die Gemüter beruhigt hatten, wurde gespielt und zwar die ganze Nacht durch. Man war sich am frühen Morgen einig, besser zu sein als alle Gruppen der San Francisco Scene. Nur fehlte ihnen noch ein Drummer und so andere Kleinigkeiten. Als Drummer kam nur Dino Valenti in Frage. Tommy Donahue, der damals der Funktion eines Managers erfüllte, machte für sie eine Aufnahme klar.

Als alles so weit war, würde ihre gesamte Ausrüstung geklaut. Dino konnten sie auch nicht finden. Ihn hatten Bullen wegen dealen für IV2 Jahre auf Eis gelegt.

In der Zwischenzeit kam Gary Duncan und Greg Elmore dazu. Als Dino eines Tages wieder in der Türe stand, hatten sich John, David, Gary und Greg schon gut aufeinander eingespielt, so dass sich auch Dino sofort wieder in die neue Atmosphäre einfügen konnte. Sie pumptem sich die Ausrüstung von Jefferson und probten im Ballsal „Matrix“ in San Francisco. Eine Theatergruppe in Frisco, die soziale Satire machten, half ihnen weiter. Auf Grund ihrer Initiative haben sie eine Aufnahme der amerikanischen Nationalhymne „Spangle banner“ gemacht, die dann ihr erster Hit wurde.

Greg Elmore, Drummer, ist sehr ruhig. Er ist sehr nachdenklich, freundlich, nicht langweilig, aber ruhig. Er wohnt nicht weit von John Cipollina und Nicky Hopkins enfernt. Sie wohnen alle auf dem gleichen Hang von Mill Valley, von wo aus man weit ins Land und nach San Francisco sehen kann. Gregs Haus strahlt diese ruhige Atmosphäre aus, die ihm selbst zu eigen ist. Jedoch durch 5 Katzen und einen Hund geht es in dieser Hausgemeinschaft manchmal recht turbulant zu. Er ist verheiratet und hat einen Sohn. Geboren wurde er am 4. 9. 46 auf dem Flottenstützpunkt Coronado. Schlagzeug spielt er seit seinem 6. Lebensjahr. In der Marschkapelle der Highschool konnte man ihn bald nicht mehr vermissen. Er spielte keinen sturen Marschrhythmus, sondern variierte den Spielraum, den er hatte, so gekonnt, dass dem Leiter der Band die Haare zu Berge standen. Seine Klassenkameraden ihn aber bewunderten. In San Francisco, wo er Freie Künste studierte, spielte er in seiner Freizeit in der Band von Gary Duncan, der mittlerweile auch Mitglied der Gruppe ist, und die denn durch Auftritte in Filmore, Matrix und Avalon sehr schnell zur Berühmtheit avancierte.

Nicky Hopkins ist zweifellos der bekannteste der Gruppe. Er spielte schon mit den Stones, Beatles, Jefferson Airpane, The Who und Kinks. Man könnte diese Reihe beliebig fortsetzen. Geboren wurde er am 24. 2.44 in London. Piano spielte er seit seinem 3. Lebensjahr. Seine klassische Ausbildung genoss er von 1956 bis 60 an der Royal Academy of Music. Als er mit 16 die Musikakademie veriiess, stieg er gleich voll in das Musibusiness ein. Nach seinem 2. Wechsel kam er zu Cyrel Davies, der ersten englischen Rythm- and Bluesgroup. Sie spielten jedoch jeden Donnerstag in Marquis und brachen alle Rekorde, de.

Einmal war es so schlimm, dass die Feuerwehr wegen irgendwelchen Sicherheitsbestimmungen 50% der zahlenden Gäste herauswarf. Für Cyrel Davies war das natürlich eine gute Werbung. Zu dieser Zeit traf er auch mit den Stones zusammen, die damals ihre erste LP zusammenbastelten. Im Mai 63 wurde er schwer krank und musste 19 Monate ins Krankenhaus. Cyrel Davies lebte noch 1 Jahr bis er im Januar 64 an Brustfellentzündung starb. Für Nicky war er ein grosser Verlust.

Sein grösstes Weihnachtsgeschenk war 1964 ats er das Krankenhaus, zwar noch nicht völlig in Ordnung verlassen konnte. Im Januar 65 hatte er seine erste Aufnahme als unabhängiger Musiker. An dieser Jamsession, die 69 ausgegraben wurde, und als Bluesbeispiel in einer Antologie aufgenommen worden ist, nahmen unter anderem Jeff Beck, Jimmy Page und John Mark teil. Das sind die bekanntesten. Glyn Jones, Tonkutscher bei den Stones, fragte ihn nach dieser Aufnahme, ob er nicht Lust hätte weiterzumachen. Er sagte zu, weil er sich nicht fest binden wollte und ihm die Rumreiserei mit Gruppen nicht sonderlich behagte. Er kannte bald sämtliche Studios von London und hat dann auch in den vier Jahren bei einer Menge von Leuten Erfahrung gesammelt Im Oktober 68 startete er mit Jeff Beck eine Amerikatournee, die ein grosser Erfolg wurde. Doch durch Trouble mit dem Manager von Jeff Beck und mit Jeff selbst verliess er kurz nach der Amerikatournee die Band. Im Juni 69 war er in San Francisco, um mit Steve Miller eine LP aufzunehmen. Für ihn war es die erfreulichste Arbeit, die er bis dahin gemacht hatte. Während dieser Studioarbeit kamen John und David zu ihm und fragten ihn, ob er nicht Lust hätte, nach Steve Miller bei ihrer LP mitzumachen. Da er sowieso keine Lust hatte, nach London zurückzukehren, sagte er zu. Mittlerweile hat er sich so in die Gruppe integriert, dass aus dem Allerweltsstudiopianist ein vollwertiges Mitglied bei Quicksilver Messengers Service geworden ist.