R.E.M.


In den USA längst etabliert, sucht die Südstaaten-Band um Peter Buck (l.) und Michael Stipe (r.) nun auch in Europa den Erfolg

Erstmals Gold für das 86er-Album LIFES RICH PAGEANT, ebenso für die Nachfolger-LP DOCUMENT – als durchsickerte, daß R.E.M. nach einer neuen Plattenfirma Ausschau halten würden, konnte sich das Quartett aus Athens/Georgia über einen Mangel an lukrativen Offerten naturgemäß nicht beklagen. Michael Stipe, Peter Buck, Mike Mills und Bill Berry entschieden sich schließlich für Warner Brothers – ein Multi zwar, der in Musikerkreisen aber nach wie vor ein beachtliches Renommee genießt. „Es ging nicht nur um unsere finanzielle Situation“, erläutert Peter Buck den 6-Millionen-Dollar-Transfer, „denn es gab andere Firmen, die uns noch mehr Geld geboten haben. Warner Brothers haben verdientermaßen den Ruf, ein Künstler-Label zu sein. Der heutige Präsident Lenny Waronker hat dort selbst als Musiker angefangen. Er garantiert dir, sich persönlich um deine Karriere zu kümmern. Und immerhin haben sie einen Randy Newman schon 20 Jahre lang. Ich hasse das Wort Künstler, aber eine Plattenfirma muß einfach realisieren, daß auch wieder eine Zeit kommen wird, da wir nicht mehr soviel Platten verkaufen wie heute. Und das verstehen sie. Ich meine, sie werden mit komplizierten Menschen wie Prince fertig – also müssen sie’s mit uns lässig schaffen.“

Der Wechsel erfolgte nicht zuletzt mit Blick auf den europäischen Markt. Während R.E.M. in den Staaten mühelos lO.OOOer-Arenen füllen, gelten sie hier immer noch als eine US-Gitarrenband unter vielen. Ihr altes Label I.R.S., ein Quasi-Independent im Major-Vertrieb, war einfach nicht in der Lage, den US-Erfolg auf Europa auszudehen – meint jedenfalls Peter Buck: „In den USA hat I.R.S. einen großartigen Job für uns getan. Ich glaube, niemand hätte mit uns, als wir langsam immer größer geworden sind, besser arbeiten können. Aber I.R.S. wird von CBS vertrieben. Und die haben halt Acts wie Springsteen oder Michael Jackson, so daß wir hier in Europa nicht gerade ganz oben auf der Prioritätenskala standen. Als wir ’86 mal hier waren, da stand im Laden gerade mal eine R.EM.-Platte unter,R-Verschiedene‘ – Green On Red hatten dagegen ihre eigene Sektion mit sämtlichen Platten drin.“

GREEN, das Warner-Debüt, erreichte mühelos die US-Top 10. Die LP ist eine unspektakulär gute Platte – das typische Album einer Band, die längst ihren Stil gefunden hat und nun gelassen und souverän über ihren Möglichkeiten meditiert. „DOCUMENT, blickt Peter Buck zurück, „war damals unsere Ansicht auf das Jahr ’87. Und das war in Amerika ein ziemlich chaotisches, angsterfülltes Jahr. Die Musik reflektiert das instinktiv und unwillkürlich – wir hatten es angesichts der politischen Stimmung nicht gerade auf hübsche Balladen angelegt. Diese Platte jetzt ist persönlicher, hoffnungsvoller. Wir wollten auch weg von dieser Tyrannei, die das Format ,Rock-Band“ auf dich ausüben kann. Und so haben wir auch Sachen berücksichtigt, bei denen wir die Instrumente untereinander getauscht haben. Das Ergebnis ist eine Musik, die insgesamt ein wenig melancholischer klingt.“

R.E.M. leben und arbeiten nach wie vor in Athens/ Georgia. Wie im nebenstehenden Foto ersichtlich, inzwischen durchaus komfortabel. Um einem möglichen Lagerkoller entgegenzuwirken, sind Aktivitäten abseits kollektiver Gruppenpfade nicht unwillkommen: Der gefragte Gast-Sänger Stipe war zuletzt auf Hal Willners Disney-Album zu hören, und Gitarrist Bück wird das nächste Robyn Hitchcock-Album adeln, der kürzlich das Vorprogramm für die R.E.M.-US-Tour bestritt.

Fest entschlossen, endlich auch den europäischen Markt im größeren Rahmen zu knacken, werden R.E.M. im Mai und Juni erstmals flächendeckend auch hiesige Bühnen beehren – allerdings in Quintettstärke: Peter Holsapple, als zweiter Gitarrist nominiert, war es wohl leid, immer wieder zu lesen, wie toll seine Kultgruppe The DB’s sei – und dann doch in drittklassigen Absteigen campieren zu müssen…